Dezemberglut
groß. Und seine Vampirkenntnis. Aber Martin würde sich an ihren Deal halten müssen. Die folgende Woche würde die wichtigste seines L e bens werden, und obwohl er Martin nicht leiden konnte, würde er alles dafür tun, damit nichts den guten Ausgang seiner Wandlung gefährdete. Diese Woche würde ihm bestimmt viel abverlangen, aber er würde es durchstehen und geduldig sein.
Die Wandlung, sein zweites Leben.
Christian hatte so viele Pläne. In einer Woche würde er i n irgendeine Stadt zi e hen, weit weg vom Einfluss der Gemeinschaft. Vielleicht nach München oder sogar nach London oder Paris, sobald er gelernt hatte, seine vampirischen Fähi g keiten zu kontrollieren und einzusetzen.
Als er sich vor mehr als drei Jahren ohne Geld in den Zug gesetzt hatte, um von Süddeutschland nach Berlin zu fahren, hatte er schließlich auch keine Ahnung gehabt, wie es weitergehen sollte. Anfangs hatte er eine echt harte Zeit gehabt, aber dann hatte er Richard getroffen und eine Welt kennengelernt, von der er nie gewagt hätte, auch nur zu träumen. Jetzt stand er kurz vor dem Ziel. Obwohl er drei Jahre mit Richard zusammen gewesen war, hatte der sich in mancher Hinsicht sehr bedeckt gehalten, was Vampir a ngelegenheiten betraf, und es gab immer noch viel zu viel, was Christian nicht wusste.
Doch die Zukunft war eine Verheißung, die unvergängliche Schönheit und u n geheure Macht versprach. Ein zweites Leben voller Luxus und Sex, mit wem und wann immer er wollte.
Diese Ewigkeit war jede Anstrengung wert.
Martin dirigierte Christian in die Innenstadt von Dresden. Christian wartete im Auto, während er zusah, wie Martin nacheinander einige Männer und Frauen a b fing, die allein unterwegs waren und an einem EC-Automaten Geld abhoben. Er brachte sie mit seinem Vampirblick dazu, ihm das Geld auszuhändigen, einfach so, bevor sie wieder friedlich in ihre Autos stiegen oder ihrer Wege gingen. All das natürlich abseits der Kameras, die die EC-Automaten kontrollierten.
„Wie lange wird es dauern, bis ich so etwas kann?“, fragte Christian, nachdem Martin wieder eingestiegen war.
„Etwa dreißig Jahre“, meinte Martin, während er das Geld in die Taschen seiner Jacke stopfte. Es waren etwa dreitausend Euro.
„Was? So lange?“, fragte Christian erstaunt.
Martin grinste kopfschüttelnd. „Du hast wirklich nicht die geringste Ahnung. Ich muss dir noch eine Menge über dein künftiges Leben beibringen.“
Christian runzelte enttäuscht die Stirn. Mann, da hatte er geglaubt, die perfekte Methode gefunden zu haben, um Leute bequem abziehen zu können. Er stellte Martin noch weitere Fragen, aber der schloss nur die Augen und ignorierte ihn. Die nächste Zeit verbrachten sie wieder schweigend im Auto, und Christians G e danken wanderten zurück nach Berlin. Er fragte sich, was Richard jetzt so machte. Sein Verschwinden musste längst aufgefallen sein. Schade, dass er sein Handy wegwerfen musste. Es wäre interessant zu sehen, wie oft Richard bereits anger u fen hatte.
Sie fuhren über die Grenze nach Tschechien, und irgendwann ging es nur noch über schmale Landstraßen. Christian versuchte, dem Lageplan zu folgen, den er sich in einem Internetcafé ausgedruckt hatte. Er hatte ihn bereits in Berlin grün d lich studiert und dennoch Mühe, den Weg in der Dunkelheit zu finden. Dann, nachdem er das Ortsschild entdeckt hatte, schaffte er es doch noch, sich in dem kleinen, hässlichen Dorf zu verfahren. Endlich fand er die richtige Abbiegung und folgte einem schmalen Feldweg, vorbei an Weidezäunen. Etwa eine Stunde vor Sonnenaufgang erreichten sie das graue, unscheinbare Haus, das völlig abgeschi e den hinter einem kleinen Wäldchen lag.
Christian betrat das Haus zuerst. Er schaltete überall Licht ein und sah sich um. Hier also würde er zum Vampir gewandelt werden. Küche, Bad, Wohn- und zwei Schlafzimmer. Alles andere als luxuriös. Aber sauber und wegen der Abgeschi e denheit des Hauses für ihren Plan genau richtig, das sah er ein.
Sein Herz klopfte aufgeregt.
Martin überprüfte alle Jalousien und Vorhänge. Ihr Zustand schien ihn zufri e denzustellen.
„Hol die Sachen aus dem Kofferraum.“
Christian verzog spöttisch den Mund. Er war nicht Martins Leibeigener. Aber es war wohl besser, keinen Stress zu machen und zu gehorchen. Für eine Woche.
„Wozu brauchst du eigentlich Ketten, Schrauben und den ganzen Kram?“ Das hatte er sich schon gefragt, als er alles in einem Baumarkt hatte besorgen müssen.
„Das
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