DGB 03 - Brennende Galaxis
Choralstadt war prachtvoll.
Sie war ein Meisterwerk der Architektur; Licht und Raum waren so
wundervoll verteilt, dass Peeter Egon Momus den Kriegsmeister angefleht hatte,
keinen allzu brutalen Angriff zu führen. Die Stadt war um Jahrtausende älter
als das Imperium, das sie sich im Namen des Imperators einverleiben wollte, und
schon bald würden sich die Stadtviertel und Straßen in blutige Schlachtfelder
verwandeln.
Während der Moloch der Unterwerfung aus der Galaxis einen sterilen,
weltlichen Ort gemacht hatte, war die Choralstadt eine Stadt der Götter
geblieben.
Der Kantorenpalast, eine schwindelerregende Schöpfung aus glänzenden
marmornen Blättern und Bögen, die in der Sonne funkelten, öffnete sich wie eine
gewaltige steinerne Orchidee zum Himmel, und der polierte Granit der reichsten
Stadtviertel umgab diese Blüte wie eine Schar aus Anbetern. Momus hatte den
Palast als eine Hymne an die Macht und den Ruhm beschrieben, als ein Symbol des
göttlichen Rechts, das über Isstvan-III herrschen sollte.
Weit entfernt vom Palast und damit von der architektonischen Perfektion
der Choralstadt erstreckten sich auf zahlreichen Ebenen die Wohnbezirke.
Unzählige Fußwege und Brücken aus Glas und Stahl überspannten die Alleen und
Boulevards, die sich wie Canyons durch das Häusermeer zogen, in dem sich das
Leben abspielte.
Das industrielle Zentrum der Stadt reckte sich stählernen Skeletten
gleich an die östliche Gebirgskette angelehnt empor und stieß dichte
Rauchwolken aus. Dort wurden die Waffen für die Armeen hergestellt. Der Krieg
war auf dem Vormarsch, und jeder Isstvanier musste bereit sein zu kämpfen.
Doch kein Anblick in der Choralstadt konnte es mit der Sirenenfeste
aufnehmen.
Nicht einmal der prachtvolle Palast war in der Lage, die Sirenenfeste
in den Schatten zu stellen, deren hoch aufragende Mauern die Choralstadt mit
ihren imposanten Dimensionen definierten. Die brutalen Brustwehre ließen alles andere
winzig erscheinen, und neben dem heiligen Bauwerk wirkten selbst die
schneebedeckten Berggipfel nichtssagend und winzig. Innerhalb der Mauern ragten
gewaltige Türme in den Himmel empor, die mit monumentalen Skulpturen überzogen
waren, um die Isstvanischen Legenden und Mythen früherer Zeiten zu erzählen.
Diese Legenden berichteten davon, dass Isstvan selbst durch seinen
Gesang diese Welt erschaffen hatte und dass diese Musik heute in den gesegneten
Kriegssängern weiterlebte. Und sie erzählten, wie er zahllose Kinder in die
Welt setzte, mit denen er in den ersten Zeitaltem eben diese Welt bevölkerte.
Aus ihnen wurden Tag und Nacht, Berge und Ozeane, tausend Legenden, deren Atem
man zu jeder Zeit an jedem Tag in der Choralstadt spüren konnte.
Düstere Gravuren erzählten von den Verlorenen Kindern, jenen Söhnen und
Töchtern, die ihren Vater im Stich gelassen hatten und in die höllische Einöde
auf dem fünften Planeten verbannt worden waren, wo aus ihnen Ungeheuer wurden,
die vor Eifersucht brannten und schwarze Festungen errichteten, in denen sie
über ihre Vertreibung aus dem Paradies brüten konnten.
Krieg, Verrat, Offenbarung und Tod — all das zog sich in endlosen
mythischen Kreisen um die Sirenenfeste, deren Bedeutung so schwer wog, dass sie
die Choralstadt auf dem Boden von Isstvan-III festhielten und jeden Bewohner
mit seinem heiligen Ziel erfüllten.
Es hieß, dass die Götter von Isstvan-III in der Sirenenfeste schliefen
und in den Alpträumen von Kindern und Alten flüsternd von ihren mörderischen
Plänen erzählten.
Eine Weile waren die Mythen und Legenden so fern geblieben wie früher.
Doch jetzt bewegten sie sich zwischen den Bewohnern der Choralstadt hindurch,
und jeder Windhauch verkündete mit einem Kreischen, dass die Verlorenen Kinder
zurückgekehrt waren.
Ohne den Grund zu kennen und ohne nachzufragen, hatte sich die
Bevölkerung von Isstvan-III bewaffnet und alle Befehle von Vardus Praal
befolgt, um ihre Stadt zu verteidigen. Eine Armee gut ausgerüsteter Soldaten
erwartete die Invasion, deren Eintreffen ihnen über einen langen Zeitraum
hinweg versprochen worden war. Diese Invasion sollte in den westlichen Marschen
der Stadt beginnen, wo die Kriegssänger mit ihren Liedern ein großartiges Netz
aus Gräben geschaffen hatten.
In den glänzenden Canyons der Stadt waren Artilleriegeschütze
aufgestellt worden, deren Mündungen nach Westen wiesen.
Sie sollten alle Invasoren in Grund und Boden schießen, bevor die auch
nur die Nähe der Gräben erreichen
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