DGB 07 - Legion
fügte sie Stück für Stück
wieder zusammen. Uxor Saiid.
Die Alpha-Legion. Omegon. Die Notiz.
Sein toter Lucifer.
Das erstaunliche Geschick des
flüchtigen Spions. Die erstaunliche Arroganz des flüchtigen Spions. Das war es.
Die Arroganz deutete darauf hin, dass der Spion von seiner Tarnung überzeugt
war.
Wo versteckt sich ein Spion am
besten? Da, wo ihn jeder sehen kann. Wie arbeitet er? Indem er keine
Aufmerksamkeit auf sich lenkt. Indem er sich ganz natürlich als das gibt, was
er ist. Indem er Fragen aus dem Weg ging. Das erreichte man am besten, indem
man exakt das war, was man zu sein behauptete. Das machte die Tarnung umso
leichter und überzeugender.
Die beste Tarnung für einen
Spion war die als Spion.
Chayne hatte bereits
entschieden, Uxor Saiid einen Besuch abzustatten. Seit der Lordkommandant ihm den
Befehl gegeben hatte, ließ er sie von seinen Leuten beobachten, jedoch ohne
greifbare Ergebnisse. Da Namatjira nun eine umfassende Sicher-heitsüberprüfung angeordnet
hatte, fühlte sich Chayne verpflichtet, nicht mehr nur zu reagieren, sondern
sie zum Verhör bringen zu lassen.
Die Morgenbesprechung würde in
dreißig Minuten enden, dann kehrte Saiid in ihr Quartier zurück. Er würde sie
dort erwarten und keine Gnade walten lassen. Auf irgendeine Weise war sie der
Schlüssel. Bei ihrem Treffen mit dem Lordkommandanten hatte sie etwas
verschwiegen und damit jemanden gedeckt.
Chayne besaß ein fotografisches
Gedächtnis. Sein Atem ging noch langsamer, das Herz schlug unmenschlich
langsam, dann ließ er den Augenblick der Begegnung Revue passieren.
»Rukhsana«, hatte sich
Namatjira an sie gewandt. »Mir wurde gesagt, dass Sie bei Mon Lo für Aufklärung
und Kundschaften verantwortlich waren.«
»Das war meine Aufgabe, mein
Herr.«
»Sie hatten Spione vor Ort?«
»Das ist richtig,
Lordkommandant«, hatte Rukhsana geantwortet.
»Die meisten waren
Langstreckenbeobachter und Aufklärer.«
Namatjira hatte einen Blick auf
die Datentafel geworfen. »Aber Sie hatten mindestens einen Geheimdienstoffizier
an dem Morgen in die Stadt geschleust, an dem dieses Chaos seinen Anfang nahm,
nicht wahr?« Mit einer Hand hatte er beiläufig zum Fenster gedeutet.
Rukhsana hatte die Lippen
geschürzt und zu Boden gesehen.
»Ja, mein Herr, das ist
richtig. Konig Heniker.«
»Heniker? Ja, den kenne ich.
Ein zuverlässiger Mann. Was ist aus ihm geworden?«
»Er hatte sich zuvor schon
einmal getarnt in die Stadt begeben, mein Herr, und mir anschließend Bericht
erstattet. Seine Infor-mationen waren von guter Qualität. Er kehrte an dem
Morgen sehr früh in die Stadt zurück, um mehr Daten über das Viertel Kurnaul
und über den Bereich entlang der nördlichen Stadtmauer zu sammeln. Er ist nie
zurückgekommen.«
»Aha, ich verstehe«, hatte der Lordkommandant
seufzend gesagt.
»Vielen Dank, Uxor Rukhsana.«
In der Dunkelheit schlug Dinas
Chayne die Augen auf. Es war so offensichtlich, so unglaublich offensichtlich!
Wie konnte er nur so dumm gewesen sein, das zu übersehen?
Die beste Tarnung für einen
Spion ist die als Spion.
Hinter ihm wurde an der Tür
geklopft, aber er ignorierte es. Seine Männer wussten, dass sie ihn während der
Meditation besser nicht störten.
Wieder wurde geklopft. Das
Alarmsignal an der Manschette der vor ihm liegenden, ordentlich gefalteten
Uniform blinkte auf.
»Wer ist da?«, rief er.
»Eimau, mein Herr. Wir haben
etwas gefunden.«
»Warten Sie.« Dinas Chayne
benötigte sechsundvierzig Sekunden, um seine pechschwarze Rüstung anzulegen.
Er öffnete die Tür, draußen
standen Eiman und Treece. Sie trugen ihre vollständige Rüstung, in ihrer Mitte
befand sich ein nervöser junger Mann, ein Adept des Sicherheitspostens, dem
Chayne am Abend zuvor die hinterlassene Notiz gegeben hatte. Den Adepten
ängstigte es zu Tode, dass seinetwegen ein Lucifer Black gestört worden war —
das war offensichtlich.
»Sag es mir«, forderte Chayne
ihn auf.
»Mein Herr, ich habe die von
Ihnen angeordneten Tests durchgeführt. Ich habe einen Abgleich mit der Handschrift
von jedem vorgenommen, der zum Personal dieser Expedition gehört, und ich habe
eine Übereinstimmung gefunden, mein Herr. Es ist ...«
»Konig Heniker«, führte Chayne
den Satz für ihn zu Ende.
Der Adept stutzte ungläubig.
»Ja. Aber wie können Sie das
wissen?«
Chayne schob den jungen Mann
aus dem Weg und eilte durch den Korridor, dicht gefolgt von Eiman und Treece.
»Anweisungen?«, fragte Eiman
knapp.
»Acht
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