DGB 01 - Aufstieg
präzise gesetzten Antworten zur
Begeisterung aufpeitschen oder auch eine Meute gegen den Redner einnehmen und
aufwiegeln. Iteratoren mischten sich oft unter das Publikum, um die Wirkung des
tatsächlich sprechenden Kollegen zu verstärken.
Sindermann wendete sich ab,
als sei er fertig, und fuhr dann wieder herum, als das Klatschen leiser wurde,
die Stimme noch leiser und noch durchdringender. »Aber was ist mit dem Glauben
an sich? Der Glaube an sich bleibt, auch wenn die Religion verschwunden ist.
Trotz allem müssen wir noch an etwas glauben, nicht wahr? Und zwar an
Folgendes: Der eigentliche Zweck der Menschheit besteht darin, die Fackel der
Wahrheit in die Höhe zu halten und mit ihr auch die dunkelsten Flecken zu
erleuchten. Unser forensisches, unversöhnliches, befreiendes Verständnis mit
den düstersten Weiten des Kosmos' zu teilen. Die durch Unwissenheit Gefesselten
zu emanzipieren. Uns und andere von falschen Göttern zu befreien und unseren
Platz im Scheitelpunkt denkenden Lebens einzunehmen. Darin... darin können
wir unseren Glauben einfließen lassen. Dafür können wir unseren
grenzenlosen Glauben einspannen.«
Mehr Jubel und Beifall. Er
kehrte aufs Podium zurück. Er stützte die Hände auf den hölzernen
Begrenzungsrahmen des Rednerpults. »In diesen letzten Monaten haben wir eine
ganze Kultur vernichtet. Machen wir uns nichts vor... wir haben sie nicht zur
Räson gebracht oder gefügig gemacht. Wir haben sie besiegt. Ihr das
Rückgrat gebrochen. Sie in Brand gesteckt. Das weiß ich, weil ich weiß, dass
der Kriegsmeister seine Astartes geschickt hat. Seien Sie nicht schüchtern in
Bezug auf ihre Tätigkeit. Sie sind Schlächter, aber sanktioniert. Ich sehe
gerade einen, einen edlen Krieger, ganz hinten im Saal sitzen.«
Gesichter wendeten sich Loken
zu. Es gab eine Andeutung von Applaus.
Sindermann fing heftig an zu
klatschen. »Das können Sie besser. Er hat jedenfalls Besseres verdient!«
Lauter, wachsender Applaus stieg zur Decke des Saals empor.
Loken erhob sich und nahm
ihn mit einer verlegenen Verbeugung entgegen.
Der Applaus legte sich. »Die
Seelen, die wir gerade erobert haben, glaubten an ein Imperium, an eine
Herrschaft der Menschheit«, sagte Sindermann, als das letzte Klatschen verhallt
war.
»Nichtsdestoweniger haben
wir ihren Imperator getötet und zur Unterwerfung gezwungen. Wir haben ihre
Städte verbrannt und ihre Kriegsschiffe zerstört. Haben wir auf ihr
>Warum?< keine andere Antwort als ein schwaches >Ich habe recht, also
hast du unrecht« Er schaute wie in Gedanken versunken zu Boden.
»Und doch stimmt es. Wir haben recht. Sie haben unrecht. Ihnen diesen schlichten, sauberen Glauben
zu lehren, das müssen wir uns vornehmen. Wir haben recht. Sie haben unrecht.
Warum? Nicht, weil wir es sagen. Sondern weil wir es wissen! Wir sagen
nicht >Ich habe recht und du hast unrecht<, weil wir sie im Kampf besiegt
haben. Wir müssen es verkünden, weil wir wissen, dass es die
verantwortungsvolle Wahrheit ist. Wir können nicht, sollten nicht, werden nicht
diese Idee aus einem anderen Grund verbreiten als dem, dass wir wissen, ohne
Zögern, ohne Zweifel, ohne Vorurteil, dass sie der Wahrheit entspricht, und auf
dieser Wahrheit begründen wir unseren Glauben. Sie haben unrecht. Ihre
Kultur war auf Lügen errichtet. Wir haben ihnen die scharfe Schneide der
Wahrheit gebracht und sie erleuchtet. Auf dieser Grundlage, und nur auf dieser
Grundlage, machen Sie sich auf und iterieren Sie unsere Botschaft.«
Er musste warten, lächelnd,
bis sich der Aufruhr gelegt hatte. »Ihr Mittagessen wird kalt. Wegtreten.«
Die Iterator-Studenten
strömten langsam aus dem Saal.
Sindermann trank noch einen
Schluck Wasser aus dem Glas auf seinem Rednerpult und marschierte dann die
Stufen vom Podium zu dem Platz empor, wo Loken saß.
»Haben Sie etwas gehört, das
Ihnen gefallen hat?«, fragte er, während er sich neben Loken setzte und die
Röcke seiner Gewänder glattstrich.
»Sie klingen wie ein
Schausteller. Oder ein Verkäufer auf einem Jahrmarkt, der seine Waren
anpreist.«
Sindermann zog eine
pechschwarze Augenbraue hoch. »Manchmal, Garviel, fühle ich mich auch ganz
genau so.«
Loken runzelte die Stirn.
»Dass Sie nicht an das glauben, was Sie verkaufen?«
»Tun Sie es?«
»Was verkaufe ich?«
»Glauben, durch Mord.
Wahrheit, durch Kampf.«
»Es ist nur Kampf. Er hat
keine andere Bedeutung als
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