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Dezemberglut

Dezemberglut

Titel: Dezemberglut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda K. Heyden
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gab.
    Tiffany mochte ich inzwischen gern. Sie war immer noch damit beschäftigt, sich mit ihrer Existenz als Vampir zu arrangieren, und ich bewunderte sie für die Energie, mit der sie ihr neues, zweites Leben anging. Heute trug sie zum Training eine graue Stretchhose und darüber ein graues Shirt im Python-Design. An ihre schwarzen Haare hatte ich mich inzwischen gewöhnt, aber sie sah schon wieder verändert aus.
    Als sie meinen Blick bemerkte, nickte sie. „Dass ich jetzt ein Vampir bin, heißt ja nicht, dass ich bis in alle Ewigkeit wie ein Leichentuch aussehen muss. Make - up geht immer. Sonya war so nett, mir verschiedene zur Auswahl mitzubringen. Und das hier ist das B este, findest du nicht? Super Rich Everlasting Natural Dream Bronce .” Sie lächelte stolz.
    Ich nickte. Sonya war klein, blond und von sanfter Freundlichkeit. Und sie war Tiffanys Mentorin. Kurz fragte ich mich, ob ich meinen Mentor wohl auch zum Kauf von Make - up losschicken konnte. Na klar.
    Tiffany musterte mich kritisch. „Du bist ein hübsches Mädchen, Charis, aber du solltest unbedingt etwas zunehmen. Männer mögen keine dünnen Frauen, das ist nur ein Gerücht für Single-Frauen. Wenn du mal so richtig was aus dir machen willst, lass dich von mir beraten. Ich habe einen Sinn für Farben und einen ve r dammt guten Geschmack.“
    „Danke, Tiffany“, meinte ich aufrichtig. „Vielleicht später. Im Moment ist mir nicht danach.“
    „Das verstehe ich. Sag mir einfach Bescheid, wenn du soweit bist.“
    Ich nickte, und wir trabten Seite an Seite los.
     
    ***
     
    „Ich habe einen Tipp bekommen“, sagte Andrej am Telefon. „Es geht um drei Leichen in der Pathologie, zu denen mein Informant bei der Polizei eine intere s sante Geschichte erzählt hat. Wir sollten uns die Leichen ansehen.“
    „Wann?“
    „Heute Nacht. Zwei Uhr. Frag Max, ob er mitkommt.“
    „Gut.“ Damian schaltete das Handy aus. Ohne nachzudenken hatte er bego n nen, seinen linken Unterarm zu massieren. Wenn Andrej ihn dabei haben wollte, musste ein Dämon im Spiel sein.
    Gegen halb drei erreichten sie das Institut der Forensischen Pathologie. Sie w a ren zu viert, aber nur Armando stieg aus dem Phaeton. „Nicht dass du glaubst, ich würde das jetzt immer machen“, beschwerte er sich.
    „Nein“, sagte Andrej. „Aber beim letzten Mal hat es doch sehr gut geklappt. Du bist vertrauenerweckend und … wie hat Julian das genannt? Angstreduzierend. Genau. Jedenfalls mehr, als wir anderen.“
    „Dazu gehört ja nicht viel“, meinte Armando und ging los.
    Kurz darauf trat ein Mann an das Auto und beugte sich zu dem geöffneten Fenster. In der oberen Tasche seines weißen Kittels steckte ein Kugelschreiber. „Andrej darf jetzt hereinkommen“, sagte er mit leerem Blick. „Armando hat alles gesichert.“ Er wandte sich um und ging zurück, während Andrej genervt die A u gen verdrehte.
    Armando wartete am Eingang. „Wir können los.“ Sie folgten ihm durch den Flur, prüften mögliche Fluchtwege und erreichten ihr Ziel, einen der großen, ka h len Räume mit grellen Neonröhren. Damians Blick streifte gekachelte Wände, Spülbecken und Untersuchungsflächen aus Edelstahl. Armando hatte den diens t habenden Arzt ebenfalls in seinen Bann gebracht, er gehorchte seiner sanfte n Stimme aufs Wort.
    „Und jetzt, Bertram, zeig uns die Familie, die am Sonntag in Frohnau getötet wurde. Und erzähl uns alles, was du darüber weißt.“
    Bertram, ein älterer Mann mit grauem Vollbart, öffnete drei sarggroße Schubl a den. Vater, Mutter, Sohn. Dann gab er mit leiernder Stimme sein Wissen preis. Obwohl sich alles in ihm dagegen sträubte, öffnete Damian seine Sinne. Da war der Geruch von altem, geronnenen Blut, aber schlimmer war der Gestank nach Tod, der ihn traf wie ein Axthieb, und nicht aufhörte, ihn zu bedrängen, und noch etwas anderes, als wäre ein Rest des Entsetzens dieser Toten noch immer wie ein emotionales Abbild ihrer Erinnerung spürbar. Das war noch schlimmer als der aufdringliche Konservierungsgeruch, mit dem man versuchte, die Verwesung hinauszuzögern.
    Das erste Opfer, der Junge, war etwa zwölf Jahre alt. Er hatte oben in seinem Zimmer am Computer gesessen, als er ermordet wurde. Er hatte Bisswunden am Hals, Nacken und an den Handgelenken und war fast blutleer. Das Werk eines Vampirs, das war eindeutig. Das zweite Opfer, der Mann, zeigte, abgesehen von einem gebrochenen Genick, keinerlei Verletzungen. Die Frau allerdings war ve r gewaltigt worden

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