Dhalgren
Richards kam mit einer großen Glasschüssel herein.
»Was ist es?« fragte der Mann auf ihrer linken Seite. »Götterspeise?«
»Nein, keine Götterspeise!« Mrs. Richards stellte die Schüssel vor Mr. Richards. »Weingelee.« Sie blickte stirnrunzelnd auf den lila See. »Port. Im Rezept stand nichts von Zucker. Aber ich glaube, das war ein Druckfehler. Deshalb habe ich welchen hineingetan.«
June hielt neben Mrs. Richards eine Schüssel mit Schlagcreme, die genauso glänzte wie der Taft. An einem Handgelenk glitzerte im Kerzenschein . . . Nein, dachte Kidd, das hat sie doch nicht getan . . . Aber er grinste bei dieser Idee.
»Würdest du bitte austeilen, Arthur?«
Kidd plante in seiner Ecke, zu der Frau mit dem Ohrring aggressiv freundlich zu sein. Aber sie saß zu weit entfernt. Er wandte sich zu der Frau in Grün neben ihm. »Sie arbeiten mit Mr. Richards zusammen?«
»Mein Mann hat mit ihm gearbeitet«, sagte sie und reichte ihm eine Dessertschale mit weißer Haube.
Er aß einen Löffel voll: Ahornsirup.
»Ich«, sagte er und schluckte, »muß mit Mr. Richards über Geld reden. Gefällt es Ihnen hier?«
»Oh, es ist eine sehr hübsche Wohnung. Sie haben die ganzen Möbel geschleppt, nicht wahr?«
Er lächelte, nickte und wußte, daß er den Weingelee mit ahornsirupgeschwängerter Schlagcreme einfach nicht hinunterbringen würde.
Der Mann neben dieser Frau beugte sich nach vorn: »Ich habe nicht direkt mit Arthur gearbeitet. Ich habe oft mit Bill da drüben zusammengearbeitet, der die Regeltechnik für MSE macht, da wo Arthur ist. Lynn und ich, wir sind einfach mitgekommen.«
»Oh«, sagte Lynn abweisend, während Kidd seinen Kaffee trank, »man muß einfach ein bißchen nach draußen, solange alles so ist.«
»Genau das tue ich. Genau das. Eine Gruppe hat sich da zusammengefunden. Wir wohnen zusammen in . . . nun, wir wohnen zusammen. Wir sollten gerade aus unserem Haus vertrieben werden. Von ein paar Typen mit solchen Dingern, wissen Sie.« Der Mann wies auf die Orchidee. »Heute würde ich eine tragen, wenn ich eine hätte.«
»Nein, würdest du nicht«, beharrte Lynn. »Würdest du nicht.«
»Ist ganz schön hart«, meinte Kidd.
»So wie wir zusammen wohnen«, versuchte Lynn zu erklären, »ist es besser für die Kinder.«
»Yeah. Klar!« Er hörte plötzlich ihren hilflosen Ton heraus und ging darauf ein.
»Was gibt es denn noch, über das man Gedichte schreiben kann?« Das war wieder ihr Mann. »Ich meine, es geschieht doch nie etwas. Man sitzt herum, hat Angst, nach draußen zu gehen. Und wenn man es tut, ist es, als ginge man durch einen verdammten Sumpf.«
»Genau«, stimmte Lynn ihm zu. »Ehrlich. In Bellona, ich meine, heutzutage. Man kann nichts tun.«
Von der Seite ihres Vaters her sagte June: »Kidd schreibt wundervolle Gedichte.« Unterhalb der Kerzen tupften Schatten in die Creme.
»Oh, ja«, pflichtete ihr Mrs. Richards bei, während sie Schalen mit Gelee vor der großen Frau in Kord und dem Blonden in Tweed niedersetzte. »Kidd, Sie lesen uns etwas vor, nicht wahr?«
»Ja«, meinte Mr. Richards, »ich finde auch, Kidd sollte uns ein Gedicht vorlesen.«
Kidd schnalzte verärgert mit der Zunge. »Ich habe nichts dabei. Wirklich nicht.«
Mrs. Richards strahlte: »Ich habe aber eins. Ein Moment.« Sie drehte sich um und ging hinaus.
Kidds Ärger wuchs. Er nahm noch einen Löffel voll Gelee, den er eigentlich nicht wollte. Daher trank er den Rest des Kaffees aus. Auch den hatte er nicht gemocht.
»Hier ist es!« rief Mrs. Richards. Sie legte das blaugeränderte Papier vor ihn.
»Oh«, sagte Kidd. »Ich habe es ganz vergessen.«
»Bitte, lesen Sie!«
»Seien Sie lieb«, sagte der Blonde, Tweedige, ziemlich liebenswürdig. »Sonst wird Ronnie jedesmal, wenn Sie sie auf der Straße trifft, in die andere Richtung blicken, weil sie denkt, Sie sind ein -«
»Ich gehe nicht mehr auf die Straße«, sagte Ronnie. »Ich möchte hören, was für eine Art von Gedichten Sie schreiben. Bitte!«
Ein Mann, nicht Mr. Richards, sagte: »Ich verstehe nicht viel von Lyrik.«
»Stehen Sie auf, Kidd«, sagte Mrs. Richards und wedelte mit einem sahnebeschmierten Löffel, »damit wir Sie besser hören können.«
Kidd stand auf und sagte so tonlos wie möglich: »Mr. Richards, ich bin nur wegen meines Geldes vorbeigekommen für meine Arbeit«, und wartete auf eine Reaktion.
Mr. Richards zog die Schultern zurück und lächelte.
Irgendwo - draußen im Flur? - schloß sich eine Tür.
Mrs.
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