Dezemberglut
holte tief Luft. „Ja“, sagte sie gefasst. „Ich hatte gehört, dass es einen Verletzten gibt.“ Sie sah Damian nicht an. „Deshalb bin ich hier. Zum Blutspe n den.“
„Nein“, widersprach Damian ärgerlich. „Ich weiß, dass sie Angst davor hat. Ich bin ihr Mentor“, fügte er hinzu. Als würde das irgendetwas erklären.
„Stimmt das?“ fragte Charlotte.
„Nein. Ich habe keine Angst.“
„Für mich lieber einen verdammten Beutel“, sagte Damian. Charis war die, die fast umgekippt wäre und eindeutig Hilfe brauchte. Warum kümmerte sich nicht endlich jemand um SIE? Er funkelte Charlotte wütend an. „Warum darf sie hier so einfach hereinspazieren?“ Dann wandte er sich an Max. „Fahr sie sofort nach Hause. So lange darf sie gar nicht aufbleiben.“ Er suchte Charlottes Blick. „Wirf die beiden endlich hinaus.“
Charlotte schüttelte den Kopf. „So viel Aufregung gab es nicht mehr, seit ich Andrej mit zwei Kugeln im Kopf hier hatte. Aber ihr solltet jetzt wirklich gehen. Damian braucht Ruhe, und den Rest schaffe ich allein.“ Sie drehte sich um zu Max und meinte stolz: „Damian kooperiert.“
„Damian steht unter Drogen.“
Charlotte ignorierte Max ’ Kommentar und wandte sich mit einem Lächeln an Charis. „ Oder magst du trotzdem Blut spenden, bevor du gehst? Sobald ich mit Damian fertig bin? Für jemand anderen, als für ihn? Es ist immer gut, wenn wir unsere Vorräte auffüllen können.“
„Nein!“ Damians Wutpegel stieg wieder an. Auch wenn er wusste, dass er abs o lut kein Recht hatte, Charis Vorschriften zu machen.
„Ja. Natürlich.“ Charis warf ihm einen aufgebrachten Blick zu. „Wann kann es losgehen?“
„Sofort. Ich bringe nur noch Damian auf sein Zimmer.“
Damian presste die Lippen zusammen. Charlotte öffnete eine Tür, die weiter ins Innere der Krankenstation führte. Er schwankte leicht, aber folgte ihr wide r spruchslos hinaus.
Kapitel 27
Julian war zurück. Die ungeduldige Freude war überall in der Gemeinschaft spü r bar, und selbst Andrej zeigte sein freundlichstes Gesicht, ein entspanntes Grinsen.
Damian erinnerte sich an sein eigenes Arkanum, das letzte lag etwa fünfzehn Jahre zurück. Seine Heilkräfte hatten sich danach verstärkt, wenn auch die Wunde an seinem Unterarm nicht, wie er heimlich gehofft hatte, endgültig verheilt war.
Er fragte sich, wie sich Julians Macht vergrößert, welche neuen Kräfte er hinz u gewonnen hatte. Aber alles, was während des Arkanums geschah, die Visionen, Träume und auch alles andere waren sehr … privat.
Als Damian Julians Büro betrat, sahen sie sich abschätzend an. Dann lächelten sie, gleichzeitig.
Julians strenges Gesicht wirkte gelöst, sein braunes Haar war um einige Zent i meter gewachsen, fast unanständig lang für seine Verhältnisse. Er trug ein helles Shirt (er!) und strahlte eine Energie aus, die weit über seine regenerierten Kräfte hinausging. Julian war … glücklich. Ellen ! Die neue Frau an seiner Seite. Damian spürte in sich hinein. Und gönnte ihm sein Glück.
Erst jetzt, da er ihn nach Wochen wiedersah, wurde sich Damian bewusst, mit welch eisernen Selbstdisziplin Julian die Zeit vor seinem Arkanum durchgestanden hatte, seine Anspannung und Reizbarkeit, die er nur mit größter Willensanstre n gung besänftigt und überwunden hatte. Nur, dass Julians Pflichtgefühl fast nach hinten losgegangen wäre. Dass alles letztendlich nicht nur glimpflich, sondern gut ausging, hatte ebenfalls viel mit Ellen zu tun. Damian hätte nie geglaubt, dass Julian sich binden würde, dass er es nun wagte, weckte widersprüchliche Gefühle in ihm, und er versuchte, jeden Gedanken an Charis zu vertreiben.
Niemand hatte sich sein persönliches Glück so sehr verdient wie Julian. Allein er glaubte nicht, dass diese Glückseligkeit vorhielt. Julian, der ja um einiges älter war als er, sollte es eigentlich besser wissen. Und noch dazu eine menschliche Frau. Er hätte ihn für klüger gehalten.
„Du hast dich verändert“, meinte Damian.
„Du dich auch.“
Während sie sich ansahen, hatte Damian den Eindruck, in Julians grauen Augen zu versinken. Er kannte dieses Gefühl und hatte sich in den letzten Jahren stets dagegen gewehrt. Genau wie Sebastian konnte Julian eine Art … Trost übertr a gen. Diesmal ließ er ihn einige Sekunden zu, bevor er den Blick senkte.
Damian erinnerte sich .
Es war eine schlimme Nacht in den dunklen Zeiten, ein harter Kampf, aber e i ner, in dem niemand
Weitere Kostenlose Bücher