DGB 01 - Aufstieg
ist. Keine Kultur, die sich auf einen derart tragischen
Wein begründet, sollte sich lange halten.«
»Sie hat sich fünftausend
Jahre gehalten, durch die gesamte Zeit der Alten Nacht«, sagte Keeler. »Ich
bezweifle, dass die Qualität ihres Weins ihr Überleben beeinflusst hat.«
Karkasy schenkte sich ein
Glas ein, nippte daran und runzelte die Stirn. »Ich kann nur sagen, dass den
Leuten hier die Alte Nacht viel länger vorgekommen sein muss, als sie
tatsächlich war.«
Euphrati Keeler schüttelte
den Kopf und wendete sich wieder ihrer Arbeit zu, die darin bestand, eine
tragbare Bildeinheit von sehr hoher Qualität zu reinigen und zu überholen.
»Und dann wäre da noch die
Sache mit dem Schweiß«, sagte Karkasy. Er setzte sich auf einen Ruhesessel,
legte die Füße hoch und stellte das Glas auf seiner breiten Brust ab. Er nippte
noch einmal, verzog das Gesicht und lehnte den Kopf an. Karkasy war ein großer
Mann und großzügig mit Fleisch gepolstert. Seine Kleidung war teuer und gut
geschneidert, um seiner Körperfülle zu schmeicheln. Das runde Gesicht wurde von
einem Schopf schwarzer Haare eingerahmt.
Keeler seufzte und blickte
von ihrer Arbeit auf. »Dem was?«
»Dem Schweiß, meine liebe
Euphrati, dem Schweiß! Ich habe die Astartes beobachtet. Sie sind sehr groß,
nicht? Ich will damit sagen, sehr groß in jeder Beziehung, in der man einen
Mann quantifizieren könnte.«
»Es sind Astartes, Ignace.
Was haben Sie erwartet?«
»Keinen Schweiß, das kann
ich Ihnen sagen. Nicht so einen schalen, durchdringenden Gestank. Schließlich
sind sie unsere unsterblichen Helden. Ich habe erwartet, dass sie besser
riechen. Dass sie duften wie junge Götter.«
»Ignace, ich habe keine
Ahnung, wie Sie Ihre Akkreditierung bekommen haben.«
Karkasy grinste. »Aufgrund
der Schönheit meiner Lyrik, meine Liebe, aufgrund meiner Meisterschaft im
Umgang mit Worten. Obwohl die sich hier als mangelhaft erweisen könnte. Wie
soll ich beginnen...?
Die Astartes bewahr'n uns
vor dem Versinken, Doch ach und weh, wie sehr sie doch stinken.«
Karkasy kicherte, zufrieden
mit sich. Er wartete auf eine Antwort, doch Keeler war mit ihrer Arbeit
beschäftigt.
»Verdammt!«, beklagte sich
Keeler und ließ ihre zierlichen Werkzeuge fallen. »Servitor? Komm her.«
Einer der wartenden
Servitoren stakste auf dünnen Kolbenbeinen zu ihr. Sie hielt ihm die
Bildeinheit hin. »Hier ist der Mechanismus verklemmt. Bring das zur Reparatur.
Und hol mir meine Reserve-Einheiten.«
»Sehr wohl, meine Dame«,
krächzte der Servitor und nahm das Gerät. Er entfernte sich. Keeler schenkte
sich ein Glas Wein aus dem Dekanter ein und lehnte sich an die Brüstung. Unter
ihr auf dem Unterdeck versammelten sich die meisten anderen Memoratoren der
Expedilion zum Mittagessen. Dreihundertfünfzig Männer und Frauen setzten sich
an förmlich gedeckte Tische und wurden von Servitoren bedient, die Getränke
herumreichen. Ein Gong ertönte.
»Ist das schon das
Mittagessen?«, fragte Karkasy aus seinem Ruhesessel.
»Ja.«
»Und wird es wieder von
einem der verdammten Iteratoren moderiert?«, fragte er weiter.
»Ja. Schon wieder
Sindermann. Das Thema ist die Verbreitung der lebendigen Wahrheit.«
Karkasy lehnte sich wieder
zurück und tippte gegen sein Glas.
»Ich glaube, ich nehme das
Mittagessen hier ein«, sagte er.
»Sie sind ja ein ganz
Schlimmer, Ignace«, lachte Keeler.
»Aber ich glaube, ich leiste
Ihnen dabei Gesellschaft.«
Keeler setzte sich auf die
Chaiselongue ihm gegenüber und lehnte sich zurück. Sie war hoch gewachsen, zartgliederig
und blond und hatte ein blasses, schmales Gesicht. Sie trug klobige
Armeestiefel und eine Drillichhose, dazu eine schwarze Kampfjacke, die offen
stand und ein weißes Unterhemd zeigte wie bei einem Offizierskadetten, aber
gerade das Maskuline an ihrer Kleidung ließ ihre feminine Schönheit umso
deutlicher hervortreten.
»Ich könnte ein ganzes Epos
über Sie schreiben«, sagte Karkasy, während er sie anstarrte.
Keeler schnaubte. Es war zu
einer täglichen Routine für ihn geworden, einen Annäherungsversuch zu
unternehmen.
»Ich habe es Ihnen schon
mehrfach gesagt: Ich bin an Ihren erbärmlichen, ungeschickten Avancen nicht
interessiert.«
»Mögen Sie keine Männer?«,
fragte er, indem er den Kopf auf die Seite legte.
»Warum?«
»Sie kleiden
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