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Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R Delany
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aufgesperrtem Mund und erklärte, während die ersten Worte noch gedämpft klangen: »Lanya sagte, ich sollte mal wieder mit dir ins Bett gehen. Sie meint, du fändest es gut.«
    »Ach so.«
    »Aber ich habe ihr gesagt, daß du nur an ersten Bissen interessiert bist.« Er blickte zu Loufer und sah plötzlich hinter der blonden Spottlustigkeit Verlegenheit und blickte daher wieder in seinen Schoß. »Ich hatte wohl . . .« »recht« wurde durch ein weiteres Gähnen weggezogen.
    »Oh, komm, warum legst du dich nicht einfach hin und schläfst? Ich will nur noch drei kurze Brandys trinken und irgendein Scheißbuch lesen oder so.«
    »Klar.« Kid legte sich bäuchlings auf die Pritsche und rollte so lange hin und her, bis die Ketten und Prismen und der Projektor nicht mehr in seine Brust bissen.
    Tak schüttelte den Kopf, drehte sich in seinem Stuhl um und streckte sich nach dem zweiten Regalbord über dem Schreibtisch aus. Ein Buch fiel herunter. Tak seufzte.
    Kid grinste und fuhr mit dem Mund bis in seine Armbeuge.
    Tak trank noch einen Brandy, stützte die Arme auf den Schreibtisch und begann zu lesen.
    Kid suchte die Traurigkeit, doch sie war jetzt in den dunklen Falten ordentlich versteckt. Hat seit zehn Minuten keine Seite mehr umgeblättert, war sein letzter belustigter Gedanke, bevor er die Augen schloß und -
    »Hey.«
    Kid, auf dem Rücken liegend, grunzte: »Huh?«
    Tak rüttelte seine nackte Schulter und sah verwirrt aus. Kid dachte: jetzt wird er - ?
    »Ich fürchte, ich muß dich jetzt rauswerfen.«
    »Oh . . .« Kid blinzelte und streckte sich aus. Gedämpft und mit automatischem Protest. »Yeah. Klar.« Hinter dem Bambusvorhang waren Lichtstreifen.
    »Ich meine, ein Freund ist vorbeigekommen«, erklärte Tak. »Und wir wollen -«
    »Oh, yeah . . .« Kid schloß die Augen so fest er konnte, öffnete sie und setzte sich auf, wobei die Ketten über seine Brust rasselten. Er zwinkerte:
    Schwarz, vielleicht fünfzehn, in Jeans, Tennisschuhen und einem schmutzigen weißen Hemd stand der Junge an der Tür und blinzelte mit Augen, deren Augäpfel aus rotem Glas waren.
    Kids Rücken zog sich vor Frösteln zusammen. Er zwang sich, zu lächeln. Von irgendwann früher kam der vorbereitete Gedanke: Diese Verstümmelung berichtet mir nichts über ihn und schreckt nur, weil so vieles von mir selber mir unbekannt ist. Und die Reflexnerven, an Terror gewöhnt, ließen ihn fast aufkreischen. Er lächelte weiter, nickte, kam schläfrig auf die Beine. »Oh, klar«, sagte er. »Yeah, ich bin schon weg. Danke, daß ich hier zusammenbrechen durfte.«
    Als er durch den Türeingang ging, mußte er die Augen schließen. Noch einmal, so fest wie möglich, und blickte dann wieder hoch in der Hoffnung, daß das Scharlachrot zugunsten von braun und weiß verschwinden würde. Sie werden denken, daß ich noch halb im Schlaf bin, hoffte er, hoffte es verzweifelt, während sein Stiefel über die Dachpappe scharrte. Der Morgen hatte die Farbe von schmutzigem Frottee. Er verließ es und gelangte in das dunkle Treppenhaus. Er schüttelte den Kopf und versuchte, keine Angst zu haben und dachte deshalb: Rausgeschmissen für jemand jüngeren und hübscheren! Wer hätte das gedacht. Nun - unter den Lidern waren die Augen glasig rot. Er gelangte auf einen Treppenabsatz, schwang sich herum und dachte an die nervöse Frau, die immer mit unmodisch zu langen Röcken herumlief und im ersten Trimester auf der Columbia seine Mathematiklehrerin gewesen war. »Eine wahre Grundannahme«, hatte sie erklärt, wobei sie die kreidigen Fingerspitzen fest aufeinanderrieb, »kann nur wahre Annahmen implizieren. Eine falsche kann, nun, alles implizieren, wahre, falsche, spielt keine Rolle. Alles. Alles . . .« Als gäbe ihr diese Absurdität Trost, dämpfte sich ihr normalerweiser hysterischer Tonfall etwas. Sie ging vor Ende des Trimesters. Er nicht. Verdammt.
    Neun Stock tiefer durchquerte er den warmen Flur. Zwölf Stufen hinauf? Dieses Mal zählte er dreizehn und stieß sich an der obersten die Zehen.
    Kid kam auf der dämmrigen Rampe mit den Fleischerhaken heraus, auf der sich Rauch kräuselte. Er sprang von der Plattform, war immer noch benommen, zwinkerte immer noch und hatte immer noch Angst, gegen die er nicht anders ankam als durch Lachen. Immerhin, dachte er, während er zur Ecke schlenderte, wenn diese Brände immer so weitergehen können, wenn es außer dem Mond wirklich einen George gibt, wenn Tak mich für einen glasäugigen Neger rausschmeißt, wenn

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