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DGB 06 - Gefallene Engel

DGB 06 - Gefallene Engel

Titel: DGB 06 - Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mitchel Scanlon
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schmal war und zu sehr in die Höhe ragte,
um bei einer Belagerung des Ordens irgendeine Rolle spielen zu können. Er
eignete sich allenfalls für einen scharfsichtigen Wachposten oder einen
Sterndeuter.
    Es war eine wolkenlose Nacht,
und der Himmel über Zahariel war eine vollkommen schwarze, mit Tausenden
winzigen Lichtpunkten besetzte Kuppel. Als er sich die verschiedenen
Sternbilder ansah, überkam ihn ein so intensives Gefühl von innerem Frieden,
dass er darüber völlig seine Erschöpfung vergaß.
    Er vermutete, dieses Gefühl war
aus Zufriedenheit entstanden.
    Jahrelang hatte er seinen
ganzen Willen und all seine Energie in die Hoffnung gesteckt, eines Tages Ritter
zu werden. Heute Nacht konnte er diesem Ziel einen Schritt näher kommen.
    »Die Sterne zu betrachten, ist
eine gute Sache«, sagte der Löwe und setzte dem langen Schweigen ein Ende. »In
Zeiten wie diesen muss ein Mann eine Bestandsaufnahme seines Lebens vornehmen. Ich
finde, das geht am besten, wenn man über sich nur die Sterne hat.«
    Der Löwe lächelte ihn auf eine
Weise an, die Zahariel geradezu blendete.
    Es war klar, dass der Löwe ihm
die Nervosität nehmen wollte, aber für Zahariel war es so gut wie unmöglich,
sich mit ihm zu unterhalten wie mit einem beliebigen anderen Menschen. Jonson
war zu gewaltig, zu beeindruckend.
    Seine außergewöhnliche Präsenz
konnte man ebenso wenig ignorieren wie Wind oder Regen oder den Wechsel
zwischen Tag und Nacht. Der Löwe hatte etwas Elementares an sich.
    Lion El'Jonson war die
Apotheose aller Menschheitsträume, die Vollkommenheit in Menschengestalt, wie das
erste Exemplar einer neuen menschlichen Rasse.
    »Die Säuberung des Waldes tritt
in die letzte Phase ein, Zahariel. Wusstest du das?«
    »Nein, mein Lord. Ich hatte
gedacht, der Feldzug würde noch eine Weile andauern.«
    »Keineswegs«, sagte der Löwe
und zog die Augenbrauen leicht zusammen. Zahariel wusste nicht, ob aus Belustigung
oder Nach-denklichkeit. »Unseren sorgfältigsten Schätzungen zufolge gibt es nur
noch ungefähr ein Dutzend Bestien, auf keinen Fall mehr als zwanzig. Sie halten
sich in der Norderwildnis auf, alle übrigen Regionen auf Caliban sind von ihnen
befreit worden. Nur noch die Norderwildnis ist übrig.«
    »Aber das würde ja bedeuten,
dass der Feldzug fast vorüber ist.«
    »Fast«, betonte Jonson. »Das
Ganze wird noch mindestens drei Monate in Anspruch nehmen. Dann wird Caliban
ein für alle Mal von den großen Bestien befreit sein. Weißt du übrigens, dass
Amadis darum gebeten hat, dich in die Annalen des Ordens aufzunehmen, da du
mitgeholfen hast, eine der letzten Kreaturen zu vernichten? Den Berichten
zufolge soll es sogar ein besonders wildes Exemplar gewesen sein. Zwar hat Amadis
es getötet, aber du solltest auf dein Handeln stolz sein, weil du das Leben
vieler Brüder gerettet hast.«
    »Aber nicht das Leben aller
meiner Brüder«, wandte Zahariel ein und dachte unwillkürlich an Pallians
entsetzliche Schreie, als die Bestie ihn in Stücke gerissen hatte. »Ich konnte
sie nicht alle retten.«
    »Daran muss sich jeder Krieger
gewöhnen«, gab der Löwe zurück.
    »So erfahren und geschickt du
auch darin bist, deinen Trupp zu führen, werden immer ein paar von ihnen
sterben.«
    »Es war pures Glück, dass ich
überlebt habe«, machte Zahariel ihm klar. »Wirklich nur pures Glück.«
    »Ein guter Krieger wird immer
zugreifen, wenn das Glück ihm winkt«, befand Jonson und sah zum Himmel. »Und er
sollte sich stets an die wechselnden Gegebenheiten des Kampfs anpassen. Im
Krieg geht es nur darum, Gelegenheiten zu nutzen, Zahariel. Um siegreich zu
sein, müssen wir bereit sein zuzugreifen, wenn sich eine Chance zu unseren
Gunsten bietet. Beim Kampf gegen diese Bestie hast du Initiative gezeigt. Mehr
noch, du hast deine Vortrefflichkeit unter Beweis gestellt, und zwar exakt in
der Form, in der das Verbatim sie definiert und sie zu unserem höchsten
Ziel erklärt. Wir wissen nicht, welche Mysterien das Universum birgt und welche
Herausforderungen die Zukunft mit sich bringt. Wir können in unserem Leben nur
versuchen, in allen Bereichen unser Bestes zu geben. Wenn wir in den Krieg
ziehen, dann sollten wir das als meisterliche Krieger tun. Wenn wir Frieden
schließen, sollten wir darin genauso gut sein. Es ist nicht gut, wenn sich menschliche
Wesen mit dem Zweitbesten zufriedengeben. Unser Leben ist kurz, und wir sollten
diese Zeit nutzen.«
    Abrupt verstummte der Löwe,
während er weiter zu den Sternen

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