DGB 07 - Legion
oder Dienstabzeichen. Nur ein Experte für Regimentsdetails aus
der Spätphase des Zeitalters des Haders hätte die drei Erhebungen an der linken
Schulter bemerkt, die ihn als Bajolur-Hauptmann auswiesen.
»Es war ihrer Körpersprache
deutlich anzusehen, mein Herr«, sagte Chayne.
»Die Kopfhaltung, die Stellung
der Füße.«
»Verheimlicht sie etwas?«
»Zweifellos.«
Namatjira nickte. »Ja, das habe
ich auch gedacht. Beobachten Sie sie. Wir leben in unerfreulichen Zeiten, Dinas,
wenn wir schon unseren eigenen Schatten beschatten lassen müssen.«
»Es sind Schatten in unseren
Schatten, mein Herr«, erwiderte Chayne und zitierte ein altes ischianisches Sprichwort.
»Dieser Krieg ist zu einem Geschäft aus Lug und Trug geworden. Wir manipulieren
andere, während wir gleichzeitig von anderen manipuliert werden.«
Der Lordkommandant schüttelte
betrübt den Kopf. »Letzteres ist das, was ich unbedingt vermeiden möchte. Lassen
Sie sie überwachen.«
»Uxor?«
Rukhsana blieb stehen und
schaute über die Schulter. Im Palastkorridor wimmelte es von Truppen und Bediensteten,
die mit Tabletts voller Speisen hin und her eilten. Ein Servitor schaltete die
Nachtbeleuchtung ein. Honen Mu stand ein paar Schritte hinter Rukhsana und sah
sie eindringlich an.
»Gab es sonst noch etwas, Mu?«,
fragte sie.
»Es tut mir leid, dass Sie
Ihren Agenten verloren haben«, sagte Mu.
»Mir auch.«
»Ist ... ist sonst alles in
Ordnung?«
»Wie meinen Sie das?«
Die zierliche Frau zuckte mit
den Schultern. »Ich kenne Sie nicht, Uxor, aber ich bin Ihre Freundin. Ich konnte
da drinnen spüren, dass Sie sehr angespannt waren.«
Rukhsana strich sich die langen
Haare hinter die Ohren. »Wir mussten einem wütenden Lordkommandanten Rede und
Antwort stehen, da ist Anspannung doch wohl nicht zu vermeiden, oder, Uxor?«
Mu nickte.
»Wollen Sie mir irgendetwas
unterstellen?«, fragte Rukhsana.
»Natürlich nicht. Ich wollte
Ihnen nur meinen Rückhalt anbieten. Von Uxor zu Uxor, sofern er denn benötigt
wird.«
»Das wird er nicht. Trotzdem
vielen Dank.« Sie nickten sich zu.
»Dann bis morgen.«
»Bis morgen.«
Honen Mu stand da und sah
Rukhsana nach, bis die sich in der Menge verlor. Schließlich machte sie kehrt und
begab sich auf die Suche nach ihren wartenden Adjutantinnen.
Die erhoben sich wie hungrige
Küken, als Mu das Vorzimmer betrat, und begannen alle gleichzeitig zu reden. »Ruhe!«,
befahl Mu.
»Was ist los?«, fragte
Nefferti.
»Was hat der Lordkommandant
gesagt?«, wollte Jhani wissen.
»Ruhe!«, wiederholte sie und
schnippte mit ihrem 'cept.
Sie verstummten. »Tiphaine?«,
sagte Mu, und sofort sah die älteste ihrer blonden Adjutantinnen sie strahlend
an.
»Ja, Uxor?«
»Geh und such Boone.«
»Boone? Wirklich, Uxor?«
»Geh einfach und tu, was ich
dir sage, Mädchen«, fuhr sie sie an, woraufhin Tiphaine aus dem Zimmer stürmte
und die Tür hinter sich zuwarf. Die anderen Mädchen begannen prompt, unter-einander
zu flüstern und zu tuscheln.
Ich werde nicht tatenlos
zusehen, wie die Chiliad entehrt wird, dachte Mu. Ich werde es einfach nicht zulassen. Wenn es ein Geschwür in
unseren Reihen gibt, dann werde ich es ausmerzen, bevor es ans Tageslicht
kommen kann. Die Geno Chiliad, eine von den würdevollen Alten Hundert, wird selbst
für Ordnung in ihrem Haus sorgen. Ich werde nicht gestatten, dass andere uns
von einer Verseuchung befreien.
»Uxor?«, fragte Jhani.
»Was ist?«
»Da ist ein Hetman, der mit
Ihnen sprechen möchte. Er wartet seit drei Stunden.«
»Ein Hetman? Welcher Hetman?«,
gab Mu zurück. »Soneka von den Dancers«, antwortete Jhani.
Mu betrat das Nebenzimmer, in
dem ihre Adjutantinnen Soneka hatten warten lassen. Binsenlichter brannten in
den Wandhalterungen, und in kleinen Schälchen hatte man Myrrhe angezündet. Die
Rollläden waren hochgezogen, damit die kalte, frische Nachtluft in den Raum
gelangte. Durch das Fenster konnte Mu die ferne Silhouette von Mon Lo erkennen,
die in der Dunkelheit schimmerte. Der Wind trug das dumpfe Schreien der Stadt
mit sich.
»Peto«, sagte sie.
Er stand von der niedrigen
Couch auf. Er hatte sich ein wenig frischgemacht, doch das konnte nicht über die
Tatsache hinweg-täuschen, dass er dünn und unrasiert war. Seine Kleidung war
zerlumpt, und man hatte ihm eine Leinenjacke gegeben, die nicht zur
Standardausrüstung gehörte.
»Uxor.« Er nickte ihr zu.
Sie ging geradewegs zu ihm und
fiel ihm um den Hals, während er sie in seine Arme
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