Dhalgren
Mann, da war so ein Geschrei und so von oben.«
Und noch jemand: »Also, Dreizehn, was hier so rauskommt, muß sich manchmal auch ganz schön komisch anhören.«
Die zweite Stimme war vertraut. Kidd sah näher hin.
Auf dem unteren Bett eines Gestells saß im Schatten der Zeitungsmann, Joaquim Faust - der jetzt grüßend einen Finger hob. »Wie geht's Kidd?«
Kidd lächelte erstaunt zurück.
In dem Bett, auf dem Faust saß, lag jemand.
Smokey kam mit einem Glas, einem Plastikrohr und einer Blechschüssel zurück.
Dreizehn nahm es in Empfang. »Verdammte Wasserpfeife. Denkst du, irgend jemand hat sie mit Wasser gefüllt, oder mit Wein? Das ist nämlich auch gut. Creme de Menthe oder so was.« Er schüttelte den Kopf. »Niemand hat Zeit für so was.« Er zog ein hölzernes Zündholz über die Wand. »Gutes Hasch, Mann.« Er preßte die Lippen um das Gummiröhrchen. Plötzlich zischte die Flamme über das Metall. Die Flasche lief grau an. »Hier!« murmelte er mit eingezogenen Wangen.
Kidd nahm das warme Glas und saugte süßen, kreidigen Rauch ein.
Der Luftraum um ihn herum wurde über seiner Brust fest: Eingezogener Atem, Gaumen angesaugt. Nach ungefähr zehn Sekunden fühlte er Schweiß im Kreuz. »Danke . . .!« Rauch explodierte aus seiner Nase.
Die Pfeife ging herum.
»Was arbeitest du denn?«
»Hey, Dreizehn, will er essen?« rief jemand aus der Küche. Durch die Tür sah Kidd einen Emailleofen, an dem Flämmchen leckten.
Der Junge, der geduscht hatte, beugte sich, um seine Stiefel zuzuschnallen. »Ich helf dir gleich.« Er stopfte die Hosenbeine in die Stiefel und stand auf. Er kratzte seinen nassen Bauch und schlurfte hinüber. »Was ist das überhaupt für eine Scheiße?«
»Ich habe oben für sie Möbel geschleppt«, sagte Kidd. »Dreizehn, bist du das?«
Dreizehn hob die tätowierte Hand und schnippte mit den Fingern. »Klar, komm rein. Komm rein und setz dich.« Das Mädchen reichte Dreizehn die Wasserpfeife, der sie an Kidd weitergab. »Und nimm noch einen Zug.«
Kidd zog noch einmal die Lungen voll und reichte die Pfeife an einen Vorübergehenden weiter.
Kidd sah, als er das Haschisch inhalierte, den Spiegel an der Wand, den Beistelltisch mit dem zerknüllten Schondeckchen von den vorherigen Bewohnern. Er hustete: »Wie« - explodierte mit Rauch - »lange seid ihr schon hier unten?« Vor dem Schlüsselloch hing die gerahmte Photographie von Vater, Mutter und drei Kindern in ihren modischen Matrosenanzügen mit dem zerbrochenen Glas.
»Zu« - auch Dreizehn ließ explosiv den Rauch aus - »lange. Das hat jemand im Flur stehenlassen.« Er nickte.
Dreizehn fuhr fort. »Ich bin erst ein paar Wochen hier. Ich meine, in dieser Wohnung. Leute kommen und gehen hier die ganze Zeit. Ich weiß nicht mehr, wie lange ich in der Stadt bin. Vielleicht Monate. Cool. Und du?«
»Tage.« Wieder sah er zu Faust hinüber.
Faust sah konzentriert auf die Gestalt unter der Decke.
Dreizehn sah auch hinüber, schüttelte den Kopf. »Ihr geht's dreckig. Glaub', sie hat eine Infektion oder so. Könnte meiner Meinung nach Beulenpest sein.« Er stieß Kidd mit dem Ellenbogen. »Solange es dir gutgeht, ist Bellona toll. Aber hier gibt's keine Ärzte und so, du weißt.«
»Yeah, das muß schlimm sein.«
Aus der Küche: »Was hast du in diesen Scheiß reingetan, huh?«
»Hör doch auf zu nörgeln. Die Hälfte ist von gestern abend.« »Dann bringt mich wenigstens die eine Hälfte nicht um.«
»Also, tu was! Kratz das mal ab.« Ein Küchenmesser schabte über Metall.
»Hier waren mal nur Skorpione.« Dreizehn nickte zum Bett hinüber. »Das war, als sie kam. Sie wollte Mitglied werden. Was ganz gut ist, wenn du es kannst. Auch Typen geht's so dreckig. Aber jetzt hat sie diese Infektion . . . wenn es das ist.«
Smokey kam mit der wasserlosen Pfeife zurück, wartete bei Dreizehns Schulter.
Kidd nahm sie, saugte; Dreizehn nickte zustimmend.
»Ihr . . . Typen . . . seid . . .?« Kidd verlor zwischen den Worten Rauchwölkchen.
»Skorpione? Shit, nein. . . . nun, du weißt.« Er verzog das Gesicht und machte eine entsprechende Handbewegung. »Ich will es nicht wieder sein, niemals, und Denny dort drin« - er wies auf den Jungen aus der Dusche, der gerade an der Küchentür vorbeiging, »ist nicht mehr im Dienst.« Das ist also Denny, dachte Kidd.
Dreizehn nahm die Pfeife, nahm einen Zug und kämpfte gegen einen Hustenanfall.
»Hey, wird's mit ihr wieder besser?« fragte Kidd und deutete auf das Bett.
Faust
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