Dezemberglut
alles zu erinnern, was Ellen mir gesagt hatte, an die Bilder, die sie Gr e gor so entschlossen entgegengeschleudert hatte, um sich gegen ihn zu verteidigen, aber ich konnte keinen einzigen klaren Gedanken fassen. Meine Angst lag mir wie ein schwerer Klumpen im Magen, und meine Hilflosigkeit lähmte mich mit en t setzlicher Endgültigkeit. Ich stand wie erstarrt, unfähig, mich zu bewegen und fühlte, wie meine Abwehr bröckelte.
Wenn es mir nicht gelänge, mich zu befreien, würde Louisa mich vernichten, nur weil sie es konnte , und weil es ihr Spaß machte. Das wusste ich mit absoluter Sicherheit.
Ich versuchte , meinen Zorn ihrer Macht entgegenzusetzen. Wehrte mich und kämpfte, wie ich es noch nie zuvor getan hatte. Doch i hre Kraft brandete wie eine reißende Flutwelle über mich, und als mein Kopf zu zerspringen drohte, wusste ich, dass ich Louisa nicht länger widerstehen konnte. Ich sah auf.
Louisas Augen glitzerten so kalt wie Diamanten. Sie stand still wie eine Statue, von flammendem Haar umgeben, schien nicht zu atmen, den unmenschlichen Körper starr und angespannt. Mein Herz raste, und ihr Blick schien all meine Kraft einzusaugen. Nun war ich ihr vollkommen ausgeliefert. Ihr Wille stieß in meinen Verstand, meine Gefühle, ich spürte Panik, die sich zu Todesangst steige r te, und wusste, dass ich verloren war. Ohne es zu wollen, machte ich einen weit e ren Schritt auf sie zu.
Aus den Augenwinkeln nahm ich eine Bewegung wahr. Tiffany war ebenfalls vorgetreten, und für einen Moment ließ die Macht, die von Louisa ausging, nach. Sie war abgelenkt. Aber was immer Tiffany unternehmen wollte gelang ihr nicht . J äh wurde sie auf den Boden geschleudert. Louisa hatte nur eine lässige Handb e wegung gemacht.
Nun hatte ich wieder ihre volle Aufmerksamkeit. Ihr kalter Zorn traf wie spli t terndes Eis in meine Brust. Aber ihre Stimme war warm und sanft wie ein Stre i cheln. „Nun siehst du, wie überaus erfolglos du bist.“
Auf einmal schien Louisa eine Handbreit über dem Boden zu schweben, lange Finger hielten ihren Hals in einem groben Griff.
Die Zeit stand still, alle um mich herum hielten den Atem an, und ich sah das Erstaunen in Louisas Blick. Sie gab keinen Laut von sich, aber ihr Gesicht verzer r te sich vor Furcht.
Auf einmal war er da gewesen, ich hatte ihn nicht kommen sehen. Sein Gesicht war leer, aber seine Augen loderten. Nie zuvor hatte ich ihn so beängstigend g e funden.
Er ließ Louisa so abrupt los, dass sie unsanft auf ihrem Hintern landete.
„Geh ins Büro und warte auf mich.“
Louisa stand auf, massierte ihren Hals und stöckelte davon. Sie sagte kein Wort, aber sie würde seinem Befehl gehorchen, daran hatte ich keinen Zweifel.
Damian würdigte sie keines weiteren Blickes. Sah mich an.
Ich zitterte am ganzen Körper, vor Angst und vor Kälte, und mir wurde schwindlig, sodass ich mich nicht mehr auf den Füßen halten konnte. Ich sank auf die Knie.
Mein Magen fing an zu rebellieren, und ich würgte.
Damian ging neben mir in die Hocke, und sein Gesicht bekam einen Ausdruck, den ich nicht einordnen konnte. „Wenn du dir das nur endlich abgewöhnen kön n test.“
„Und auf den ganzen Spaß verzichten?“, presste ich hervor und spürte kalten Schweiß im Nacken. Ich hasste mich, weil ich schon wieder würgen musste, aber ich konnte nichts dagegen tun. Alle standen um mich herum. In Filmen und B ü chern fallen Frauen in Ohnmacht, wenn sie gerettet werden. Aber sich bei der eigenen Rettung ausgerechnet zu übergeben, war eine noch viel blödere Alternat i ve. Kann es etwas Peinlicheres geben? Wenigstens hatte ich seit heute Mittag nichts mehr gegessen.
„Langsam. Konzentrier dich aufs Ausatmen.“
Es dauerte einen Moment, aber dann drang Damian zu mir durch, seine Sti m me, seine Berührung. Das aufgewühlte Meer meiner Panik glättete sich sofort.
Ich versuchte, seinem Rat zu folgen , und schaffte es endlich, meinen Atem zu kontrollieren und den Würgereiz zurückzudrängen. „Ich verstehe das nicht. Jetzt ist doch alles wieder in Ordnung.“ Meine Stimme klang entsetzlich jammer nd .
„Genau deshalb erlaubt sich dein Körper, mit Schwäche zu reagieren“, meinte Damian ernst. „Lass mich dir helfen.“
Oh Mann. Noch ein Déjà-vu. Wenigstens hatte ich keine Angst mehr vor ihm. Er umfasste vorsichtig meine Schläfen, und ich holte tief Luft. Eine Hand wa n derte zu meinem Hinterkopf, die andere zu meiner schweißnassen Stirn.
„Ruhig, Charis. Alles ist gut.“
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