DGB 11 - Blut Der Abtrünnigen
dennoch war
Khârn davon überzeugt, dass der Primarch in einer Hand genug Kraft hatte, um
diese Knochen zu brechen.
Doch die Hand schlug nicht zu.
Stattdessen beugte sich Angron vor, so dass das fratzengleiche Gesicht immer näher
und näher kam, bis der Mund dicht an Khârns Ohr war.
»Warum?« Sein Flüstern war wie
das Kratzen von Panzerketten auf Stein. »Ich sehe, wofür du geschaffen bist. Du
bist geschaffen, um Blut zu vergießen, ganz wie ich. Du bist so wenig ein
gewöhnlicher Mann, wie ich es war.« Es folgte ein langes, wildes Knurren.
»Warum also? Wieso kein Triumphseil? Wieso keine Waffe in deiner Hand? Warum
kommt ihr alle so schwächlich zu mir spaziert? Wisst ihr nicht, von wessen Blut
ich eigentlich bin?«
Angron war so dicht bei ihm,
dass er fühlen konnte, wie Khârn den Mund zu einem Lächeln verzog. Er wich zurück
und betrachtete dieses Lächeln, dann kniff er die Augen kurz zu, zog Khârn von
der Wand weg und rammte ihn in der nächsten Sekunde wieder dagegen. Es kam ihm so
vor, als könnte er fühlen, wie Angrons Finger vor beherrschter Gewalt
pulsierten.
»Was ist das? Du zeigst mir
deine Zähne?« Wieder prallte Khârn gegen die Wand. »Warum lächelst du?« Bei der
letzten Silbe hatte die Stimme wieder eine ohrenbetäubende Lautstärke erreicht,
und selbst Khârns Gehör, das widerstandsfähiger war als das eines normalen Menschen,
war sekundenlang wie taub. In diesen Sekunden erkannte er, dass Angrons Fragen
keineswegs rhetorisch gemeint waren, sondern dass er auf eine Antwort wartete.
»Ich bin ...« Als es ihm
endlich gelang, einen Ton heraus-zubringen, hörte sich Khârns Stimme heiser und
brüchig an.
»Ich bin stolz auf meine
Legionsbrüder.« Er schluckte, um seine Kehle zu befeuchten, damit er
weiterreden konnte, doch bevor es ihm möglich war, auch nur Luft zu holen,
wurde er nach vorn gerissen und fallen gelassen. Gleich darauf verpasste Angron
ihm einen Tritt, der ihn in hohem Bogen durch die Luft fliegen und neben einem
erkalteten zerrissenen Leichnam landen ließ. Als Khârn endlich durchatmen
konnte, inhalierte er den Gestank von Blut und Eingeweiden. Es ließ sich nicht
mehr erkennen, wessen Leichnam dort lag.
Nackte Füße stürmten über den
Steinboden, unterstrichen von knurrenden Atemzügen, als Angron zu ihm gelaufen
kam. Dann machte er einen Satz und landete in der Hocke neben Khârn, gerade als
der sich bewegen wollte. Erneut wurde er gepackt, diesmal legte sich die Hand um
sein Gesicht, und er wurde halb in die Höhe gezogen, damit er dem Primarchen
wieder in die Augen sehen konnte.
»Stolz.« Angrons Lippen
bewegten sich, als würde er auf dem Wort herumkauen. »Deine Brüder. Keine
Krieger. Keiner von euch will kämpfen. Warum ... seid ... ihr ...« Er hatte
Schwierigkeiten, die Worte zu formen. Seine andere Hand hatte er hochgenommen,
um sich an den Kopf zu fassen. »Wie ... ähm ... wie kann es ... hnnn ...«
Dann packte er Khârn an dessen
Wappenrock, zerrte ihn hoch und schleuderte ihn gleich darauf zu Boden. Die
blutigen Überreste eines anderen Kriegers spritzten schmatzend umher, als Khârn
rücklings auf der Leiche landeten.
»Kein Stolz!«, brüllte Angron
mit einer Stimme, von der der benommene Khârn überzeugt war, dass sie genauso
Knochen brechen konnte wie die Fäuste des Mannes. »Kein Stolz auf Brüder, die
nur dastehen mit schlaffem Verstand! Mit starrem Blick wie ein Stier vor seinem
Schlachter! Keiner von euch kämpft! Meine Brüder. Meine Brüder und Schwestern,
oh ...« Er lockerte den Griff um Khârns Wappenrock.
Der blinzelte ein paarmal,
damit er wieder klar sah, und hob den Kopf. Angron schaute ihn nicht länger an,
stattdessen hockte der Primarch da und hatte eine Hand über die Augen gelegt.
Seine Stimme war immer noch ein gewaltiges Poltern, aber kaum geformt und von
einem Akzent geprägt. Khârn musste sich anstrengen, um die Worte zu verstehen.
»Meine armen Krieger«, murmelte
Angron.
»Mein verlorenen Krieger.«
Dann ließ er die Hand sinken
und sah Khârn an. Der Zorn schwelte noch immer in seinen Augen, aber er war jetzt
gebändigt wie in einem Hochofen und tobte nicht mehr ungehindert.
»Deine Brüder«, sagte er mit
erschöpfter Stimme, »sind nicht wie meine Brüder, wer immer du auch sein
magst.«
Wer immer du auch sein magst. Es dauerte einen Moment, ehe
Khârn den Sinn dieser Bemerkung verstand, und sein nächster Gedanke war: Er
weiß es nicht! Aber wie kann das sein? Immer noch flach auf dem
Boden liegend,
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