Dezemberglut
überzeugte, aber ich sah seinen Blick und wusste, er würde es nicht tun.
Damian sah zur Tür. „Andrej kommt. Du muss jetzt gehen, Charis.“
***
„Du musst mit ihm reden!“
„Und was soll ich ihm sagen?“
„Er soll sie in Ruhe lassen.“
„Kann sie das nicht selbst?“
„Nein.“ Ellen seufzte und strich eine unsichtbare Falte des Lakens glatt. „Das kann sie wohl nicht.“
„Vielleicht habe ich einen gewissen Einfluss auf Damian, wenn ich ihm das G e genteil von dem empfehle, was eigentlich meiner Absicht entspricht. Aber ich würde es wirklich vorziehen, mich herauszuhalten. Charis ist erwachsen.“
„Erwachsen?“ Ellen suchte in Julians Blick. Seine Augen hatten inzwischen i h ren silbrigen Glanz verloren. „Vielleicht. Aber gewachsen ist sie ihm nicht. Übe r haupt nicht. Und sie bildet sich ein, in ihn verliebt zu sein.“
„Sie bildet es sich ein?“
„Sie kann doch nicht wirklich in ihn verliebt sein! Nach allem , was sie mir von ihm erzählt hat, benimmt er sich gemein, rücksichtslos und wie ein kompletter Vollidiot.“
„Ja, die Beschreibung passt.“
„Und sie weint sich die Augen aus.“
„Hat er sie verführt? Vorgegeben, jemand anderer zu sein, als er ist?“, fragte J u lian besonnen. „Damian mag viele Fehler haben, diese gehören nicht dazu. Das Unterrichten hat ihm gut getan. Er hat sich verändert. Zu seinem Vorteil, wie ich finde.“
„Früher war er also noch schlimmer ? Und du willst gar nicht, dass er ihr aus dem Weg geht?“
„Sollte er mich fragen – was allerdings nie geschehen wird – dann werde ich ihm raten, mutiger zu sein und seinem Herzen zu folgen.“
Ellen suchte in Julians Blick. „Bist du dir sicher?“
„So sicher, wie ich sein kann.“
„Sie passen doch gar nicht zusammen.“
„Ach?“
„Er ist zu alt für sie.“
Julian lachte. Ellen seufzte.
„Glaubst du, dass sie das Gleiche haben, wie wir?“
„Das Gleiche? Bestimmt nicht. Aber ihr eigenes.“ Julians Lippen glitten verfü h rerisch langsam über ihren Hals, und er bemerkte zufrieden die wohligen Schauer, die Ellens Körper durchliefen. Behutsam streifte er den Träger aus schwarzer Seide über ihre Schulter. „Aber wenn es nur halb so gut ist wie unseres“, meinte er selbstgefällig, „würde ich mich für sie freuen.“
Der lange Kuss, der folgte , erstickte in Ellen jeden weiteren Gedanken an W i derspruch.
***
Julian verkündete das Ende des Mentorenprogramms, und keiner der Siebzehn äußerte den Wunsch, Berlin zu verlassen. Sie würden beginnen, für die Gemei n schaft unterschiedliche Aufgaben übernehmen.
Es fand eine Feier statt, die mich sehr berührte. Alle Mitglieder der Gemei n schaft waren versammelt, sie trugen festliche Kleidung und Mienen zur Schau.
Julian hieß jedes neue Mitglied willkommen und führte es in die Gemeinschaft ein.
Mit Damian tauschte ich nur einige höfliche Sätze aus. Zum Glück hielt sich Max ständig in meiner Nähe auf, und es gelang ihm einige Male, mich zum L ä cheln zu bringen, wofür ich ihm sehr dankbar war.
Irgendwann saß Louisa neben Damian, sie unterhielten sich, und sie parkte ihre langen Beine in den hochhackigen roten Pumps irgendwo zwischen seinen Unte r schenkeln. Bestimmt hatte er sie nicht ermutigt, aber ich sah auch nicht, dass er sich wehrte. Als ich einige Minuten später wieder in ihre Richtung sah, waren beide verschwunden.
Max fuhr mich nach Hause, und Frau Bergdorf kam zum Gartenzaun. Ich hörte die Talk-Show, die i n ihrem Fernsehe r lief, bis nach draußen. „Ich habe deinen netten Freund lange nicht mehr gesehen“, sagte sie mit einem fragenden Unte r ton. „Der mit dem kleineren Auto.“ Dabei schaute sie Max ’ Audi hinterher und mich danach an wie eine Großmutter, die überlegt, ob ihre Lieblingsenkelin nicht doch etwas zu flatterhaft ist. Ich hatte tatsächlich Schuldgefühle.
„Er hat wenig Zeit im Moment“, behauptete ich. Zum Glück bellte Püppi laut, also entschuldigte ich mich und ging hinein.
Sobald ich Püppi gefüttert hatte , setzte ich mich auf mein Sofa, zog die Füße nach oben und legte die Hände um die Knie. Püppi verstand das als Einladung und sprang neben mich, wo sie sofort zwei übereinanderliegende Sofakissen b e stieg. Sie liebte es, ganz oben zu thronen.
Ich streichelte über ihr weiches Fell, und als ich langsam wieder zur Ruhe kam, spürte ich ihn wieder, diesen Schmerz, der nur da war, wenn Damian mich ve r letzte, der sich kriechend
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