DGB 02 - Falsche Götter
ich helfen ...« Dann unterbrach er sich, als er Euphrati Keeler erkannte. Die Veränderung seit ihrer letzten Begegnung war bemer kenswert. Anstatt ihrer üblichen Garderobe aus Stiefeln und Drillich trug sie jetzt die beige Robe einer weibli chen Memoratorin, und das lange Haar war einem be scheidenen Kurzhaarschnitt gewichen.
Wenngleich offenkundig femininer, stellte Karkasy enttäuscht
fest, dass ihm die Veränderung nicht gefiel und er ihre aggressivere Erscheinung dem seltsam geschlechts losen Eindruck vorzog, den diese Gewandung erzeugte.
»Euphrati? Bist du das?«
Sie nickte nur und sagte: »Ich suche Hauptmann Lo ken. Hast du ihn heute schon gesehen?«
»Loken? Nein. Oder doch, ja, aber auf Davin. Willst du dich zu uns setzen?«, fragte er, ohne den giftigen Blick zu beachten, den Wenduin ihm zuwarf.
Seine Hoffnung auf Rettung zerschlug sich, als Euph rati den Kopf schüttelte. »Nein danke. Das hier ist ei gentlich nichts für mich.«
»Für mich auch nicht, aber jetzt bin ich nun mal hier«, lächelte Karkasy, »Bist du sicher, dass ich dich nicht
mit einem Glas Wein
oder einem Spielchen in Versuchung führen kann?«
»Ich bin sicher, aber trotzdem danke. Wir sehen uns, Ignace, und ich wünsche eine gute Nacht«, sagte Keeler mit einem wissenden Lächeln.
Karkasy antwortete mit einem schiefen Grinsen und sah ihr nach, wie sie von Nische zu Nische ging, bevor sie die Zuflucht schließlich verließ.
»Wer war das?«, fragte Wenduin, und Karkasy war amüsiert
über die professionelle Eifersucht in ihrer Stimme.
»Das
war eine sehr gute Freundin von mir«, sagte Karkasy
und genoss den Klang der Worte.
Wenduin nickte brüsk. »Hör mal, willst du jetzt mit mir ins Bett oder nicht?«, fragte sie, indem sie
jegliche Vorspiegelung echten Interesses an ihm aufgab.
Karkasy lachte. »Ich bin ein Mann. Natürlich will ich.«
»Und du wirst Hauptmann Loken von mir erzäh len?«
Wenn du so eine Granate bist, wie behauptet wird, kannst du dich darauf verlassen, dachte er. »Ja, meine Teuerste, natürlich.« Da fiel ihm ein gefaltetes Blatt Papier vor
der Nische auf. Lag
es schon länger dort? Er konnte sich nicht erinnern. Während Wenduin aufstand und aus der Nische glitt, hob er das Blatt auf und faltete es
auseinan der. Ganz oben
war ein Symbol, ein langes großes »I« und einer Sonne mit Halo in der Mitte. Er hatte keine Ahnung, was es bedeutete, und las in dem Glauben, es könne sich um das weggeworfene Gekritzel eines ande ren Memorators handeln.
Diesen Glauben verlor er jedoch schon nach wenigen Worten.
»Der Imperator der Menschheit ist das Licht und der Weg, und alle seine Handlungen sind zum Wohle der Menschheit, die sein Volk ist. Der Imperator ist Gott und Gott ist der
Imperator, so wird es hier gelehrt, in ...«
»Was ist das?«, fragte Wenduin.
Karkasy ignorierte sie, schob das Blatt in die Tasche und verließ die Nische. Er sah sich in der Zuflucht um
und entdeckte mehrere identische Pamphlete auf ver schiedenen Tischen in dem Saal. Jetzt war er überzeugt, dass das Blatt vor Euphratis Besuch noch nicht da ge wesen war, und er ging durch die Bar und sammelte dabei so viele der eselsohrigen Blätter ein, wie er
finden konnte.
»Was machst du denn?«, wollte Wenduin wissen, die mit ungeduldig vor der Brust verschränkten Armen be obachtete.
»Verpiss
dich!«, fauchte Karkasy sie auf dem Weg zum
Ausgang an. »Such dir einen anderen Trottel, den du verführen kannst. Ich habe keine Zeit.«
Wäre er nicht so beschäftigt gewesen, hätte er den
Ausdruck ihrer Überraschung vielleicht sogar genos sen.
Ein paar Minuten später stand Karkasy vor Euphrati Keelers Quartier, tief im Labyrinth der Niedergänge und tropfenden Korridore des Wohndecks. Ihm fiel auf, dass das Symbol von dem Pamphlet in das Schott neben ihrem Quartier geritzt war, und er hämmerte mit der Faust auf ihre Jalousie, bis sie sich endlich öffnete.
Der Geruch nach
Duftkerzen drang in den Korridor.
Sie lächelte, und er wusste, dass sie ihn erwartet hatte.
»Lectitio Divinitatus?«, fragte er, indem er den Stapel
Pamphlete in die Höhe hielt, den er in der Zuflucht ge sammelt hatte. »Wir müssen reden.«
»Ja, Ignace, das müssen wir«, sagte sie, indem sie sich umdrehte und ihn an der Schwelle stehen ließ. Er folgte ihr hinein.
Horus' private Gemächer waren überraschend bescheiden,
dachte Petronella, schlicht und funktionell und mit nur wenigen Gegenständen eingerichtet, die man als persönlich betrachten
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