Deutsche Geschichte
keinerlei Spuren in dem staubigen Gang mit den Heizungsrohren; und der Täter beharrte im Herbst 1933 auch vor dem Leipziger Reichsgericht auf seiner Alleinverantwortung. Er wurde nach einer nachträglich erlassenen „Lex van der Lubbe“ zum Tod verurteilt und am 10.1.1934 hingerichtet. Doch die Nationalsozialisten konnten die Tat den Kommunisten auch nicht beweisen, obwohl die Staatsführung massiven Druck auf das Gericht ausübte. Es sprach die mitangeklagten Kommunisten frei, darunter den Kominternfunktionär Dimitrow. Das wurde zum Auslöser für die Gründung des Volksgerichtshofs, der nur noch erwünschte Urteile fällte.
Reichstagsbrandverordnung
Hitler erreichte bei Hindenburg noch in der Nacht des Brands die Unterschrift unter ein Dokument, das die Axt an die Wurzeln der Weimarer Republik legte. Mit der „Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutz von Volk und Staat“ vom 28.2.1933 wurden fundamentale Grundrechte außer Kraft gesetzt: Unverletzlichkeit der Wohnung, persönliche Freiheit, Meinungsfreiheit, Brief-, Post- und Fernsprechgeheimnis sowie Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit waren fortan nicht mehr garantiert. Selbst die Garantie des Privateigentums galt nur noch bedingt. Die Reichsregierung, also Hitler, erhielt das Recht, die Befugnisse der Länderregierungen „vorübergehend wahrzunehmen“, für Brandstiftung und Hochverrat wurde rückwirkend die Todesstrafe eingeführt. Die Gleichschaltung der Länder war nun nur noch eine Frage der Zeit, es hagelte Zeitungsverbote, und angebliche oder tatsächliche Gegner des Regimes wurden fast vogelfrei. Noch ehe das Ermächtigungsgesetz vom 24.3.1933 den Weg in die Diktatur ebnete, konnte das Regime, gestützt auf die Verordnung, aus SA und SS Hilfspolizisten rekrutieren, Konzentrationslager (KZ) einrichten und wahl- und begründungslos Verhaftungen vornehmen
.
Die Rasanz, mit der sich das Feuer im Reichstagsgebäude am Abend des 27.2.1933 ausbreitete, ließ Zweifel an der Alleintäterschaft des Brandstifters Marinus van der Lubbe bis heute nicht verstummen
.
(c) Interfoto, München: S.
Regieren mit brutaler Gewalt – das Ende der Freiheit
Konzentrationslager (1933–1939)
Zur politischen Strategie des Nationalsozialismus gehörte physische Gewalt und brutale Einschüchterung. Schon vor der Machtergreifung durch Hitler waren politische Gegner bedroht und drangsaliert worden. Jetzt im Besitz der Macht, nahmen sich die braunen Banden jedes Recht, ihr Mütchen an Andersdenkenden zu kühlen. Das bisher schon bekannte Mittel der Schutzhaft wurde umfunktioniert: Hatte man damit bisher Gefährdete vorübergehend aus dem Verkehr gezogen, so wurden Missliebige nun auf unbestimmte Dauer inhaftiert, teils in regulärem Polizeigewahrsam, teils in improvisierten Hafträumen der SA, so genannten wilden Konzentrationslagern (KZ).
Muster-KZ Dachau
Dieser Begriff, offiziell abgekürzt KL, kam nach der Verordnung wegen des Reichstagsbrands nun zu staatlichen Ehren: Der massenhafte Anfall von Häftlingen, vor allem Kommunisten und Sozialdemokraten, nach dem Brand, sprengte binnen Kürze das Fassungsvermögen der vorhandenen Gefängnisse. Außerdem schadeten die „wilden“ Einrichtungen der SA dem Ansehen des neuen Regimes, das sie nun mit Gründung des Lagers Dachau am 22.3.1933 durch „amtliche“ Konzentrationslager ersetzte. Dachau wurde unter Kommandant Theodor Eicke zur Mustereinrichtung für weitere Lager, deren wichtigste bis 1939 waren: Buchenwald (Thüringen), Flossenbürg (Oberpfalz), Groß-Rosen (Schlesien), Neuengamme (bei Hamburg), Oranienburg (nördlich Berlin, später abgelöst durch Sachsenhausen), Ravensbrück (an der Havel).
Die KZ waren in jeweils fünf Abteilungen gegliedert: Kommandantur (I), politische Abteilung (II), Schutzhaftlager (III), Verwaltung (IV), Lagerarzt (V). Die Bewachung und das Personal stellte die SS (Schutzstaffel) mit den später so bezeichneten Totenkopfverbänden. Zunächst nur für politische Häftlinge gedacht, dienten die KZ bald auch zur Inhaftierung von Kriminellen, „Asozialen“, „Arbeitsscheuen“, Homosexuellen, Juden, Zigeunern. Sie wurden durch farbige Stoffwinkel auf der Kleidung gekennzeichnet: Kriminelle grün, Politische rot, Homosexuelle rosa usw. und wirkten an der Lagerorganisation mit durch Lagerälteste, so genannten Kapos.
Unmenschliche Behandlung
Die Häftlinge waren einer immer brutaleren Behandlung ausgesetzt, da trotz entsprechender Verbote Übergriffe des Wachpersonals an der
Weitere Kostenlose Bücher