DGB 09 - Mechanicum
verbargen.
»Alles in Ordnung?«, fragte
Caxton, setzte sich auf und legte einen Arm um sie. Die haptischen Implantate in
seinen Fingern fühlten sich auf ihrer nackten Haut so kalt an, dass sie eine
Gänsehaut bekam. Er deutete ihre Reaktion irrtümlich als Angst und drückte sie
an sich. »Ich bin ja bei dir, Dalia. Keine Sorge, das war nur ein Alptraum.«
Seit sie aus dem Koma erwacht
war, hatte sie feststellen müssen, dass sie es nicht länger ertrug, allein zu sein.
Dann konnte sie nicht einschlafen, und die Angst, für alle Ewigkeit in der
Dunkelheit zu versinken, ließ in ihr einen gähnenden Abgrund entstehen, der sie
fürchten ließ, niemals wieder daraus entkommen zu können, wenn sie erst einmal
hineingestürzt war.
Als sie mit Caxton darüber
gesprochen hatte, war er sofort bereit gewesen, bei ihr zu bleiben. Zwar war
ihr nicht entgangen, dass sein Angebot von einem deutlichen männlichen
Verlangen geprägt war, doch sie hatte auch erkannt, dass sie selbst ebenfalls
Ver-langen verspürte. Dass er zu ihr in ihre Habitateinheit zog, war ihr als
das Normalste auf der Welt erschienen.
Minutenlang saßen sie da, sie
ließ sich von ihm sanft wiegen.
»War es wieder der gleiche
Traum?«, fragte er.
Sie nickte. »Der Drache und der
Mann mit der Kapuze.«
»Jede Nacht der gleiche Traum«,
sagte er nachdenklich.
»Was glaubst du, was er zu
bedeuten hat?«
Dalia löste sich aus seiner
Umarmung und drehte sich so, dass sie ihn ansehen konnte.
»Es bedeutet, dass wir von hier
weggehen müssen.«
»Ich werde die anderen wecken«,
entgegnete er, als er ihren entschlossenen Gesichtsausdruck bemerkte.
Sie beugte sich vor und küsste
ihn.
»Beeil dich«, sagte sie.
2.04
DIE MAGMA-STADT SCHLIEF NIE.
Ihre Industrieanlagen arbei-teten Tag und Nacht, rund um die Uhr. Trotz der Scharen
von Adepten, Dienern und Arbeitern, die sich auf den Straßen drängten, kam sich
Dalia immer noch sehr verwundbar vor. Ihre kleine Gruppe trug unscheinbare
Gewänder, eine Kombination aus den Farben Rot und Braun, die sie als niedere
Schmiedearbeiter auswies. Diese Gewänder sah man überall in der Stadt von Adeptin
Zeth, dennoch hatte jeder von ihnen das Gefühl, dass alle Blicke nur auf sie
gerichtet waren.
Das permanente Wummern und
Dröhnen, von dem jede Oberfläche in der Stadt erfasst wurde, war auf den Straßen
noch deutlicher wahrzunehmen. Dalia fragte sich, ob sie in diesem Moment von
irgendjemandem beobachtet wurden. Wer vermochte schon zu sagen, wie viele
verschiedene Möglichkeiten es gab, den Aufenthaltsort einer Person zu
bestimmen, die biometrischen Anzeigen zu erfassen, Gesichter zu erkennen,
Genspuren zu analysieren — ob mit verborgenen Kameras oder auf die altmodische
Art mit den Augen.
»Nimm den Kopf hoch, Mädchen«,
forderte Zouche. »Sonst sieht es aus, als würdest du nichts Gutes im Schilde
führen.«
»Wir führen ja auch nichts
Gutes im Schilde«, betonte Severine.
»Wir verlassen ohne Erlaubnis
die Schmiede. Ich habe gleich gesagt, dass das keine gute Idee ist.«
»Du hättest ja nicht mitkommen
müssen«, fuhr Caxton sie an.
Severine warf ihm einen
finsteren Blick zu.
»Ich muss mitkommen«, konterte
sie, als sei damit alles geklärt.
Dalia hörte mit an, wie die
anderen sich stritten, und bemerkte die Angst, die sich hinter den Worten
verbarg. Diese Angst war verständlich, denn jeder von ihnen war ein Mitglied
des Kult Mechanicum, auf unterschwellige ebenso wie auf abstoßende Weise mit
Augmetik versehen, und für jeden von ihnen stand viel auf dem Spiel, sollten
sie entdeckt werden.
»Wir müssen das machen«, warf
Dalia ein. »Was wir da auch mit dem Akashischen Leser geöffnet haben, es ist im
Noctis Labyrinthus verborgen. Wir müssen herausfinden, was es ist.«
»Du willst sagen, du musst es
herausfinden«, korrigierte Zouche sie. »Ich bin auch zufrieden, wenn ich es nicht
weiß.«
»Und warum kommst du dann mit?«
»Weil du gesagt hast, dass du
meine Hilfe brauchst«, antwortete der stämmige Maschinenbauer.
Dalia hätte ihn dafür küssen
können.
Sie atmete tief durch und hob
den Kopf. »Zouche hat Recht. Wir sollten nicht so aussehen, als hätten wir was zu
verbergen. Ich meine, seht euch doch nur um. Hier ist so viel los wie zu jeder
anderen Tageszeit.«
Blaugefärbte Lumenkugeln
zischten und knisterten hoch oben auf schwarzen Masten, ihr Glas reflektierte das
gold-orangefarbene Leuchten der Wolken. Hoch über
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