DGB 07 - Legion
Namatjira zögerte
kurz, ehe er weiterredete. Er drehte sich nach wie vor langsam um die eigene
Achse und betrachtete die versammelten Offiziere, während seine Augen vor
Leidenschaft leuchteten. »Und mitten in diesen Kämpfen findet der Erste
Primarch noch die Zeit, um mit den Kommandanten des Kreuzzugs Kontakt
aufzunehmen und sich nach den Fortschritten zu erkundigen und ihnen Mut
zuzusprechen. Und was soll ich ihm sagen? Was? Viel Glück mit der
Grünhaut-Horde, aber wir haben hier schreckliche Probleme mit einem Haufen
untermenschlicher Bauern. Soll ich ihm das sagen?« Er ließ die Worte im
Raum stehen und zeigte zur Decke. »Da draußen werden im Namen der Menschheit
unsterbliche Gefechte ausgetragen. Die Sterne zittern vor der Macht des
Imperators. Ist das hier tatsächlich das Beste , was wir zu leisten
imstande sind?«
Schließlich stellte er sich ans
Fenster. Dieser Saal befand sich in einem Stockwerk hoch oben im Palast und erlaubte
einen guten Blick auf die Stadt Mon Lo.
Die Offiziere und Uxoren
scharten sich um ihn. Es war kein Zweifel möglich: Selbst aus dieser Entfernung
konnte man hören, dass die Stadt schrie.
Honen Mus Quellen zufolge hatte
die Hafenstadt drei Tage zuvor in den frühen Morgenstunden begonnen, diese
unheimlichen Schreie auszustoßen. Innerhalb einer halben Stunde war den
Belagerern klar geworden, dass sich etwas Großes abspielte.
Dunkle Wolken wie der Ausstoß
eines schläfrigen Vulkans hatten sich über Mon Lo ausgebreitet, und ein
kräftiger Wind war aufgekommen. Obwohl dieser Wind wehte, war die Wolkendecke
hoch oben am Himmel praktisch zum Stillstand gekommen, als ob sich der Planet
nur noch langsam um seine Achse drehte. Alle astrotelepathischen Ressourcen der
Flotte waren erblindet oder erlitten einen traumatischen Schock.
Man erzählte sich, eine
gewaltige psionische Macht sei in Mon Lo geboren worden, der letzten Bastion
der Nurthener.
Dann begann die Stadt zu
schreien, auf eine Weise, die sowohl von den vor der Stadt lagernden Soldaten als
auch im Geist der verletzten Astropathen der Flotte wahrgenommen wurde. Der
akustische und psionische Schrei klang wie der Schmerz der Verdammten.
Die Uxoren und ihre Adjutantinnen
reagierten auf den Schrei mit besonderem Unbehagen, aber auch alle anderen
waren auf die eine oder andere Art betroffen. Kom-Verbindungen wurden gestört,
und viele Armee-Einheiten reagierten mit akuter Nervosität und plötzlicher
Disziplinlosigkeit. Major General Dev ging davon aus, dass sich in der Stadt
irgendeine Katastrophe abgespielt hatte, und befahl den sofortigen Angriff, um die
Situation zu ihren Gunsten zu nutzen. Der Marsch auf die Stadt war jedoch
abrupt ins Stocken geraten, da sich Teile der Belagerungsstreitmacht schlicht wie-gerten,
gegen die Stadt vorzurücken.
Andere Begebenheiten machten
ebenfalls die Runde. Echsen- und Froschschwärme quollen aus der Kanalisation
hervor, und abge-streifte Schlangenhaut wurde vom Wind in die Reihen der
Imperialen getragen.
Beobachter in den vorderen
Reihen beteuerten, sie hätten riesige Gestalten gesehen, Monster von
saurierähnlichem Aussehen, die sich durch die rings um die Stadtmauern tobenden
Sandstürme fortbewegten. Orbitalscans zeigten, dass sich das Hafenbecken von
Mon Lo über Nacht rosa verfärbt hatte, möglicherweise bedingt durch eine
Algeninfektion, und dass sich diese Verfärbung auf die offene See ausweitete.
Und die ganze Zeit hatten die
durchdringenden Schreie angehalten.
Namatjira verließ den Saal und
zog sich in seine Privatgemächer zurück. Von einem seiner Lucifer Blacks ließ er
eine Liste der Personen verlesen, mit denen er sich persönlich unterhalten
wollte.
»Geladen sind: Major General
Nitin Dev«, verkündete der Lucifer in seinem breiten ischianischen Akzent.
»Colonel Sinhal Manesh, Colonel Ida Pria, Princeps Amon Jeveth, Uxor Rukhsana
Saiid, Uxor Honen Mu.«
Honen Mu erstarrte. Wie bitte?
»Wissen Sie, was das soll?«,
fragte Honen Mu an Rukhsana gewandt, als sie durch den Korridor zum Quartier des
Lord-kommandanten gingen. Sie kannten sich nicht allzu gut, da sie im Verlauf
ihrer Karriere an unterschiedlichen Kriegsschauplätzen zum Einsatz gekommen
waren. Honen war viel jünger und viel kleiner als die langbeinige Rukhsana. Sie
musste auch deutlich stärker sein, und sie verabscheute Rukhsana, obwohl das
gar nicht ihre Absicht war. Die ältere Uxor erlebte die letzten Tage ihres
Kommandos, und ihre 'ceptiven Kräfte waren verbraucht. Aus Honen Mus
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