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Dezemberglut

Dezemberglut

Titel: Dezemberglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda K. Heyden
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ausgerissen und drei Tage lang u m her geirrt, bis ich wieder eingefangen wurde. Der Platz war gut gewählt, zum Glück begegnete ich keiner Menschenseele. Die Zeit, bis ich wieder im Gleichgewicht war, kam mir vor wie eine Ewigkeit.“
    Er schwieg. Ich auch. Schließlich verabschiedete ich mich von ihm und legte auf. Ohne Drama.
    Z um ersten Mal fühlte ich so etwas wie Stärke nach unserem Telefonat.
    Charis, die Vampirin. Die starke und reife Frau an Damians Seite. Genau.
     
    Da ich weder Schneidern noch tagsüber in der Boutique arbeiten oder Autos rep a rieren konnte, wobei ich L etzteres mehr bedauerte, begann ich, hinter der Bar eines der Clubs zu arbeiten. Es gelang mir immer besser, mich an das Gewimmel der vielen Menschen und ihre intensiven Gerüche zu gewöhnen.
    Auch wenn ich es in der Theorie längst begriffen hatte, bekam ich so langsam eine Ahnung, was es bedeutete, wieder ich selbst zu sein. Nicht nur Damian anz u betteln und zu klagen, sondern mich mit etwas anderem zu beschäftigen, als mit ihm und Gedanken an Blut und Sex.
    Früher – und auch heute bei allen Vampiren, die nach den alten Regeln lebten – war und ist es wohl üblich, die neu geschaffenen Vampire so lange mit dem eig e nen Blut zu versorgen, bis sie völlig von ihrem Schöpfer abhängig sind. Manchmal übernehmen sie sogar viele seiner Eigenschaften. Dann werden sie zu den willigen Sklaven, von denen Damian ständig sprach.
    Ich dachte an Christian und schauderte.
    Christian – er schien genau solch ein Sklave zu sein.
     
    „Kann ich jetzt wieder lügen wie gedruckt?“, fragte ich Damian hoffnungsvoll am Telefon.
    „Nein, mein armes Herz. Du bist sogar noch eingeschränkter als zuvor. Keinen Menschen, und bei mir brauchst du es gar nicht erst zu versuchen.“
    „Niemals? Bis in alle Ewigkeit?“
    „Nein“, meinte er selbstzufrieden. „Einer der eher unbedeutenden Vorteile, dein Herr und Meister zu sein.“
    Jaja. „Wie geht es Püppi?“, wechselte ich das Thema.
    „Sie hat ihren Spaß.“
    „Aha.“ Ich wartete misstrauisch.
    „Gestern ist sie Sam zwischen die Beine seiner Schlaghose geraten. Das hat die Kommode Louis-Seize, die neben dem Aufzug stand, zwei Beine gekostet. Sam konnte seine immerhin noch retten.“
    „Die Kommode war sowieso ziemlich hässlich.“ Als könnte das mein schlechtes Gewissen beschwichtigen. „Ist Sam sehr sauer? Und ist Püppi so grässlich lästig, wie ich es mir vorstelle?“
    „Sam? Wie könnte er sauer sein? Ein Dackel, der sich auf seiner Brust niede r lässt, seine Ohren mit hysterischem Gekläff foltert und zwischendurch sein G e sicht ableckt? Und alles nur wenige Minuten vor dem Treffen des Inneren Kreises, sodass es niemanden, wirklich niemanden gibt, der das verpasst? Und jeder sich an seinem peinlichen Unglück ergötzen kann?“ Glaub mir: Püppi ist lästig, und nac h dem sie uns tagelang belagerte, hat sie inzwischen die gesamte Etage erobert. Es gibt nur noch wenige Rückzugsmöglichkeiten. Aber da sie über einen beträchtl i chen Charme verfügt, ertragen wir die Bes e tzung, ohne zu fliehen.“
    Ich seufzte schuldbewusst. „Danke. Ich werde mich bei Sam entschuldigen.“ Dann hatte ich eine Idee, und meine Stimmung hob sich. „Bitte. Kannst du das übernehmen? Für mich?“
    „Schon längst geschehen und angenommen, mein Herz.“
    Ich lächelte dankbar. Ich hatte einen Freund, der neben seinen vielen anderen unschätzbar wertvollen Qualitäten über beachtliche diplomatische Fähigkeiten verfügte.

Kapitel 39
     
    Damian träumte. Er lag auf dem Bauch, spürte nasses Gras unter sich, die Luft war feucht, es roch nach Erde und Regen. Damian schob sich sachte nach vorn, wusste, dass er sehr, sehr vorsichtig sein musste. Sein Oberkörper balancierte über einer Felskante, hoch über dem Nichts. Mühsam hielt er das Gleichgewicht und streckte seine Hand zentimeterweise in die Tiefe.
    B eide standen auf einem schmalen Vorsprung unter ihm. N ur er konnte sie re t ten , aber er musste sich verdammt beeilen .
    Charis sah vertrauensvoll zu ihm hoch. Sie reckte sich, um nach seiner Hand zu greifen. Sebastian stand neben ihr und bewegte sich nicht.
    Damian konnte sie nicht beide nach oben holen, nicht gleichzeitig. Die Felska n te, auf der er lag, war alles andere als sicher, und auch der Vorsprung, der die be i den trug, war abschüssig und nass.
    Er hörte, wie ein Teil davon abriss und in die Tiefe polterte.
    Damian geriet in Panik. Vielleicht würde er nicht beide

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