Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
DGB 06 - Gefallene Engel

DGB 06 - Gefallene Engel

Titel: DGB 06 - Gefallene Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mitchel Scanlon
Vom Netzwerk:
den heimkehrenden Bruder Amadis
begrüßen wollte.
    Zahariel musste feststellen,
dass er sich erneut einen Wettkampf mit Nemiel lieferte, da sein Cousin mit einem
triumphierenden Grinsen einen kleinen Vorsprung herausholte. Attias war hinter
ihnen, und Eliath bildete das Schlusslicht der Gruppe.
    Die Korridore wanden sich wie
steinerne Spiralen durch die Festung bis hinunter zum großen Tor. Dort hatte
sich bereits eine beachtliche Menschenmenge eingefunden. Dennoch war es der
Gruppe immer noch möglich, sich ihren Weg bis ganz nach vorn zu bahnen, als aus
der Dunkelheit über ihnen ein donnerndes Echo herabsank.
    Gewaltige Ketten setzten sich
in Bewegung, als Gewinde, Zahnräder und Gegengewichte zu einem komplexen
Ballett ansetzten, um das gewaltige Gedenkportal von Aldurukh zu öffnen. Ein
riesiges Tor aus dunklem Holz und Bronze schwenkte auf, und ein lebloser Himmel
schickte grelles Licht ins düstere Innere des Klosters. Aufgewirbelte
Staubpartikel funkelten in diesem Schein wie Diamanten, während sie durch die
Luft tanzten.
    Zahariel strengte seine Augen
an, um Bruder Amadis zu sehen, doch jenseits des gleißenden Rechtecks aus Tageslicht
war nichts weiter auszumachen als ein dunkler Schemen, der den fernen Wald
darstellte. Andere Anwärter schoben und drängten von allen Seiten, weil sie
ebenfalls einen Blick auf den Ritter werfen wollten.
    Zahariel und seine Brüder
ließen sich aber nicht zur Seite drän-gen, sondern wahrten mit einer Mischung
aus Kraft und Starrsinn ihre Position.
    Schließlich stieß jemand einen
Schrei aus, und Zahariel bemerkte eine Bewegung im Durchgang: die schwankende
Silhouette eines Reiters, der nur langsam in die Festung geritten kam. Als sich
seine Augen endlich an die Lichtverhältnisse gewöhnt hatten, machte sein Herz einen
Satz. Es war tatsächlich Bruder Amadis!
    Noch während Freude über die
Rückkehr seines Helden einsetzte, spürte er plötzlich, dass etwas nicht stimmte.
    Amadis hielt sich mit letzter
Kraft auf seinem Pferd, sein Chorrock war blutgetränkt, und sein linker Arm hing
so schlaff herab, dass die Knochen einfach gebrochen sein mussten.
    Sein Gesicht war totenbleich,
was durch die langen Bartstoppeln zusätzlich unterstrichen wurde. Auch sein Streitross
war nicht unversehrt geblieben. Mehrere tiefe Verletzungen klafften an seinen
Flanken, und ganze Büschel der Mähne waren herausgerissen worden. Der Schweif
war abgetrennt, und eine ganze Reihe von Schnittwunden ließ erkennen, dass das
Tier vor etwas Schrecklichem die Flucht ergriffen hatte.
    Amadis' Augen verrieten
unvorstellbaren Schmerz und zugleich Entschlossenheit, und als er den Kopf drehte,
schien es, als suche er nach etwas.
    Ritter eilten nach vorn, um dem
verletzten Helden zu helfen, damit er aus dem Sattel steigen konnte. Ihr
Eingreifen löste die Menge aus ihrer Starre, und der Anblick des schwer
verletzten Kriegers sorgte für rasch lauter werdendes Gemurmel. Zahariel wurde
mit der vorrückenden Menge nach vorn geschoben, wogegen er nichts einzuwenden
hatte.
    »Geht zurück!«, verlangte eine
energische ältere Stimme.
    »Lasst ihm verdammt nochmal
etwas mehr Platz!«
    Dann sah Zahariel, wie sich
Lord Cypher seinen Weg durch die Menge bahnte, die dank seiner Autorität und Persönlichkeit
auch prompt Platz machte, um ihm gleich danach Schritt für Schritt zu folgen.
Augenblicke später stand er selbst bei Bruder Amadis, während sich Lord Cypher
neben dem Verwundeten hingekniet hatte.
    Amadis versuchte etwas zu
sagen, doch es trat nur blutiger Schaum auf seine Lippen, der aus seinen
verletzten Lungen aufstieg.
    »Reden Sie nicht«, sagte Lord
Cypher.
    »Sonst werden die Schmerzen nur
noch schlimmer.«
    »Nein«, röchelte Amadis. »...
muss reden ...«
    »Na gut, mein Junge. Haben Sie
eine Abschiedsrede zu halten?«
    Amadis nickte, und obwohl Lord
Cyphers Andeutung Zahariel entsetzte, hatte er doch selbst genug Verletzungen
gesehen, um zu wissen, dass dieser Mann dem Tod geweiht war.
    Zahariel sah, wie der Ritter
immer mehr Blut verlor und vergeblich versuchte, die Eingeweide in der
klaffenden Wunde festzuhalten. Mit der freien Hand griff er nach seiner
Rotationspistole und zog sie unter Schmerzen aus dem Halfter.
    »Zahariel«, sagte er leise.
    Lord Cypher sah hoch und gab
dem Jungen ein Zeichen, dass er sich neben den sterbenden Ritter knien sollte.
»Beeil dich, und hör gut zu. Nicht viele bekommen Gelegenheit, die letzten Worte
eines sterbenden Ordensritters zu hören. Derjenige, der eine

Weitere Kostenlose Bücher