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Dezemberglut

Dezemberglut

Titel: Dezemberglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda K. Heyden
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lass dir von Charis ein Foto geben.“
    Mann. Damian erinnerte sich tatsächlich an meinen Namen.
    Mein Onkel öffnete eilig die Fronttasche des Koffers und fasste hinein. „Ich hatte mir extra eine Woche Urlaub genommen. Ich habe Frau und Kinder. Das Geld hätte ich gut gebrauchen können.“
    Ich war zu entgeistert, um Worte zu finden.
    Damian hatte dieses Problem nicht. „Gleich kommen mir die Tränen vor Mitg e fühl“, meinte er spöttisch.
    Mein Onkel reichte mir das Päckchen aus dem Fach. Ich öffnete es. Damian hatte ins Schwarze getroffen. Meine Mutter hatte nicht viel Schmuck besessen und ihn so gut wie nie getragen. Er bestand aus wenigen Erbstücken, altmodisch und ziemlich wertvoll. Nun hielt ich sie alle in der Hand.
    „Du hast dir wirklich seltsame Freunde ausgesucht.“ Mein Onkel starrte Dam i an böse an. „Wenn das deine Eltern wüssten.“
    „Immerhin kann man sich seine Freunde aussuchen.“ Damian trat einen Schritt nach vorn. „Und ich habe Freunde in der Hölle.“
    Mein Onkel umklammerte den Griff seines Koffers und stürmte hinaus. Trotz seiner Rollen hüpfte der Koffer auf und ab. „Ich werde meinen Anwalt anrufen wegen des Testaments.“
    „Und ich meinem“, behauptete ich.
    „Ich komme nächste Woche zurück.“
    „Nimm dir ein Hotelzimmer.“
    Er startete den Motor und fuhr los.
    Ich sah dem Wagen hinterher. Trotz meiner Erleichterung stiegen mir Tränen in die Augen. „Er ist mein einziger Verwandter.“
    „Du kannst dir immer noch überlegen, ob du ihm eine Weihnachtskarte sch i cken willst“, sagte Damian ungerührt und schloss die Haustür.
    „Eher nicht“, meinte ich leise. „Ich bin wirklich froh, dass er weg ist.“ Und dass Damian heute hier war.
    „Hat er Hausschlüssel mitgenommen?“
    Ich hatte meinen in der Hosentasche. Einer lag im Flur auf der Kommode, und der dritte hing im Schlüsselkasten.
    „Alle Schlüssel sind da“, meinte ich erleichtert.
    „Gut. Dann brauchen wir die Schlösser nicht auszutauschen.“
    Wir?
    „Nach diesem Riesenschreck ist er vermutlich schon in Hamburg angeko m men.“ Damian schüttelte den Kopf. „Und meine befleckte Vampirseele ist noch schmutziger geworden.“
    „Dafür, dass du eine befleckte Seele hast und Freunde in der Hölle, hast du mir sehr geholfen. Danke. Ich bin dir wirklich sehr dankbar“, sagte ich und meinte es auch so.
    „Vielleicht wird das helfen, einige der Flecken abzuwaschen.“
    Ich nickte langsam. „Ich dachte mir schon, dass Seife nicht ausreicht.“ Ich e r schrak. Was war nur los mit mir? Hatte die Erleichterung über den Abflug meines Onkels mich so mutig gemacht?
    Damian trat näher. Sein beeindruckender Körper, seine Augen, die so viel Macht besaßen, waren mir viel zu nah. Normalerweise vermied ich es, ihm direkt in die Augen zu sehen. Auch jetzt wollte ich eigentlich wegsehen, aber meine Neugier war größer als meine Vernunft, ich sah ihn an und blinzelte. Ich wusste bereits, dass seine Augen blau waren, von einem sehr intensiven, dunklen Blau. Sie waren sehr ungewöhnlich, fast schon unheimlich, aber heute mochte ich sie.
    Schnell wandte ich den Blick ab. „Soll ich dir das Haus zeigen?“
    „Wenn du magst.“
    Im Wohnzimmer blieben wir stehen. Hier standen zwei Sessel, das alte Sofa mit den Sitzkuhlen und der Couchtisch. Nichts Besonderes. Bis auf die Menge an Büchern, die jede Stelle der Wand beanspruchten, selbst über der Tür.
    Damian stand vor den Regalen, strich über Buchrücken und nahm eines heraus. „Die Ilias.“
    Ich betrachtete die goldenen Buchstaben. „Das kannst du lesen?“, fragte ich verdutzt. „Altgriechisch?“
    Sein ausdrucksloser Blick zeigte ein zynisches Funkeln. „Du nicht? Was bringt man euch Kindern eigentlich in der Schule bei?“
    „Ich bin kein Kind mehr“, sagte ich beleidigt.
    Damian ignorierte meinen Ausspruch und sah sich weiter um. „Deine Eltern hatte n etwas übrig für die Antike.“
    „Ja. Mein Vater. Er war Lehrer. Latein und Geschichte.“ Die Liebesromane meiner Mutter standen zum Glück im Schlafzimmer und im Dielenschrank.
    „Kein Altgriechisch?“
    „Nein. Aber er fand es schade, dass es nicht mehr zum Lehrplan gehört.“
    „Immerhin hat er dir einen entsprechenden Namen gegeben. Chara. Freude.“
    Ich spürte, wie ich errötete. Ich sah in Damians Gesicht und merkte, ich konnte es ertragen, obwohl er mich ganz schön nervös machte. Unter dem Rand seiner schwarzen Dockermütze, die fast die gesamte Stirn bedeckte, erkannte

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