Dezemberglut
verloren ging und alle überlebten. Danach waren sie zu d ritt zu Sebastians Wohnung gefahren, die am nächsten lag, um das seltene Hochgefühl und einige Flaschen Wein miteinander zu teilen.
Es war Sebastian, der es begann. Der aus dem Sofa aufstand, Damians Hand in seine nahm und ihn zärtlich auf den Mund küsste. Dabei Julian nicht aus den A u gen ließ und dessen Einsamkeit berührte.
Sebastian hielt Damians Hand weiter fest, während er zu Julian an den Sessel trat. Julians Gesicht blieb so starr wie sein Körper. Sebastian legte ihm sanft seine Hand auf die Wange. „Julian. Für den Rest der Nacht brauchst du kein Anführer zu sein.“
Julian sagte nichts. Er schloss die Augen.
Neben den unzähligen Frauen, die es für Damian gegeben hatte, war da immer Sebastian, der eben Sebastian war und ganz besonders. Aber nun spürte er Julians Blick. Sah das Einverständnis und die Frage darin, an ihn.
Hätte man ihn vorher gefragt, ob es je dazu kommen könnte, er hätte erstaunt den Kopf geschüttelt und war sich sicher, dass Julian genauso reagiert hätte.
Julian und Sebastian waren die Männer , die Damian bewunderte und auf seine Art liebte. Sebastian, der ihn gewandelt hatte. Julian mit der Last seiner Veran t wortung, dem Leid wegen der vielen, die starben und das ihn manchmal zu zerre i ßen drohte. Julian, der nie um etwas bat und es auch jetzt nicht tat.
Ohne Nachzudenken ging Damian vor ihm auf die Knie.
Ein e Pause in einem Meer aus Schrecken, Tod und Schmerz , in der sie ihre Schutzschilder senkten. Sie sprachen nicht, weil es nicht notwendig war. Nur schwerer Atem und Seufzen war zu hören. Hunderte Berührungen, vorsichtig, bittend und fordernd.
Schweißglänzende, glatte Haut. Angespannte Muskeln, aneinander gepresste Körper in zerwühlten Laken.
Damian fühlte Lust, Sehnsucht, war trunken von der Macht, die den beiden Ä l teren eigen war und die sie verströmten. Eine Lust auf Sex und Blut, die alles a n dere hinwegspülte.
Stärke und Verletzlichkeit. L eidenschaft und Schmerz, Trauer und Trost.
Bis die Nacht niederbrannte und auch der nächste Tag. Sie erwähnten ihn nie wieder. Aber vergaßen ihn nie.
Über die guten Gefühle, die Julian in ihm auslöste, hatte Damian lange nicht mehr nachgedacht. I hre Freundschaft, immer, trotz allem, was zwischen ihnen geschehen war.
Seine Wut auf Julian und sich selbst, für so viele Jahre, wegen des Versprechens, das er ihm gegeben hatte, war verschwunden. Damals, als Julian ihn eingesperrt hatte und Damian vor Schmerz und Verzweiflung so außer sich war, dass Julian befürchtete, er würde sich etwas antun.
Diese Zeit hatte Damian nur bruchstückhaft im Gedächtnis. Julian war damals bei ihm geblieben, harrte auf der anderen Seite des Gitters aus, ertrug seinen zo r nigen Schmerz, alle seine Flüche und widerstand. So lange, bis Damian das erste Mal zugelassen hatte, sich für Julians Gefühle zu öffnen. Julians Kummer, sein Leid, seine Gefühle von Schuld, Versagen und Vergeblichkeit, die so tief waren wie seine eigene n . Nie zuvor hatte sich Damian ihm so nahe gefühlt. Und auch nie wieder danach.
„ Nicht auch noch du, Damian. Versprich mir, dass du bleibst. “
Er hatte das Versprechen gegeben. Und es zutiefst bereut. Denn der Moment verging, aber die Verpflichtung des Versprechens war geblieben. Kein Entrinnen aus Schuld und Schmerz. Für einhundert Jahre. Er hatte geglaubt, diese Wut auf Julian würde niemals erlöschen. Doch Bitterkeit und Unversöhnlichkeit waren verschwunden.
„Charis“, fragte er unvermittelt. „Du hast … es gewusst? Hast du mich deshalb zu ihrem Mentor gemacht?“
„Ich kenne die Zukunft nicht. Ich sehe Möglichkeiten. Diese hat mir sehr gefa l len.“
Damian nickte. Ja. Die Chance war da gewesen. „ Ich bin der, der ich bin. Immer noch.“ Julian benötigte keine Erklärung, und e r wusste sowieso nichts hinzuzuf ü gen.
W äre es besser gewesen, Charis nie kennengelernt zu haben? Es gab nur noch ein Meer von Traurigkeit , aber d ie letzten Wochen aus seinem Leben zu streichen, schien Damian genauso falsch.
„Danke.“ Damian hatte dieses Wort seit Jahren nicht mehr ausgesprochen.
Julian nickte ernst.
„Alle loben deine Arbeit während der letzten Wochen“, wechselte Julian das Thema. „Pierre. Und Aaron meinte sogar …“
Damian verdrehte die Augen. „Aaron geht mir wirklich auf die Nerven.“
Julian unterdrückte ein Lächeln. Man konnte Damian beschimpfen, ihm so gut wie alles an den
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