Dezemberglut
besonders für Ellen. Und ich will nicht, dass Martin ungestraft davonkommt und woanders genauso weite r macht. Ihr müsst ihn wieder einsperren! Aber ich habe überhaupt keine Angst, dass mir etwas passieren könnte.“
Wieder dieser zweifelnde Blick.
„Wie geht es Richard?“, wechselte ich das Thema. Er musste völlig fertig sein und tat mir leid.
Damian schaute ungeduldig gen Himmel und hob die Schultern. Das schien ihm völlig egal zu sein. „Charis. Geht es dir wirklich gut?“
„Ja. Außerdem wird es Martin sowieso nicht wagen, hier zu bleiben. Bestimmt hat er bereits so viele Kilometer wie möglich zwischen sich und Berlin gebracht. Ich rufe Daniel an, damit er mich heute später nach Hause f ä hr t. Ich möchte E l len im Aeternitas besuchen.“
***
Die Autobahn war leer. Christian fuhr knapp über d er zulässige n Höchstg e schwindigkeit. Bloß nicht auffällig werden.
Sein Herz klopfte, und sein Mund war trocken vor Aufregung. Auf die Idee, Wasser zu kaufen, war er gar nicht gekommen. Er hatte Durst, wagte aber nicht, Martin zu fragen , ob er an einer Raststätte anhalten darf .
Martin saß neben ihm. Er hatte die Augen halb geschlossen und sich seit über einer Stunde nicht mehr bewegt. Das war verdammt unheimlich. Richard war ganz anders. Aber dieses Thema war durch. Endgültig, dafür hatte Christian heute selbst gesorgt. Wäre er bei der Gemeinschaft geblieben, hätte er noch jahrelang auf seine Wandlung zum Vampir warten müssen, denn Richard hatte sich gewe i gert, es zu tun. Es war ihm wichtiger gewesen, sich an die bescheuerten Regeln der Gemeinschaft zu halten.
Also hatte Christian eine andere Lösung gefunden und heimlich mit Martin ein Abkommen geschlossen. Ihn befreit. Sein Lohn würde die Wandlung sein. Er hatte alles bedacht: Martin hatte ihm sein Wort gegeben, danach nicht seine va m pirischen Kräfte gegen ihn einzusetzen, um ihn zu manipulieren , stattdessen dur f te Christian seiner Wege gehen . Martin würde seinen Teil der Vereinbarung ei n halten, daran zweifelte er nicht, denn Vampire waren Menschen gegenüber an ihr Wort gebunden.
Damit, dass Martin sofort nach seiner Befreiung zu Ellens Wohnung fahren w ürde , hatte Christian allerdings nicht gerechnet, und er war alles andere als ei n verstanden gewesen. Auch wenn Ellen ihm letztendlich mehr geschadet als g e nutzt hatte – schließlich hatte ihm eine einzige Indiskretion ihr gegenüber ein weiteres Jahr Wartezeit für die Wandlung beschert – was Martin mit ihr gemacht hätte, wollte er lieber gar nicht wissen. Er war jedenfalls froh, dass Ellen nicht zu Hause war. Allerdings hatte sich Martin, der sich um seine Rache an Ellen betr o gen fühlte, ihm gegenüber wie ein absoluter Arsch verhalten. Er hatte ihn nicht nur gebissen und ihm absichtlich Schmerzen zugefügt, sondern auch heftig bluten lassen.
Richard hätte sich nie so verhalten. Richard … Christian versuchte sich Richards Reaktion auszumalen, wenn der begreifen würde, was er getan hatte. Christian spürte ein leichtes Schuldgefühl, das aber schnell wieder verschwand . Triumph und Genugtuung waren größer. Richard würde leiden, vielleicht auch verzweifeln, und das geschah ihm recht. Richard liebte ihn, aber nicht genug.
Also hatte Christian sein Leben selbst in die Hand genommen. Wie so oft z u vor, und jede dieser Entscheidungen hatte ihn weitergebracht, angefangen mit dem Entschluss, die Schule hinzuwerfen und nach Berlin abzuhauen, wo er Richard kennenlernte.
Nun saß er in diesem Gebrauchtwagen, den er vor einer Woche heimlich g e kauft hatte, um seiner Wandlung entgegenzufahren.
Das Ferienhaus in Tschechien war angemietet, und bald würde Christian endlich das sein, was Richard und die Gemeinschaft ihm bereits viel zu lange vorenthalten hatten: Ein ewig schöner, unsterblicher und machtvoller Vampir.
Christian warf einen vorsichtigen Seitenblick auf Martin. Der hatte sein braunes Haar frisch gewaschen und mit einem Haargummi aus Ellens Badezimmer z u sammengebunden. Martin trug ein langärmeliges dunkles Shirt, Jeans und Co w boystiefel. Obwohl er bei seiner Wandlung noch ziemlich jung gewesen sein mus s te, hatte er etwas Ausgezehrtes an sich, eine Ausstrahlung von Unruhe und Unst e tigkeit, der er noch nie bei einem Vampir begegnet war – wobei er zugeben mus s te, dass er außer denen der Gemeinschaft nie welche kennengelernt hatte.
Martin war niemand, dem man vertrauen konnte. Dafür war Christians Me n schenkenntnis zu
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