Dezemberglut
übernehmen?“
„Gott behüte.“
Damian erkannte, dass er nicht der Einzige war, der ein solches Gespräch fürc h tete.
„Und du magst sie auch.“ Max grinste, als würde er die Pointe eines großartigen Witzes erzählen.
Damian widerstand auch diesmal dem Impuls zu leugnen, überlegte und hob die Schultern. „Es ist schwer, das nicht zu tun“, gab er zu. „ D as Mentorenprogramm wird ja nicht ewig dauern.“
„Genau.“
„Dann wird sie wieder ihr eigenes Leben führen.“ Damian stellte fest, dass er sie vermissen würde.
Er betrat die Halle. Charis saß allein auf einer Bank. Sie beobachtete die nächste Gruppe, war versunken in ihre Gedanken und hatte sein Eintreten nicht bemerkt. Dann sah sie auf, als hätte sie seinen prüfenden Blick gespürt. Ihr Gesichtsau s druck veränderte sich sofort, zeigte Freude, die es erhellte.
„Wirst du heute nicht abgeholt?“
„Doch. Daniel hat eben angerufen. Er kommt gleich.“
Sie sah aus, als hätte sie noch etwas auf dem Herzen, und er sah sie aufmu n ternd an.
„Kommst du am Freitag mit?“, platzte sie heraus. „Ins Wilhelmina? Wir wollen Spaß haben. Tanzen.“
„Und du meinst, das würde mir auch Spaß machen?“
Er sah, wie sie rot wurde und zweifelte. Ihr Wunsch, ihn dabei zu haben, brac h te ihn zum Lächeln. Dann dachte er an sein Gespräch mit Max und zögerte. Aber Charis Gefühle konnten nicht ernst, nicht tief sein und würden bald vergehen. Schließlich war sie noch ein Kind, und das Mentorenprogramm sowieso bald vo r bei. Und er konnte wirklich nicht behaupten, etwas Besseres zu tun zu haben. Also, warum eigentlich nicht?
Obwohl er bestimmt schon vernünftigere Entscheidungen getroffen hatte.
***
Oliver und Pierre standen am Fenster des Club-Büros und betrachteten das G e schehen auf der unteren Etage, an der Bar und auf der Tanzfläche.
„Erinnerst du dich noch an damals? Die guten alten Zeiten?“, seufzte Oliver und öffnete den untersten Knopf seiner blau und silber gestreiften Brokatweste. „Das war das Schöne an Korsetts. Die Haltung. Die Modellierung der Körper. Busen, Bauch und Po stets dort, wo sie hingehörten. Die Fantasie hatte unendlich viel Raum für Entfaltung. Es gab noch Geheimnisse zu wahren, und bei manchen war es gut, dass sie im Dunkeln blieben.“
Pierre schüttelte den Kopf. „Das war nicht mehr ganz meine Zeit, alter Freund. Und ich sehne mich nicht zurück, ganz bestimmt nicht. Allerdings scheint mir, dass heute noch ganz andere Geheimnisse an die Öffentlichkeit drängen.“
Sie bestaunten die Szene in andächtigem Schweigen und fragten sich, ob das da unten wirklich Damian war. Oder sein Klon. Damian saß auf einem Barhocker und wurde von Frauen seiner Trainingsgruppe belagert, die ihn tatsächlich zum Tanzen überreden wollten. Damian riss in gespieltem Entsetzen die Hände nach oben und schüttelte den Kopf. Die Frauen ließen von ihm ab und stürmten k i chernd die Tanzfläche. Ohne ihn, natürlich, aber immerhin: Sie hatten ihren tol l kühnen Vorstoß überlebt.
Oliver und Pierre sahen sich an. „Kein Wort“, meinte Oliver und schüttelte so heftig den Kopf, dass seine fülligen Wangen bebten. „Wir werden schweigen.“
„Natürlich.“ Pierre nickte. „Sonst reißt er mit dem Hintern ein, was er mit den Händen aufgebaut hat.“
Sie wussten beide: Darin war Damian wirklich gut.
***
Louisa trug eine enge Lederhose und ein superkurzes Top mit Ringelmuster, das sich an ihrem käseweißen Ausschnitt dehnte und über ihrem Bauchnabel ringelte. Wer trägt schon so etwas, ein Kindermodell, es sei denn, im Sandkasten mit einer Schaufel in der Hand? Natürlich hatte Louisa keine Sandschaufel, sondern eine Zigarettenspitze in der Hand, und zwei schöne Männer flankierten sie. Einer schien ihr nie zu reichen. Und obwohl ich sie nicht ausstehen konnte, musste ich mir eingestehen, dass sie auch diesmal großartig aussah.
„Charis, willst du tanzen?“
Ich schaute Murat dankbar an. Endlich. Mein Auftritt. Ich war mehr als bereit.
Murat hatte nicht nur eine neue Bartfrisur, er hatte auch ein neues Muster in seiner Nackenrasur. Sein weit ausgeschnittenes T-Shirt präsentierte eine muskul ö se und rasierte Brust. Murat grinste mich an. Auch er schien mehr als bereit zu sein, aber ich war mir sicher, dass unsere Ziele nicht die gleichen waren.
Es gibt nicht viel, was ich wirklich kann, aber Tanzen gehört dazu. Ich liebe es, zu tanzen. Ich könnte sofort und ohne eine
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