DGB 08 - Am Abgrund
Ein
kleiner Abfluss in der Grubenmitte war bereits mit Blut verstopft.
»Eine solche Wut«, merkte
Antiges an, der sich den Wettkampf von einem Sitzplatz im hinteren Teil des
Auditoriums aus ansah, vor dem sich das Ganze abspielte.
»Sie sind die Nachkommen von
Angron«, erwiderte der neben ihm sitzende Cestus. »Es ist ihre Art, zornig zu
agieren. An der richtigen Stelle angewandt, ist dieser Zorn ein nützliches Werk-zeug.«
»Ja, aber ihr Ruf leidet
darunter, so wie der ihres Lords«, hielt Antiges mit ernster Miene dagegen.
»Ich fühle mich mit ihnen an Bord nicht sehr behaglich.«
»Da muss ich meinem Bruder
beipflichten, Hauptmann Cestus«, ergänzte Thestor, der neben Antiges saß und
sich gleichfalls das Schauspiel ansah. Der stämmige Astartes war der größte der
Ehrengarde. Es überraschte nicht, dass ausgerechnet er der Experte für schwere
Waffen war. Der Rest der Ehrengarde hielt sich mit Ausnahme von Saphrax ganz in
der Nähe auf und betrachtete den blutrünstigen Kampf mit einer Mischung aus
Interesse und Abscheu. Thestor sprach aus, was all seine Brüder dachten, als er
das Wort ergriff: »War es unbedingt nötig, dass sie alle mitkommen mussten?«
Sein Blick wanderte von seinem Hauptmann zum Geschehen in der Grube. »Das ist
eine Angelegenheit der Ultramarines. Was hat das mit unseren Bruderlegionen zu
tun?«
»Thestor, seien Sie nicht so
engstirnig zu glauben, wir würden deren Hilfe nicht benötigen«, ermahnte Cestus
den schwer-gewichtigen Astartes, der ihn soeben ansah. »Wir sind eine
Bruderschaft, wir alle. Auch wenn es Unterschiede zwischen uns gibt, hat der
Imperator dennoch dafür gesorgt, dass wir in seinem Namen die Galaxis gemeinsam
erobern. In dem Moment, in dem wir nach persönlichem Ruhm zu streben beginnen
und unseren eigenen Stolz über die Solidarität stellen, wird die Bruderschaft
zerschlagen werden.«
Thestor sah zu Boden, als sein
Hauptmann geendet hatte, und fühlte sich durch seine eigene egoistische
Äußerung beschämt.
»Sie können jetzt gehen, Thestor«,
sagte Cestus und meinte das nicht bloß als Vorschlag.
Der große Astartes stand auf
und verließ die Trainingsarena.
»Ich bin deiner Meinung,
Cestus, das ist ganz klar«, äußerte sich Antiges, nachdem Thestor außer
Hörweite war. »Aber ich finde schon, dass sie sich wie Wilde gebärden.«
»Wirklich, Antiges?«, gab
Cestus zurück. »Sind Brynngar und die Space Wolves nicht auch Wilde? Begegnest
du ihnen auch mit solcher Geringschätzung?«
»Natürlich nicht. Ich habe mit
den Space Wolves gekämpft, und ich weiß um ihren Mut und ihre Ehre. Auf ihre
Art sind sie auch Wilde, doch der Unterschied besteht darin, dass sie eine
noble Einstellung haben. Diese Söhne Angrons dagegen sind nichts weiter als
Blutvergießer. Die morden einfach nur, weil es ihnen Spaß macht.«
»Wir sind alle Krieger«, hielt
Cestus dagegen. »Jeder von uns tötet im Namen des Imperators.«
»Aber nicht so wie sie.«
»Sie sind auch Astartes«,
presste Cestus verbissen heraus und sah seinen Schlachtenbruder an. »Ich will
davon nichts mehr hören. Du vergreifst dich im Ton, Antiges.«
»Ich entschuldige mich dafür.
Das war nicht meine Absicht«, gab Antiges zurück, nachdem er einen Moment lang
verblüfft geschwiegen hatte. »Ich wollte damit nur sagen, dass ich ihre
Methoden und ihr Handeln nicht gutheiße.« Mit diesen Worten wandte sich der
Ultramarine wieder dem Kampf zu.
Cestus folgte seinem Blick hin
zur Kampfgrube. Er kannte keinen der beiden World Eaters, und über ihren
Anführer Skraal war ihm auch kaum etwas bekannt. Das dort unten war ein
ritueller Kampf.
Keine Beleidigung, keine gekränkte
Ehre hatte ihn ausgelöst. Und doch wurde er mit scharfen Klingen geführt, die
jedem der beiden den Tod bringen konnte.
»Ich auch nicht«, räumte Cestus
ein, als er mit ansah, wie einer der Männer beinahe einen Arm verlor, da sein
Gegner wie wild mit der Kettenaxt ausholte.
Der Ultramarine hat von seinen
Legionären Geschichten über die sogenannte »Säuberung« von Ariggata gehört,
einem der berüchtigsten Einsätze der World Eaters. Der Angriff der Legion auf
die Kathedrale hatte den Schilderungen zufolge nichts weiter als ein
Leichenhaus hinterlassen. Cestus wusste sehr gut, dass Guillaume noch immer
nach einer Gelegenheit suchte, mit seinem Primarchenbruder Angron abzurechnen,
was die schrecklichen Ereignisse dieser Mission betraf. Aber das hier war nicht
der richtige Zeitpunkt für gegenseitige Anschuldigungen.
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