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Dexter

Dexter

Titel: Dexter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Lindsay
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in mir zu nörgeln, weshalb ich Lily Anne in ihr Körbchen legte, Rita einen Kuss gab und das Haus verließ.
    Bis zum Dixie Highway war der Verkehr nur dünn, und so konnte ich meine Gedanken schweifen lassen, aber als ich auf den Palmetto Expressway auffuhr, überkam mich das äußerst unbehagliche Gefühl, dass die Dinge nicht so waren, wie sie sein sollten, weshalb ich Dexters mächtigen Verstand hochfuhr und nach der Ursache fahndete. Die Suche währte nur kurz, nicht aufgrund der Macht meines Verstands, sondern der Macht des Gestanks, der hinter mir von den Rücksitzen aufstieg. Der Geruch war grauenhaft, die Ausdünstung alter, unnennbarer Dinge, die verrotteten und fermentierten und toter und toter wurden, doch konnte ich nicht feststellen, woher er rührte, nur dass er furchtbar war und immer schlimmer wurde.
    Ich durfte mich während des Fahrens nicht umdrehen, und im Rückspiegel konnte ich nichts erkennen, selbst wenn ich ihn nach unten kippte, und so grübelte ich auf der ganzen Fahrt nach Norden, bis ein Schulbus, der die Straße querte, meine Aufmerksamkeit wieder aufs Fahren lenkte. Selbst bei geringem Verkehrsaufkommen ist es nicht klug, sich von der Straße ablenken zu lassen, nicht in Miami, deshalb kurbelte ich die Scheibe herunter und konzentrierte mich darauf, meine Arbeitsstätte lebend zu erreichen.
    Als ich auf den Büroparkplatz abbog und in meine Lücke fuhr, wurde der Geruch wieder stärker, und ich fing an zu grübeln. Das letzte Mal hatte ich mein Auto vor dem ganzen Theater mit Samantha und dem Club
Fang
gefahren, und davor …
    Chapin.
    Ich hatte den Wagen benutzt, um zu meiner Spielstunde mit Victor Chapin zu fahren, und ich hatte die Überreste in Müllbeutel verpackt, als ich fertig war … Bestand die Möglichkeit, dass ein kleines Stück herausgefallen war und jetzt langsam in der Hitze eines den ganzen Tag verschlossenen Wagens vor sich hin faulte und so grauenhaft stank?
    Unvorstellbar, ich war stets vorsichtig – aber was sonst konnte es sein? Der Geruch war schlimmer als grauenhaft und schien stetig stärker zu werden, angefacht von meiner kaum noch zu bändigenden Panik. Ich trat auf die Bremse, drehte mich um erblickte …
    … einen Müllbeutel. Irgendwie musste ich einen übersehen haben – aber das war ausgeschlossen, ich könnte doch nicht so blöd sein, so nachlässig …
    Doch hatte ich mich in dieser Nacht beeilt, die ganze Sache hastig durchgezogen, um wieder ins Bett zu kommen. Faulheit – blöde, egoistische Trägheit, und jetzt stand ich mit einer Tüte voller Körperteile in meinem Auto vor der Polizeizentrale. Ich schob die Automatik auf Parken und stieg aus. Mittlerweile rann mir Angstschweiß über Rücken und Gesicht. Ich öffnete die hintere Tür und kniete mich hin.
    Ja, ein Müllbeutel. Aber wie war er dorthin gelangt, auf den Boden vor dem Rücksitz, wo ich doch alle anderen sorgfältig im Kofferraum verstaut hatte, und dann …
    Und dann rollte ein Wagen in die Parklücke neben mir. Nach einem kurzen Anfall von Panik holte ich tief Luft. Das war kein Problem, nicht für mich. Wer auch immer das war, ich würde fröhlich hallo sagen, und dann würde die Person in der Zentrale verschwinden und ich den Chapin-Beutel entsorgen. Nur keine Aufregung, ich war doch der gute alte Dexter, der Blutspurentyp, und niemand bei der Truppe hatte Grund, etwas anderes anzunehmen.
    Niemand außer dem Mann, der soeben aus dem Auto stieg und wütend zu mir hinunterstarrte. Präziser formuliert: der Zweidrittelmann. Hände und Füße fehlten ihm ebenso wie die Zunge, weshalb er immer einen kleinen Sprachcomputer mit sich trug, und während ich jetzt um Atem rang, klappte er ihn auf und drückte, ohne den Blick von mir abzuwenden, verschiedene Tasten, die einen elektronischen Satz formten.
    »Was-ist-in-Beutel?«, fragte Sergeant Doakes via Computer.
    »Beutel?«, wiederholte ich, zugegebenermaßen keiner meiner besten Auftritte.
    Doakes funkelte mich an, aber ich weiß nicht, ob es daran lag, dass er mich verabscheute, weil er vermutete, was ich in Wahrheit war, oder weil ich tatsächlich den Eindruck von Schuld erweckte, wie ich dort kauerte und an dem Beutel herumfingerte. Warum auch immer, in seinen Augen blitzte es kurz und grauenhaft auf, und ehe ich mich rühren konnte, humpelte er einen Schritt vor und riss mit seiner Metallklaue den Beutel aus meinem Auto.
    Und während ich voll Angst und Schrecken und dem wachsenden Bewusstsein meiner sehr kurz

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