DGB 04 - Kreuzer Eisenstein
Decius, der sich
mit seiner Energiefaust beschäftigte und den überdimensionierten
Panzerhandschuh mit einem dicken Tuch reinigte.
»Unser taktisches Vorgehen auf
der Flaschenwelt sah keinen Nahkampf vor, Solun«, merkte er an. »Sie führen aus
gutem Grund einen Bolter mit sich.«
»Wenn Sie gestatten, Hauptmann.
Ich musste mir diese Predigt heute bereits von Bruder Sendek anhören. Er ließ mich
sehr ausschweifend und bis ins letzte Detail wissen, in welchen Punkten ich
mich nicht an die Gefechtsregeln gehalten habe.«
»Verstehe«, meinte Garro und
setzte sich neben ihn auf die Bank.
»Und was haben Sie darauf erwidert?«
Der junge Krieger lächelte.
»Ich sagte ihm, ob Regeln oder nicht, wir leben beide noch, und der Sieg ist
der einzig wahre Maßstab für den Erfolg.«
»Ist das wahr?«
»Selbstverständlich!« Mit
großer Sorgfalt reinigte er weiter die Energiefaust. »Was im Krieg mehr zählt
als alles andere, ist das Ergebnis. Wenn es keinen Sieg gibt ...«
Er unterbrach sich und suchte
kurz nach den richtigen Worten.
»... dann hat alles andere
keinen Sinn.«
Andus Hakur rieb sich über sein
stoppeliges graues Kinn. »Solche taktischen Weisheiten aus dem Mund eines Welpen.
Ich fürchte, ich werde vor Erstaunen noch ganz übermütig.«
Decius warf dem alten Veteran
einen zornigen Blick zu, doch Garro ging dazwischen, lachte sanft und
entschärfte die Situation.
»Sie müssen Andus verzeihen,
Solun. In seinem Alter ist die spitze Zunge seine einzige Waffe, die er noch
mit Erfolg handhaben kann.«
Hakur fasste sich an die Brust.
»Oh, ein Pfeil in meinem Herzen, abgefeuert von meinem eigenen Hauptmann. Was
für eine Tragödie.«
Garro wahrte sein Lächeln,
obwohl er unter der aufgesetzten Fröhlichkeit seines alten Freundes Erschöpfung
und Schmerz spürte. Hakur hatte auf dem Weltenschiff etliche Männer aus seinem
Trupp verloren, und der Verlust war noch zu gegenwärtig.
»Wir haben heute alle gut gekämpft«,
erklärte er, ohne sich seiner Worte wirklich bewusst zu sein. »Wieder einmal
war die Death Guard das Werkzeug, das den Willen des Imperators in der Galaxis
in die Tat umsetzt.«
Keiner der anderen Astartes
sagte etwas, alle schwiegen abrupt und sahen über Garros Schulter. Als der sich
umdrehte, knieten sich die Angehörigen der Siebten Kompanie wie ein Mann hin.
»Mein Gefechtshauptmann.«
Es beunruhigte Garro, dass er
den Primarchen nicht einmal gehört hatte. Wie zuvor im Versammlungssaal, unmittelbar
vor dem Angriff, machte sich Mortarion nur dann bemerkbar, wenn ihm der Sinn
danach stand.
Garro verbeugte sich tief,
während er flüchtig wahrnahm, dass sich Typhon an der Seite seines Lords befand
und sich hinter dem Ersten Hauptmann ein Servitor aufhielt.
»Milord«, erwiderte er.
Mortarion verzog den Mund zu
einem kühlen Lächeln, das sogar hinter dem Atemkragen um seinen Hals und vor
den Lippen zu sehen war. »Die Schwesternschaft hat uns verlassen. Sie war voll
des Lobs über die Siebte.«
Garro wagte es, den Blick ein
wenig zu heben. Wie er selbst trug auch der Primarch nicht mehr seine Rüstung
aus Messing und Stahl, sondern ein gewöhnliches Dienstgewand zu eher
zweckmäßiger Kleidung. Aber auch in so schlichter Garderobe war seine Präsenz
nicht zu übersehen. Er war groß und hager, seine Muskeln waren wie aus sehnigem
Stahl geschmiedet, und in seinen ganz normalen Stiefeln ragte er so hoch auf
wie Typhon, wenn der die Terminator-Rüstung der Ersten Kompanie trug.
Und natürlich war da ja auch
noch die Pestsense. Der Bogen der schweren schwarzen Waffe, die er in einer Scheide
auf dem Rücken trug, zeichnete sich hinter seinem Kopf als dunkle Silhouette
ab.
»Stehen Sie bitte auf, Nathaniel.
Es ermüdet mich, immerzu den Blick zu senken, wenn ich meine Männer ansehe.«
Garro richtete sich zu voller
Höhe auf, schaute dem Primarchen in die Augen, die die Farbe von dunklem Bernstein
hatten, und zwang sich, nicht zurückzuweichen. Mortarions Blick bohrte sich
tief in Garros Augen, und es kam ihm vor, als halte der Primarch sein Herz in den
langen, schmalen Fingern, um abzuwägen und zu überlegen.
»Sie sollten vorsichtig sein,
Typhon«, sagte der Death Lord.
»Dieser dort wird eines Tages
Ihren Platz einnehmen.«
Der stets finster
dreinblickende Typhon verzog nur den Mund.
Vor sich sah Garro den Ersten
Hauptmann, den Primarchen und am Rande seines Gesichtsfelds die Zwillingswachen
der Deathshroud, was ihm das Gefühl gab, sich am Grund eines Brunnens
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