Dezemberglut
Zielen entgegenhasteten. Dann ließ er seine Aufmerksamkeit langsam und grün d lich durch die nahen Häuser fließen.
Kein Dämon. Nichts.
Er ging weiter bis zur nächsten Straßenecke und trat in einen Hauseingang. Dort konzentrierte er sich erneut, suchte mit seinen Sinnen die Straße ab, den kleinen Supermarkt, den Döner-Laden, Alt- und hässliche Neubauten, die allzu hastig in die Lücken gebaut worden waren, die der Krieg gerissen hatte. Endlich war er sicher, dass kein Dämon in der Nähe war, dennoch hörten die Schmerzen nicht auf. Damian ging zurück , an seiner Wohnung vorbei, weiter bis zur U-Bahn-Station und die Treppe hinunter zu den Gleisen. Dort wiederholte er seine Pr ü fung.
Nichts.
Damian kehrte um, zurück in seine Wohnung. Er wohnte im Wedding, einem Bezirk, der bei den anderen aus der Gemeinschaft nicht sehr weit oben auf der Hitliste der Wohnungswahl stand. Alle Häuser dieser Straße waren renovierung s bedürftig, und nur der Altbau, in dem er wohnte, war frei von Graffiti. Sein Auto fand immer einen Platz direkt vor der Tür. Es war noch nie angerührt worden, und er hatte auch keine derartigen Befürchtungen.
Er ging die wenigen Stufen hinunter. Seine Wohnung lag im Souterrain des Vorderhauses. Sie war alles andere als elegant, mit unauffälligen, aber strengen Sicherheitsvorkehrungen, die sich hauptsächlich auf den Schutz vor Tageslicht bezogen. In einem Zimmer gab es ein Sofa, einen Tisch zum Abstellen von G e tränken und den Sessel mit Fußschemel, den er zum Fernsehen nutzte. Das Wer t vollste waren Fernseher, Computer und die Musikanlage. Das zweite Zimmer war noch kleiner, und sein Bett schmal, weiblichen Besuch nahm er nie mit nach Ha u se.
Damian ließ s ich in den Sessel fallen. Sein Schmerz hielt an, nahm aber in seiner Intensität nicht zu. Er würde ihn ertragen können. Die Wunde, die ihm der D ä monenfürst vor vielen Jahren zugefügt hatte, war nie verheilt. Inzwischen lebte er schon so lange mit seinem Schmerz, dass er wie ein Teil von ihm war, und er kannte all seine Facetten: Das leichte Ziehen, das er kaum noch bemerkte, ein wütendes Pochen, das viel schmerzhafter war, und das knisternde Brennen, we l ches die Wunde zum Bluten brachte und in seiner Intensität am schlimmsten war. Schmerz war eine Frage der Gewohnheit. Bei seiner Jagd nach Dämonen war er stets zu spüren, immer, wenn er einem von ihnen nahe kam. Bis zu dessen Elim i nierung .
Aber das hier?
Warum dieser Schmerz, obwohl kein Dämon in der Nähe war?
Noch viel mehr beschäftigten ihn diese seltsamen Bilder, diese Vision, das W a rum und Wieso. Er war empfänglich für Vorahnungen und hatte gelernt, ihnen Gehör zu schenken. Wie also sollte er das Geschehen einordnen? War er Zeuge geworden, wie irgendwo irgendwer den Kampf gegen einen Dämon verloren ha t te?
Der Einzige, mit dem er darüber hätte sprechen können, war Julian. Aber der war für die nächsten Wochen unerreichbar.
Vielleicht sollte er dem Inneren Kreis, dem Rat, dem einige der alten Vampire angehörten und der in Julians Abwesenheit die Angelegenheiten der Gemeinschaft regelte, davon berichten. Wobei ihm einfiel, dass er nun ebenfalls Mitglied war. Andererseits – war es angebracht, die anderen wegen seiner Bilder zu beunruh i gen? Wäre es nicht klüger, zuerst selbst herauszufinden, was los war? Wobei ihn Julian mit so vielen Pflichten eingedeckt hatte, dass ihm viel zu wenig Zeit für Nachforschungen blieb.
Damian schüttelte unzufrieden den Kopf. Nun, die Woche hatte schon schlecht angefangen, warum sollte sie nicht genau so weitergehen?
Kapitel 5
Die Siebzehn waren nach und nach aus ihrer Gefangenschaft entlassen worden und hatten in der Zentrale Appartements ähnlich dem von Sarah bezogen, wä h rend ich weiter auf Schwanenwerder wohnte.
Heute hatten wir uns zum ersten Mal zum Fitnesst raining in einem hohen, ha l lenähnlichen Raum mit vielen Sportgeräten und Matten eingefunden.
Ich musterte die anderen. Die Siebzehn, die so anders waren als ich und doch so gleich, was Unsicherheit und körperlicher Zustand betraf. Charisma und Magie der älteren Vampire besaßen sie nicht.
Die Wandlung zum Vampir ging weder schnell noch sanft vonstatten. Ich hatte nichts davon während meiner Gefangenschaft gesehen, aber mehr gehört, als mir lieb war, und mit ihnen gelitten. Ich wusste aus eigener Erfahrung, wie es ist, wenn ein Mund an einem Körper wühlt. Wenn sich Zähne durch die Haut bohren und hart ins Fleisch
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