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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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entwickelte sich eine offene Opposition, wo die Restauration der Bourbonen, das eben erwähnte Neue beseitigend, die alten Zustände mehr oder weniger gewaltsam wiederherzustellen sich bemühte. In Frankreich, Spanien und Neapel, wo sie ihre Throne wieder aufgerichtet hatten, – zeigte sich überall dasselbe Bestreben, alle Errungenschaften einer vorangeschrittenen Zeit zu beseitigen, um in alter Trägheit und Selbstherrlichkeit hoch über den Köpfen der Menschheit zu thronen. So brachen naturgemäß auch fast gleichzeitig die Gewitter los, die diese Selbstüberhebung erschüttern und so lange immer wieder bedrohen sollten, bis sie vernichtet war. Den Anstoß dazu gab wunderbarer Weise wieder jenes Land, welches zur Zeit von Napoleons glänzendster Herrschaft zuerst die Fahne der Empörung gegen ihn aufgepflanzt, und mit einer Beharrlichkeit, einem Muthe, ja, einem Fanatismus gegen den französischen Usurpator kämpfte, daß bald alle Blicke sich bewundernd auf die
iberische
Halbinsel richteten. An ihrem Widerstande entzündete sich nicht zum kleinsten Theile die Begeisterung und der heilige Eifer, der nach und nach alle unterdrückten Völker zu den Waffen gegen Frankreich rief. Fast noch wunderbarer aber muthet es uns an, wie dieses durch Jesuiten und religiösen Fanatismus so lange und tief gebeugte Volk durch diese Kämpfe einen Theil seiner früheren geistigen Kraft wieder erlangte. Mit unendlicher Zähigkeit an seinen alten Gemeindeordnungen festhaltend, und sich ebensowenig seine provinciellen Vorrechte oder Fueros entreißen lassend, hatte es schon im Jahre 1812, nachdem König Joseph Spanien nothgedrungen verlassen hatte und noch während der Fortdauer des Krieges seine alten Stände oder
Cortes
zusammenberufen und durch dieselben eine Verfassung im modernen Sinne ausarbeiten lassen, welche zu den freisinnigsten ihrer Art gehörte. Die Grundlage dieser Verfassung bildete die französische Constituante von 1792; die Souveränität des Volkes wurde durch dieselbe über die des Königs erhöht. Zugleich athmete sie den aufgeklärtesten religiösen Geist, wobei sie allerdings durch ihre Bestimmungen manche Klassen der Gesellschaft verletzte, namentlich den Klerus durch Aufhebung der Klöster. Für solche Maßregeln hatte der Gebildete das richtige Verständniß, nicht aber das spanische Volk, welches in seiner bigotten Glaubensstärke abhängiger von dem Priester ist, als sonst ein romanisches Volk. Durch die feindliche Stellung, welche dergestalt der Klerus gegen die neue Verfassung einnahm, war deren Lebensfähigkeit schon von vornherein bedroht. –
    Napoleons Fall hatte 1814 den König Ferdinand VII. nach Spanien und auf seinen Thron zurückgeführt; eine Bedingung seiner Wiedereinsetzung von Seiten der Regentschaft, die sich in Madrid gebildet hatte, war die Annahme der Verfassung von 1812; die fremden Mächte, entzückt von Spaniens sicherer Haltung, standen auf Seiten dieser Forderung. Natürlich konnte Ferdinand sich nicht besinnen, auf diese Wünsche einzugehen, aber seine Aufrichtigkeit begann schon jetzt zu wanken, als er kaum den spanischen Boden wieder betreten hatte. Umgeben von Günstlingen und Feinden der Verfassung, bereitete er einen raschen Gegenschlag vor, ließ, ehe er noch selbst den Fuß nach Madrid gesetzt, eine Anzahl der Cortes und andere angesehene Männer, auch. Mitglieder der Regentschaft, verhaften, und das bethörte Volk, gegen die Verfassung fanatisirt, jubelte dem wortbrüchigen Fürsten zu, zerbrach die Verfassungstafeln, und als der König einzog, lagen bereits die besten Männer der Nation, denen der König selbst, während er noch mit ihnen unterhandelte, geschrieben: »daß sie dem Weltall ein Beispiel der lautersten Fürstentreue und des edelsten und großsinnigsten Characters gegeben hätten«, in dunklen Kerkern.
    Der Herzog von Wellington, der dem Könige auf dem Fuße nach Madrid gefolgt war, und der auch hier die Restauration persönlich geleitet, ließ sich durch Ausreden und Lügen des Königs, einem Meister in der Verstellungskunst, täuschen, und so beruhigte sich England über das Schicksal eines Landes, mit dem es so viele Jahre lang Schulter an Schulter gegen Napoleon gefochten, das ihm einen Schauplatz geboten, auf dem die britischen Armeen ihn direct angreifen konnten. Nach einem scheußlichen Processe von anderthalb Jahren wurden die Verhafteten ohne Angabe eines Verbrechens zu 6–8jähriger Haft oder zur Transportation nach Afrika verurtheilt. – Das

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