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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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bleiben und sie blieb es auch wirklich, bis in der jüngsten Zeit die Abfassung eines solchen Gesetzbuches eine Hauptaufgabe unseres Reichstages geworden ist. Anträge, welche Baden stellte, auf Abschaffung der Mauth- und Zollgränzen im Innern Deutschlands, blieben nicht weniger unbeachtet, und – um jungen Leuten, die heute in weniger als einer Stunde mit der Eisenbahn von Darmstadt nach Frankfurt fahren, nur
ein Beispiel
aus jenen Zeiten zu geben, sei bemerkt, wie man, bis gegen die vierziger Jahre, stets auf dem Heimweg von Frankfurt an der berüchtigten
Isenburger Mauth
aussteigen mußte und genau untersucht wurde, ob man nicht etwa daran dachte, die in Frankfurt gemachten Einkäufe einzuschmuggeln. Jede Offenbacher Pfeffernuß mußte verzollt werden, und abgesehen von den Plackereien, die durch solche Zustände dem Reisenden erwuchsen, waren diese Zollschranken, die sich zu Hunderten in Deutschland erhoben, der größte Hemmschuh für den Handel, und eine wahre Schule der Entsittlichung für das Volk, das den Schmuggel förmlich im großen Style betrieb, und nicht einmal etwas Arges dabei fand; ja, es gehörte zu den Lieblingsanekdoten jener Zeit, wenn ein recht feines und durchtriebenes Schmugglergeschichtchen erzählt werden konnte. Ein Jeder kann selbst ermessen, wie diese Unterlassungssünden in dem folgenden Jahrzehnt auf die ganze finanzielle, industrielle und commercielle Lage Deutschlands rückwirkten; diese Zollbedrückungen, der Mangel an auswärtigen Handelsverträgen mußte unser Vaterland hinter allen umgebenden Ländern zurückbleiben lassen, die jetzt unter dem Schutze eines andauernden Friedens, ihren
Nationalreichthum
mehr und mehr erhöhten. So blieb Deutschland, im Besitze der reichsten Naturschätze, doch ein vergleichsweise armes Land, blieb sein Wohlstand noch längere Zeit selbst hinter dem zurück, was er vor dem unglücklichen 30jährigen Kriege gewesen, und erst in unsern Tagen sehen wir den Bauernstand wieder neu erblühen, und den deuschen Großhandel wieder zu einem Welthandel werden.
    So, von allen Seiten her gedrückt, von allen Seiten her eingeengt und gefesselt, zu politischer und materieller Armuth verdammt, war unsere Nation wiederum nur auf das Reich des Gedankens verwiesen. Aber so wollte es Metternich –, ein
wohlhabendes
Volk denkt, und im Genuß materieller Güter, nicht gedrückt von der schwersten Sorge jedes neuen Tages, kümmert es sich um seine
geistigen Freiheiten und Rechte
, dies sollte verhindert werden, Deutschland sollte
arm
bleiben, damit der Knechtssinn nicht ausgestoßen werde. 3
    So beschwor man in leichtsinnigster Weise Gefahren herauf, die man entweder nicht ahnte, oder furchtsam zu umgehen versuchte, – so mischte sich schon frühe die
sociale
Frage in alle unsere
politischen
Bewegungen ein und verschärfte deren scheinbare Gefährlichkeit; trotzdem wurde die Letztere noch bis über 1848 hinaus als eine freche Erfindung der Demagogen angesehen, während man heute gerne zugesteht, daß man sich mindestens 20 Jahre zu spät mit der Lösung von Aufgaben beschäftigte, deren Grund schon damals durch die schlechte materielle Lage Deutschlands gelegt wurde. Die
Massen
freilich hatten weder ein Verständniß noch ein Urtheil über diese Mängel und Vernachlässigungen, sie empfanden dieselben nur als ein dumpfes, drückendes Unbehagen. Hie und da kam es auch bis zu einem Aufzucken unter dem damals unendlich gedrückten Bauernvolke, dann sank man wieder in stumpfer Gleichgültigkeit zusammen. – Trotz dieses vollständigen Sieges der Reaction über alle freiheitlichen Wünsche, war aber doch Fürst Metternich mit seinen Erfolgen noch nicht ganz zufrieden; die süddeutschen Verfassungen waren ihm in hohem Grade zuwider und er hoffte sie doch nach und nach zu beseitigen. In einem Briefe sprach er sich darüber etwa folgendermaßen aus, »die Zeit rücke unter Stürmen vorwärts und es sei ein vergebliches Bemühen, sie aufzuhalten; doch müsse man die Aufrechthaltung des Vorhandenen erstreben, um vielleicht mittelst dessen das
Verlorne
wieder zu erhalten.« –
    In der That zuckten um das Jahr 1820 helleuchtende Blitze in dem ganzen Süden Europa's empor, warfen grelle Lichter auf die Zustände der verschiedenen Staaten der
heiligen Allianz
, und unter deren Wetterleuchten kam nun auch 1820 in dem Großherzogthum Hessen eine Verfassung nach harten Kämpfen zu Stande. Damit war jetzt, im Gegensatze zum
Norden
, ganz
Süddeutschland
in das Verfassungsleben

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