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DGB 06 - Gefallene Engel

DGB 06 - Gefallene Engel

Titel: DGB 06 - Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mitchel Scanlon
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nickte und folgte
zielstrebig, aber behutsam dem Pfad, der von den Kerzen vorgegeben wurde.
    »Auch wenn unser Orden nicht
annähernd so alt ist wie viele der anderen Ritterorden auf Caliban, haben sich
im Verlauf seiner Geschichte zahlreiche Traditionen und Gebräuche
herausgebildet. Ich bin der Lord Cypher des Ordens. Ist dir klar, was das
bedeutet?«
    »Ja«, bestätigte Zahariel. »Von
dem Mann, der die Rolle des Lord Cypher innehat, wird erwartet, dass er über
die Einhaltung dieser Traditionen und Gebräuche wacht. Er stellt sicher, dass
die Rituale des Ordens nicht in Vergessenheit geraten, und er berät in Fragen
des Protokolls. Außerdem waltet er bei Zeremonien seines Amtes.«
    »Und mein Name, Junge? Kennst du
meinen Namen?«
    »Nein, mein Lord.«
    »Warum nicht?«
    »Weil es verboten ist, Ihren
Namen zu kennen.«
    »Warum?«
    Zahariel hielt inne. »Das ...
das weiß ich nicht. Ich weiß nur, dass der Mann, der den Posten des Lord Cypher
bekleidet, unter keinen Umständen mehr mit seinem wahren Namen angesprochen
werden darf, sobald er in dieses Amt aufgestiegen ist. Warum das so ist, weiß
ich nicht.«
    »In der Tat. Dabei ist das
Warum oft die interessanteste von allen Fragen, aber oft auch die Frage, die niemand
stellt. Wo, wann, wie und was sind nur Beiwerk. Das Warum dagegen ist fast
immer das Wichtigste. Meinst du nicht auch?«
    Zahariel nickte, während er
weiter dem Verlauf der Spirale folgte.
    »Ja, das meine ich auch.«
    »Ich trage eine ganze Reihe
mystischer Titel: Meister der Mysterien, Hüter der Wahrheit, Herr der
Schlüssel. Oder einfach nur: Lord Cypher. Weißt du, warum das so ist, Junge?«
    »Nein, mein Lord. Das ist
etwas, das beim Orden schon immer so war.«
    »Ganz genau«, sagte Lord
Cypher. »Das ist etwas, das beim Orden schon immer so war. Der Wert der
Tradition ist das, was uns führt, auch wenn man die wahren Gründe dafür längst
vergessen hat. Überzeugungen und Maßnahmen, die für uns in der Vergangenheit
von Nutzen waren, werden uns auch in der Gegenwart und der Zukunft helfen. Ich
habe diesen Posten seit über zwanzig Jahren inne, und obwohl er normalerweise
mit einem altehrwürdigen Ritter des Ordens besetzt wird, wurde ich als junger
Mann dafür ausgewählt, weil man sich erhoffte, dieses Amt mit neuem Leben zu
erfüllen. Vor allem anderen ist es meine Aufgabe, die Gebräuche des Ordens als
lebende Tradition zu wahren und zu verhindern, dass sie zu verknöcherten
Relikten einer fernen Vergangenheit verkommen.«
    Zahariel lauschte der Stimme
des alten Mannes, die eine hypnotische Wirkung auf ihn ausübte, während er dem
Verlauf der Spirale folgte. Schon bald würde er vor dem Mann stehen, da der Weg
immer engere Bahnen zog.
    »Und doch ist meine Rolle von
Widersprüchen geprägt«, fuhr Lord Cypher fort. »Es handelt sich um eines der
höchsten Ämter innerhalb des Ordens, und doch besitze ich kaum reale Macht.
Meine Funktion als Hüter der Tradition ist in vielerlei Hinsicht nur
symbolisch. Wenn dem so ist, wer hat dann die tatsächliche Macht über den
Orden? Schnell, Junge, bevor du die Mitte erreicht hast.«
    Zahariel zwang sich dazu, sich
auf die Frage zu konzentrieren und die möglichen Antworten durchzugehen,
während seine Schritte ihn weiter auf den Mittelpunkt der Spirale zuführten.
Der Löwe und Luther schienen infrage zu kommen, doch dann fiel ihm etwas ein,
das Bruder Amadis einmal gesagt hatte. »Es sind die Instruktoren, Männer wie
Meister Ramiel, die die Gebräuche des Ordens am Leben erhalten.«
    »Gut«, erwiderte Lord Cypher.
    »Und worin liegt dann meine
Macht?«
    »Dass Sie den ranghöchsten Meistern
des Ordens nahestehen?«, überlegte er, als er vor Lord Cypher stehen blieb.
»Ihre Ansicht in einer Angelegenheit findet bei denen, die die Macht besitzen,
stets Gehör.«
    »Sehr gut.« Lord Cyphers
Gesicht war im Schatten seiner Kapuze verborgen. »Du hast kurz und knapp geantwortet,
und das ist gut so. Es würde dich verwundern, wenn du wüsstest, wie viele
Kandidaten unentwegt drauflosreden, während sie diesen Weg zurücklegen.«
    »Vermutlich aus Nervosität«,
sagte Zahariel.
    »Ganz genau«, stimmte Lord Cypher
zu.
    »Nervosität bringt Männer dazu,
immer weiter zu reden, obwohl es mehr beeindrucken würde, sie wüssten um den
Wert der Stille und wären in der Lage, dieses Wissen in die Tat umzusetzen.
Deine wortkarge Art verlieh dir eine selbstbewusste Aura, auch wenn ich wusste,
dass du gar nicht selbstbewusst warst.«
    Damit hatte Lord

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