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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Luise Buechner
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lassen. In
Kassel, Sachsen, Hannover
und
Braunschweig
jedoch erinnerten sich jetzt der Gebildete, wie der geringe Mann, mit Ingrimm daran, welche Rechte ihnen bis dahin versagt geblieben. Wir sehen in Folge dessen nun im raschen Verlaufe auch in Deutschland vier Miniaturrevolutionen ausbrechen, die den bedeutenden Erfolg hatten, auch den kleinstaatlichen Norden unseres Vaterlandes in das constitutionelle Leben hinein zu reißen. Preußen blieb im Ganzen ruhig; seine besten Männer hatte man mundtodt gemacht, es fehlte dort an Wortführern, es fehlte an einer freien Presse, es fehlte an einem regen Austausch und Verkehr auf den Hochschulen, vorzugsweise aber an einem innigen Zusammenhang der einzelnen Provinzen unter einander.

    So beschränkte sich denn die Revolution lediglich auf die eben erwähnten Staaten, und erst das Jahr 1848 sollte endlich auch die beiden Großmächte in die Bahnen freiheitlicher Entwickelung gewaltsam hinein treiben. –
Sachsen
eröffnete den Reigen der Staaten, die laut ihre Unzufriedenheit kund gaben, und zwar geschah dies schon vor der Julirevolution, zunächst veranlaßt durch die Verbote von Festlichkeiten, welche an dem Jahrestage der Ueberreichung der Augsburger Confession stattfinden sollten. Bereits im Juni hatten sich ernstliche Unruhen in Leipzig gezeigt, die sich Anfang September wiederholten und bald auch in Dresden ausbrachen, wo man, da die Bevölkerung vielfach Französisch verstand, die französischen Blätter mit höchster Begierde und Erregung zu lesen pflegte. Zu dem langenährten Wunsche nach einer Verfassung, gesellte sich Unmuth über die
katholische
Königsfamilie, wie auch der Ruf nach besseren städtischen Verwaltungen, und es zeigte sich die Aufregung als eine so einmüthige, daß man unmöglich von Pöbel, Aufrührern und dergleichen sprechen konnte. Die Bürger bildeten überall, nach dem Vorgange in Paris, Bürgergarden, um die Ruhe aufrecht und das Militär fern zu halten, und so spitzten sich jetzt schon hier und anderwärts mehr und mehr die Antipathien zwischen Volk und Soldaten zu, welche Letztere man anfing als die Schergen der Gewalt und der Reaction zu betrachten. Der König von Sachsen nahm, um sich neue Sympathien zu erwerben und die Unruhe zu dämpfen, seinen Neffen, den Prinzen Friedrich August zum Mitregenten an, wobei er das geflügelte Wort aussprach: »Vertrauen weckt Vertrauen«, da stellte es sich denn recht heraus, wie leicht das deutsche Volk noch durch ein passendes Wort zu beschwichtigen war. Bis zum Ueberdruß wurde der allerhöchste Ausspruch wiederholt und sogar auf Armbinden gestickt, welche die Bürgergarden trugen. Trotzdem konnte die Bewilligung einer Verfassung jetzt nicht mehr umgangen werden, doch wurde dieselbe klüglich erst
auf
1832 versprochen, um Zeit zu gewinnen. Fürst Metternich hatte gleich im ersten Schreck, der sich von Dresden nach Wien verpflanzte, dem »guten Alten« in Sachsen angeboten, aus Böhmen Truppen zu seiner Hülfe zu senden, die man aber doch verständiger Weise nicht annahm. Mit dem sonst so gutmüthigen Sachsenvolke war diesesmal nicht zu spassen, es wollte sich mit Versprechungen die auf zwei Jahre hinaus lauteten, durchaus nicht mehr begnügen, und da es in
Eisenstuck
aus Dresden einen trefflichen, unerschrockenen Wortführer besaß, sah sich die Regierung genöthigt, alsbald Schritte für eine Verfassung zu thun, die denn auch wirklich am 4.
Sept
. 1831 in's Leben trat.
    Noch lebendiger entwickelten sich die Dinge in Braunschweig, in jenem Ländchen, welches einst nach Napoleon's Sturz seinen angestammten Fürsten mit solch gränzenlosem Jubel wieder empfangen hatte. Dieser unglückliche Fürst war der Sohn des Herzogs Ferdinand v. Braunschweig, welcher in der Schlacht bei Jena die Todeswunden empfing, die ihm bald darnach in der Verbannung das Leben rauben sollten. Herzog Wilhelm durfte sich des Wiederbesitzes seines Landes nicht lange erfreuen; tapfer, wie sein Vater, kämpfte er die Schlacht von Waterloo mit und fiel in derselben. Für seinen noch minderjährigen ältesten Sohn Karl führte England die Vormundschaft, bis dieser selbst die Regierung übernahm. Eine finstre, starre und abentheuerliche Natur, hatte er gerade in Paris die Juli-Revolution mit angesehen und war, von Haß gegen dieselbe erfüllt, mehr als je dem Metternichschen System anhänglich, nach Hause zurückgekehrt, um allsobald, in Folge seiner eignen starren Unnachgiebigkeit, Aehnliches bei sich zu erleben, und in derselben

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