DGB 07 - Legion
zurück.
»Lebt Rukhsana noch?«
Soneka zögerte einen Moment
lang.
»Ja, ich glaube schon. Jedenfalls
lebte sie, als ich sie das letzte Mal sah.«
»Die Astartes haben Sie dazu
veranlasst, Rukhsana zu ihnen zu bringen, nicht wahr?«
»Ja«, bestätigte er. »Es
geschah zu ihrer eigenen Sicherheit.«
»Wenn sie das gesagt haben«,
merkte Heniker an, »dann muss es wahr sein.«
»Sie ...«, begann Soneka.
»Es tut mir leid. Ich habe sie
nur widerstrebend zu ihnen gebracht, und ich bereue es seitdem. Aber der
Geheimdienst der Armee war im Begriff gewesen, sie festzunehmen. Man war auf
die Verbindung zwischen Ihnen beiden gestoßen.«
Heniker nickte. »Peto Soneka
...«, sagte er schließlich.
»Was?«
»Nichts. Das ist schon witzig.
Es ist noch nicht lange her, da hätte ich mich fast entschlossen, Sie zu sein.«
»Wie soll ich das verstehen?«
»Ich rede davon, dass ich mir
Identitäten von Toten ausleihe. Aber wie sich herausgestellt hat, sind Sie gar nicht
tot.«
CR583 war die Ruine einer
nurthenischen Bastion auf einem Sandsteinfelsen, von dem aus man ein weites Dünenmeer
überschauen konnte.
Die Klippe verlief in vorspringenden
Abschnitten nach Norden und traf dort mit dem Rand der Kontinentalplatte
zusammen, wo der zum Küstenabschnitt vor Mon Lo abfiel. Die mit Vertiefungen
überzogene Weite des Dünenmeers erstreckte sich weiter nach Süden und hatte im
unheilvollen Tageslicht eine silbergraue Färbung angenommen, so als hätte man
ein Kettenhemd ausge-breitet, das bis zum Horizont reichte. Es herrschte keine
Hitze mehr, sondern kalter, rastloser Wind.
Soneka lenkte den Atav bis in
den Schatten der Klippe, dann stiegen sie beide ab. Die Bastion gehörte zu
einer ganzen Kette von uralten nurthenischen Wachtürmen, die einst den Übergang
zur weiten Wüste bewacht hatten. Doch schon Jahrhunderte vor Eintreffen der
Expedition waren sie aufgegeben und dem Verfall überlassen worden. Gebaut hatte
man die Bastion aus großen Steinquadern, mittlerweile war sie an vielen Stellen
eingesackt, und es hatten sich überall Steinbrocken gelöst. Die oberen Ebenen
existierten längst nicht mehr, und leere Gucklöcher blickten wie die
Augenhöhlen eines Totenschädels aus den Überresten hinaus auf die Dünen.
Die beiden stiegen den Hang aus
verwittertem Geröll hinauf, der mit Steinbrocken übersät war. Viele der größeren
Bruchstücke hatten einst zum Turm gehört und waren im Lauf der Zeit in die
Tiefe gestürzt. Es wimmelte von unheimlichen Echos, die von allen Seiten
widerhallten, wenn sie einen Schritt machten und dabei kleinere lose Steine in
Bewegung gerieten und den Hang hinabrollten.
»Ich habe kein gutes Gefühl«,
murmelte Soneka und griff nach seiner Pistole. »Sie wollen bloß kein Risiko mit
mir eingehen«, versicherte ihm Heniker.
Skeptisch betrachtete Soneka
die von Wind und Wetter gezeichneten Mauern der Bastion. Henikers Worte schienen
ihn nicht zu überzeugen.
»Da, sehen Sie?«, sagte der.
»Wir sind hier genau richtig.« Dabei zeigte Heniker auf eine kleine, aber
eindeutige Markierung, die man in einen locker sitzenden Steinblock gleich vor
ihnen gebrannt hatte. Das Symbol war mit dem identisch, das in Sonekas Fleisch
eingebrannt worden war.
»Noch ein Haus der Hydra«,
erklärte Heniker. »Was?«
Heniker ging an ihm vorbei und
kletterte hinauf zum offen-stehenden Portal. Als er den markierten Stein
passierte, berührte er das Symbol. »Noch warm«, rief er Soneka zu.
»Sie waren erst vor kurzem
hier.«
Gemeinsam durchschritten sie
den aus massiven Steinblöcken gebauten Torbogen und betraten den Turm. Die
Zwischenböden und die Treppen existierten nicht mehr, so dass nichts weiter
zurückgeblieben war als eine zum Himmel geöffnete steinerne Hülle. Beide
brauchten sie ein paar Sekunden, ehe sich ihre Augen an die Düsternis gewöhnt
hatten. Durch die Fensterschlitze und das offene Dach konnten sie den kalten,
matten Himmel sehen.
»Hallo«, sagte Heniker.
»Hallo John.«
Zwei Astartes hatten in der
Dunkelheit auf sie gewartet. Sie trugen ihre vollständige Rüstung, allerdings hatten
sie die Helme abgenommen. Im Dämmerlicht wurde Soneka bewusst, dass er die
beiden nicht unterscheiden konnte. Sie glichen einander wie eineiige Zwillinge.
»Herzog, Pech«, grüßte Heniker
sie und nickte ihnen zu.
»Wie ...«, begann Soneka.
»John Grammaticus besitzt
ausgesprochen gute Wahrnehmung«, meldete sich eine tiefe Stimme aus den dunklen
Schatten hinter den beiden Männern zu
Weitere Kostenlose Bücher