DGB 13 - Nemesis
benötigte einen Moment, ehe sie wieder reden konnte.
»Wie lange ist die ... die Theoge
schon hier?«
»Sie war schon vor meiner
Geburt hier, und noch viele Generationen davor«, ließ die alte Frau sie wissen.
»Sogar vor der Zeit des Großen
Kreuzzugs. Es heißt, als der Gott-Imperator noch auf der turbulenten Erde
weilte, wurde er hier bereits heimlich angebetet. Als er dann zu den Sternen
reiste, kam der Glaube mit ihm. Und dann war da noch die Lectitio
Divinitatus , das Buch, das diesem Glauben eine Form verlieh. Das heilige Wort .«
»Stimmt es, dass einer der
Söhne des Gott-Imperators das Buch geschrieben hat?«
»Das weiß ich nicht, Kind.
Sicher ist nur, dass es sich dabei um die Imperiale Wahrheit handelt.« Abermals
lächelte sie schwach.
»Ich bin mit diesem Wissen
aufgewachsen. Lange Zeit haben wir und andere unserer Art völlig isoliert
gelebt. Wenn wir Glück hatten, wurden wir ignoriert, ansonsten wurden wir in
Verruf gebracht. Uns, die wir glaubten, hielt man für verwirrte Spinner.«
Soalm schaute sich um.
»Diese Leute kommen mir nicht
wie Spinner vor.«
»Ganz richtig. Wir verzeichnen
großen Zulauf, und das nicht nur hier. Überall in der Galaxis kommen die
Gläubigen in Gruppen zusammen, da unser Glaube keine Grenzen kennt. Es reicht
vom einfachsten Schwarm-Kind bis hinauf zu Männern, die im Palast auf Terra zu
Hause sind.« Sie ließ eine kurze Pause folgen und dachte nach. »Die Dunkelheit,
die der Kriegsmeister überall sät, hat viele in unsere Arme geführt. Durch
seinen Aufstand ist es zu Schrecken und Wundern gleichermaßen gekommen. Diese
Zeit stellt unsere Bewährungsprobe dar, davon bin ich überzeugt. Es wird der
Tag kommen, da werden alle Sterne vor der Heiligen Terra und vor dem Ruhm des
Gott-Imperators auf die Knie gehen.«
»Aber noch nicht, wandte Soalm
verbittert ein. »Nicht heute.«
Sinope berührte leicht ihren
Arm. »Haben Sie Vertrauen. Wir sind Teil einer Sache, die größer ist als wir
selbst. Solange unser Glaube überlebt, werden auch wir überleben.«
»Die Leute von den anderen
Welten«, hakte sie nach.
»Tros sprach davon, dass sie
eine Pilgerfahrt unternommen haben, aber das verstehe ich nicht.« Die ältere
Frau sagte nichts dazu, stattdessen ging sie vor ihr und folgte dem Verlauf
einer geflickten Metalltreppe in die unteren Ebenen des Schiffs, wobei sie sich
wegen gebrochener Holme und umgestürzter Pfosten nur vorsichtig voranbewegte.
Hier unten war der Gestank nach Rost und trockener Erde fast erstickend. Nach einigen
Metern erreichten sie ein mit dicken Mauern umgebenen und mit Stahl- und
Keramitplatten gepanzertes Abteil. Vor der einzigen ins Innere führenden Luke
standen vier Männer, die großkalibrige Waffen in den Händen hielten. Ihr
abweisender Blick und ihre kompakte Statur, die für eine Herkunft von einer Welt
mit höherer Schwerkraft sprach, verrieten der Assassine sofort, dass es sich
bei ihnen um Berufssoldaten handelte, die auf eine lange und gefahrvolle
Karriere zurückblicken konnten.
Jeder von ihnen nahm seine
Mütze ab und verbeugte sich respektvoll vor Sinope, als sie vom Lichtschein der
an der Decke hängenden Lumenkugeln erfasst wurde.
Soalm beobachtete, wie sie zu
jedem der Männer ging und ein paar Worte mit ihm wechselte, als handelte es
sich bei ihnen um alte Freunde. Zugleich war jedoch auch nicht zu übersehen,
dass die Männer auf jedes Wort lauschten und auf alle noch so kleinen Gesten achteten,
so wie eine Gruppe treu ergebener Söhne.
Als Sinope lächelte, zeigte
sich auch bei ihnen ein Lächeln.
Sinope deutete auf Soalm.
»Meine Herren, dies ist Jenniker.«
»Sie ist die eine?«, fragte der
Größte aus der Gruppe.
»Ja. Sie alle haben der Theoge
völlig selbstlos gedient«, fuhr sie fort. »Und nun haben Sie Ihre Pflicht fast
erfüllt. Jenniker wird Ihnen diese große Last abnehmen.« Der große Mann nickte
bedauernd, dann schnippte er einem Kameraden mit den Fingern zu. Der zweite
Soldat griff nach dem Drehrad in der Mitte der Luke, dann öffnete er vom
Knarren von verrostetem Metall begleitet die schwere Tür zu dem gesicherten
Frachtabteil.
Sinope ging vor, Soalm folgte
ihr mit einer gewissen Skepsis. Es war dort schummrig und warm, und es
herrschte eine ganz eigenartige Stille, die ihre Haut kribbeln ließ. Hinter
ihnen fiel die Luke knirschend zu.
»Dagonet wird untergehen«,
erklärte die Adlige mit leiser, trauriger Stimme. »Der Tod steht kurz bevor.
Die Liebe des Gott-Imperators wird unsere
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