DGB 04 - Kreuzer Eisenstein
»Wenn ich aufrecht stehe,
heilt das besser.«
Temeter warf einen kurzen Blick
zur Krankenstation, wo Voyen schweigend wartete. Er atmete tief durch.
»Was macht das Bein, Nathaniel?«
Garros Gesicht nahm eine
leichte Graufärbung an, als er nach unten sah. Sein rechtes Bein war
missgestaltet und wirkte völlig fehl am Platz. Es war kein Bein aus starken
Muskeln, Sehnen und Knochen — stattdessen befand sich dort ein skelettartiges Konstrukt
aus Stahl und polierten Messingplatten, die die Formen von Ober- und
Unterschenkel nachahmen sollten.
Dieses augmetische Bein war von
höchster Qualität, dennoch bescherte der Anblick einem zufälligen Betrachter
einen Schock.
Widerstreitende Empfindungen
zeichneten sich in Garros Gesichtszügen ab. »Es wird genügen. Die Chirurgen sagen,
dass die Nervenverschmelzung ohne Komplikationen verlaufen ist. Laut Bruder
Voyen werde ich es nach einer Weile gar nicht mehr bewusst wahrnehmen.«
Temeter hörte die kaum
verhüllte Skepsis heraus, ging aber nicht darauf ein. »Das ist der
Gefechtshauptmann, den ich kenne. Welcher andere Mann lässt sich schon auf dem
Schlachtfeld ein gehöriges Stück abschneiden und bekommt vom Kämpfen dennoch
nicht genug?«
Garros reagierte mit einem
schwachen Lächeln, dann erklärte er mit etwas festerer Stimme: »Ich hoffe, das
wird schon bald der Fall sein. Sag mir, Bruder, was habe ich während meiner
Heilung verpasst? Habe ich verschlafen, wie Isstvan befriedet und der Große
Kreuzzug zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht wurde?«
»Keineswegs.« Temeter bemühte
sich um einen lockeren Plauderton, obwohl nicht zu übersehen war, in welche
Richtung Nathaniel das Gespräch zu lenken versuchte.
»Die Befehle des Kriegsmeisters
wurden von Lord Mortarion an uns weitergegeben. Die Flotte befindet sich derzeit
im Orbit um Isstvan III. Alle Orbitalstationen der Verräter wurden von den
Raven-Geschwadern zerstört, und von den Schiffen, denen wir im System begegnet sind,
existieren nur noch Wracks. Der Himmel gehört jetzt Horus.«
»Und der Angriff auf die
Choralstadt? Wenn du hier bist, darf ich annehmen, dass der erst noch
bevorsteht.«
»Schon bald, Bruder. Der
Kriegsmeister selbst hat die Männer ausgewählt, die die Speerspitze gegen
Vardus Praals Streitmächte bilden werden.«
Garro stutzte. »Horus hat die
Einheiten ausgewählt? Das ist ... untypisch. Normalerweise ist das die Aufgabe des
Legionsmeisters.«
»Er ist der Kriegsmeister«,
erwiderte Temeter mit einem Anflug von Stolz. »Untypisch zu handeln, ist sein
gutes Recht.«
»Er hat deine Einheit
ausgewählt, richtig?«, fragte Garro.
»Kein Wunder, dass du so
strahlst. Ich freue mich schon darauf, so bald nach dem Jorgall-Angriff wieder
an deiner Seite kämpfen zu können.«
Damit hatte er es
ausgesprochen. So sehr sich Temeter auch bemühte, sich nichts anmerken zu
lassen, wusste er doch, es war ihm nicht gelungen. Und Nathaniel war diese
Reaktion nicht entgangen.
Garros Lächeln fror ein. »Oder
etwa nicht?«
»Nathaniel«, begann er
seufzend. »Ich dachte, ich sollte derjenige sein, der es dir sagt, bevor dieser
Trottel Grulgor auf die Idee kommt. Die Apothekarii betrachten dich noch nicht
als völlig geheilt, und aus dem Grund ist es dir nicht gestattet, an
Kampfeinsätzen teilzunehmen. Dein Kommando ist bis auf weiteres eingeschränkt.«
»Eingeschränkt.« Voller
Verachtung spie Garro das Wort aus und warf Voyen einen wütenden Blick zu,
woraufhin der sich umdrehte und wegging. »Wird meine Tauglichkeit so
eingeschätzt? Als eingeschränkt?«
»Jetzt sei nicht launisch«, herrschte
Temeter ihn an. »Und lass deine Wut nicht an Voyen aus. Er kommt nur seiner
Pflicht gegenüber der Legion nach, und auch dir gegenüber. Wenn du jetzt
versuchen würdest, die Siebte Kompanie zu führen, liefest du Gefahr zu
scheitern, und ein solches Risiko kann die Death Guard nicht eingehen. Du wirst
dich nicht nach Isstvan III begeben, Nathaniel. Dieser Befehl kommt direkt vom
Ersten Hauptmann Typhon.«
»Calas Typhon kann mich an
meinem Schwertheft lecken«, knurrte Garro, und Temeter sah, dass sein Leibwächter
erschrak.
Offenbar hätte er keine solche
Äußerung aus dem Mund des sonst so stoischen Hauptmanns erwartet. »Lass mich
raus aus diesem geschmückten Käfig«, fuhr er fort und löste die Verbindungen
der medizinischen Überwachungsgeräte und die Schläuche zu den Flaschen.
»Nathaniel, warte.«
Mit einem angestrengten Knurren
erhob sich Garro von seinem Platz und
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