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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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Uebersetzungen kannte, in unseren Besitz übergingen; sowie sie uns das Zeitalter der
Renaissance
, der Wiedergeburt, heraufgeführt, so verjüngte sich nun auch wiederum durch sie auf dem altklassischen Boden selber, der gesunkne und ernüchterte Geist. – Berührte dies nun vorerst mehr die Gebildeten, so sehen wir als weitere Folge doch auch das geringere Volk aus seiner Trägheit aufgeschüttelt, sehen es wieder zum Handwerk, zum Handel, zur Industrie greifen, während die Söhne der Wohlhabenden in's Ausland strömen, um dort ihre kaufmännischen, ärztlichen oder gelehrten Studien zu machen. Die Jünglinge, die zu solchen Zwecken nach dem Westen zogen, fanden nun dort, und namentlich in Deutschland, unter der Jugend eine Begeisterung, eine Wärme für die Freiheitskämpfe der alten Griechen, die auf sie selber entzündend rückwirken mußte. Nicht von den Universitäten allein, auch aus dem Munde der deutschen Dichter klang ihnen ja überall die Verherrlichung des klassischen alt-griechischen Geistes entgegen! Solche Flammen mußten wohl in ein Volk schlagen, welches an seine große, weltgeschichtliche Bedeutung nun auch noch überdies durch den wachsenden Zudrang von berühmten und gelehrten Reisenden nach dem eignen Grund und boden gemahnt wurde.
    Bei den klassischen Ueberresten Athens, wo damals fast noch unversehrt auf der Akropolis die Wunderwerke des Phidias und seiner Freunde, das Parthenon, das Erechtheion, die Propyläen emporragten, gaben sich die bedeutendsten Gelehrten des westlichen Europa ein förmliches Stelldichein. Eine vollständig neue Welt ging dort dem Künstler, dem Sprach- und Kunstforscher, dem Dichter auf, und als furchtbarster Gegensatz dieser herrlichen, hingesunknen Welt, trauerte zwischen diesen Göttergestalten, diesen Trümmern, von denen jeder Stein seinen Namen, seine Geschichte hatte, und inmitten einer wunderbaren, herrlichen Natur, ein Volk, das jetzt anfing sich auf seine große Vergangenheit zu besinnen, aber auf dem die Hand des Barbaren und des Ungläubigen lastete. Nur in den flüchtigsten Umrissen kann ich Ihnen hier andeuten, was Alles zusammentraf, um einerseits den Patriotismus und Freiheitsdrang der Griechen bis zum blindesten Fanatismus zu entzünden, andererseits einen überströmenden Enthusiasmus für die beginnenden Kämpfe zu wecken und sie mit athemloser Spannung verfolgen zu machen.
    Die erste politische und feste Form nahmen die Wünsche und Bestrebungen der jonischen Patrioten durch Bildung von sogenannten
Hetärien
oder Waffenbrüderschaften, wie sie im alten Griechenlande üblich waren, an. Diese weit verzweigten Bünde waren auch, noch im Sinne der Freimaurerei, mit einer geheimen Verfassung ausgestattet, wodurch leider zum Theil schon von vornherein der Grund zu Mißhelligkeiten und Eifersucht zwischen den einzelnen Häuptern gelegt wurde. Der nächste Zweck derselben war, Abschüttlung des Türkenjoches, wobei man gemeinsam auf Kaiser Alexanders Schutz und Hülfe hoffte. Man nannte ihn »den Großen, den Vater des griechischen Volkes«, und Rußland versprach auch wirklich seinen Beistand, sobald einige Tausende entschlossener Männer den Aufstand angeregt hätten. Daran fehlte es denn nicht, und im März 1821 stand ganz Griechenland in Flammen, unter der Anführung von Alexander
Ypsilanti
, dem Hospodaren der Wallachei. Gleichzeitig richtete sich
Ypsilanti
an Alexander, forderte offen dessen Hülfe, erklärte, die göttliche Vorsehung selber habe die griechische Rebellion unterstützt, und dieselbe sei getragen durch eine geheime Gesellschaft, die sich über die ganze Erde verzweige, soweit es Griechenstämme gäbe. Diese Darlegung war von der unglücklichsten Wirkung auf Alexander, denn sie erfolgte in einem Augenblick, wo, wie wir wissen, überall Revolutionen ausgebrochen waren, oder ihren Anfang nahmen.
    Ein abermaliger Congreß, der von
Verona, im October
1822, gab den Griechen eine sehr unerwartete Antwort auf ihre frohen Hoffnungen. Es ging dort ähnlich zu wie auf dem Wiener Congresse, eine Lustbarkeit jagte die Andere, Fest reihte sich an Fest, »es war ganz babylonisch«, wie ein anwesender Franzose sich ausdrückte, und man mochte sich in der That freuen, denn auf diesem dritten Congresse, seit dem Aachner, feierte die Reaction ihre letzten Orgien und Metternich erwies sich inmitten aller freiheitlichen Bünde, als der wahre Meister vom Stuhl. Griechenlands Bitte um Hülfe wurde zurückgewiesen – der genußsüchtige
Gentz
, der auch

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