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DGB 13 - Nemesis

DGB 13 - Nemesis

Titel: DGB 13 - Nemesis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Swallow
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Iota in dem
Raum wieder, nachdem sie die Augen aufgeschlagen hatte. Sie hatte sich gefragt,
ob der Raum noch immer da sein würde, wenn sie erneut hinsah, und tatsächlich
war das der Fall. Das bestätigte ihre anfängliche Annahme, dass ihre Wahrnehmungen
keine Halluzinationen, sondern völlig real waren.
    In gewisser Weise hatte es für
sie etwas Beunruhigendes, diese Erkenntnis zu akzeptieren. Hätte sie ihren
Zustand besser begriffen, dann hätte sie einige der Freiheiten nicht
zugelassen, die man sich in körperlicher Form bei ihr erlaubt hatte.
Andererseits waren sie notwendig gewesen, um ihre Tarnung in den Roten Pfaden
zu wahren. Nur schwach erinnerte sie sich an diese Aktivitäten, so wie einem
Bilder aus einem halb vergessenen Traum in Erinnerung blieben. Die
Persönlichkeitsimplantate, mit denen man ihre Tarnidentität verstärkt hatte,
begannen zu bröckeln, als wären sie aus Sand. Mit jedem Moment fiel es ihr
schwerer, sich an irgendwelche Details zu erinnern.
    Aber das war auch nicht
wichtig. Die falsche Lage über allem glitt zur Seite, und darunter kam ihr
wahres Ich zum Vorschein. Iota war kein unbeschriebenes Blatt, wie diejenigen
glauben mochten, die mit der Vorgehensweise ihres Tempels nicht vertraut waren.
    Nein, sie war eine Flüssigkeit
in der Flasche ihres Selbst, eine Form ohne Form, eine Bewegung, die eine
Richtung benötigte, ein Raum, der gefüllt werden musste.
    Sie betrachtete den
karmesinroten Raum, dessen Wände mit schweren samtenen Bildern mit erotischen
Details aus goldenen Fäden behängt waren. Das großzügige ovale Bett schien aus
dem dicken Teppich herauszuwachsen. Schwebende Lumenkugeln sorgten für
schummrige Beleuchtung, ein Fenster mit geschlossenen Läden stellte die einzige
Möglichkeit dar, um natürliches Licht ins Innere gelangen zu lassen.
    Die Männer, die dieses Bordell
leiteten, schienen in einer eigenartigen Beziehung zu ihr zu stehen, da sie
sich von ihr angezogen und gleichermaßen abgestoßen fühlten. Iotas Gabe
bereitete ihnen Unbehagen, ohne dass sie einen Grund dafür nennen konnten.
Vielleicht lag es an der Leere und der Distanz in ihren dunklen Augen, oder an
dem Schweigen, mit dem sie sich für gewöhnlich umgab. Ganz gleich, wie sich die
Gabe manifestierte, es genügte, um die Männer aus der Ruhe zu bringen. Manchen
gefiel es, da der Nervenkitzel ihnen Lust bereitete, so als würde ein Skorpion
über ihre nackte Haut laufen, aber die meisten machten einen Bogen um sie. Sie
jagte ihnen Angst ein, ohne dass einer von ihnen diese Angst in Worte hätte
fassen können.
    Iota berührte den Ziertorques
rund um die dunkle Haut an ihrem Hals. Wenn sie nur gewusst hätten, wie wenig
von ihr sie in Wahrheit nur wahrnehmen konnten. Ohne das Eindämmfeld, das von
einem in ihrer Halskette verborgenen Gerät erzeugt wurde, hätte sich die eisige
Leere in ihrem Inneren noch viel weiter ausgebreitet.
    Sie schnupperte und atmete die
parfümierte Luft ein.
    Iota fühlte sich eigenartig,
weil sie ihren Anzug nicht trug, aber so erging es ihr immer. Das seidene
Kleid, das ihren Körper bedeckte, war hauchdünn, und sie vergaß ständig, dass
sie es trug. Aus eigenem Ansporn hob sich ihre rechte Hand — ihre mordende Hand
— und vergrub sich in ihrem straff geflochtenen, glänzend schwarzen Haar.
Gedankenverloren spielten die Finger mit den Zöpfen, die von ihrem Kopf
herabhingen, und sie fragte sich, wie lange es dauern würde, bis der Mord
geschah.
    Ihre Augen wanderten zu der
Holzkiste auf dem Bett, und in dem Moment bekam sie die Antwort geliefert.
    Die andere Frau betrat den Raum
und ließ eine männliche Gangart erkennen. Um den Hinterkopf trug sie einen
Emitterkranz, das zarte Filigran aus kristallinen Cyber-Schaltkreisen und
Implantat-Technologie war in sanftes Leuchten gehüllt. Sie baute sich vor der
im Verhältnis zu ihr winzig wirkenden Iota auf, zudem machten die hochhackigen
Stiefel in glänzendem Leder sie fast zwei Meter groß. Der wohlgeformte,
kurvenreiche Körper wurde von einer Art Korsett bedeckt, das nur aus ein paar
schmalen Lederstreifen zu bestehen schien.
    In einer Hand hielt sie ein
Objekt, das einer knolligen Tonfa ähnelte, ein Ende lief in eine Klinge aus,
das andere knisterte vor Energie.
    Die Frau lächelte Iota boshaft
an, was nicht zu ihrem hübschen Gesicht passen wollte. Iota bemerkte das
leichte Zucken der Nerven rund um Lippen und Nasenflügel, das von dem
Emitterkranz am Hinterkopf ausgelöst wurde. »Du bist neu hier«, sagte die

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