Dezemberglut
Wirklich?“ Nach dieser Hammernacht?“ Ich rekelte mich und sah, wie alle Anzeichen von Disziplin aus seinem Gesicht verschwanden.
„Hammernacht? Und wie willst du dich dafür bedanken?“
„Auf den Knien?“
Er lächelt herrlich verdorben. „Gut. Aber ich bestimme die Blickrichtung. Und ich wähle beide.“
„Einverstanden.“
„ Dennoch sollte einer von uns aufstehen .“ Er setzte sich auf. „ Sonst wachst du neben einem Haufen Asche auf.“ I ch bewunderte die Konturen seiner Schultern und seines Rückens, während er aus dem Fenster schaute. Spätestens heute Abend würde er völlig wundfrei sein.
„Es wird Zeit, dass wir die automatischen Jalousien bestellen.“
„Das wäre vernünftig“, stimmte ich zu.
Kapitel 33
Christian ging in seinem Zimmer auf und ab. Sein Hotel lag an der Autobahn , etwa zwanzig Kilometer außerhalb von Berlin. Das Fenster stand weit offen, und es war so laut, als rasten die Autos quer durch sein Zimmer. Die Kälte berührte ihn nicht, das war einer der Vorteile seiner Wandlung. D er Teppichboden jedoch dünstete einen üblen Geruch nach Klebstoff und Chemie aus, der trotz des geöf f neten Fensters im Zimmer blieb . Es gab ein unbequemes Bett und einen leeren Kühlschrank. Der einzige Stuhl war viel zu groß für das winzige Zimmer, dafür war der Fernseher zu klein und empfing gerade einmal fünf Programme.
Christian ärgerte sich. Martin machte es sich wirklich leicht. Er wartete weit ab von Berlin, in irgendeinem Dorf in der Uckermark, wo er vor jeder zufälligen Begegnung sicher war und ihn kein Vampir der Gemeinschaft je aufspüren würde. Während also Martin nicht wagte, sich in Berlin zu zeigen und nicht das kleinste Risiko einging, konnte er, Christian, ja seinen Hintern hinhalten. Hier, im Haup t quartier, wie Martin es nannte.
Martins „Familie“ war angewachsen. Zwei der Entführten hatten die Wandlung nicht überlebt, und Martin hatte eine Frau getötet, weil ihm ihre Hysterie auf die Nerven ging. D ie anderen hatte er behalten. Inzwischen hielt er sich auch zwei Menschen. All diese Geschehnisse hatten Christian wenig berührt. E r hatte sich immer in Martins Nähe aufhalten und sein Blut nehmen dürfen, so häufig wie nie zuvor .
Doch nun hatte ihn Martin mit diesem Auftrag betraut, und es war allein an ihm, die bescheuerte Aktion durchzuziehen. Weil Martin ihm vertraute und er Christian die Gelegenheit geben wollte, an seiner Rache teilzuhaben, wie er sagte. Dabei hatte Christian gar nicht den Wunsch, sich an der Gemeinschaft zu rächen. Eigentlich war es doch eine gute Zeit gewesen, immer die Taschen voller Geld und fantastischen Sex mit Richard. Natürlich war er sauer, weil er bei den älteren Vampiren auf so viel Ablehnung gestoßen war und außer Richard keinen Gönner für sich hatte einnehmen können. Wobei die Aussicht, noch jahrelang auf seine Wandlung warten zu müssen, eine unerträgliche und boshafte Strafe gewesen war. Aber welchen Sinn machte es, sich mit Was-wäre-Wenns zu beschäftigten?
Richard. Wie es ihm wohl ging? Er vermisste ihn noch immer. Da war seine Annahme, dass es auch Richard ohne ihn alles andere als gut gehen musste, nur ein geringer Trost. Richard hatte ihn geliebt. Ob er es immer noch tat? Die Vers u chung, ihn einfach anzurufen, um seine Stimme zu hören, war riesengroß. Theor e tisch konnte er einfach zum Hörer greifen. In jeder Minute. Hallo Richard, wie geht es dir? Über diese absurde Vorstellung musste er den Kopf schütteln.
Nun, da Christian sich eine Position erkämpft hatte, konnte er eigentlich ganz zufrieden sein. Martin versorgte ihn regelmäßig mit Blut. Auch sexuell hatte Chri s tian nicht mehr das Gefühl zu kurz zu kommen. Er durfte sich junge Männer aussuchen, auch innerhalb Martins „Familie“. Allerdings wünschte er sich mehr Freiwilligkeit, nicht immer, aber manchmal. Jedenfalls von einem von ihnen, L u kas, dessen Aussehen ihn an Richard erinnerte. D ass es mit ihm überhaupt mehr wie mit Richard wäre.
Nun musste er schon wieder an Richard denken. Was würde geschehen bei e i nem Wiedersehen? Er malte sich die Einzelheiten einer intensiven, erotischen Begegnung aus und seufzte frustriert. Ob Richard ihn verraten würde? Oder b e schützen? Vielleicht wäre er ja endlich bereit, die Gemeinschaft für ihn zu verla s sen? Wäre er selbst im Gegenzug dazu bereit, Martin zu verlassen? Das war u n möglich, gestand er sich ein. Martin hatte ihn in der Hand. Als wäre er ein Junkie,
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