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Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R Delany
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bin ich dabei. Da soll eine Schießerei gewesen sein. Du sollst einen Typen gerettet haben, weil du ohne Waffe mit jemandem um sein Gewehr gekämpft hast. Du sollst einem anderen Typen einen Spiegel über dem Kopf zerschlagen haben, der dich anmachen wollte -«
    »Unter sein Kinn.«
    »Genau. Copperhead hat es mir selber erzählt. Und als die andere Katze namens Siam erschossen wurde -«
    »Wie heißt der?«
    »Als man auf Siam geschossen hatte, hast du ihn von der Straße in den Bus gezogen.«
    »Und du hast mich heute abend aus dem Bus steigen sehen.«
    »Copperhead hat mir das vor ein paar Tagen erzählt.«
    »Nur, daß mir das alles heute nachmittag passiert ist. Verdammt!« Beschämt blinzelte er auf seine Hände. »Alle sagen, daß es so war? Ich meine, war da noch was?«
    »Hört sich schon reichlich an, finde ich.«
    »Was war denn mit Siam?«
    Tak zuckte mit den Achseln. Brandy spritzte hoch. »Jemand ist zu ihm gegangen, glaube ich, aus der Bar.«
    »Madame Brown?«
    »Ich glaube, das war sie. Aber sonst habe ich nichts gehört. Für jemanden, der nicht weiß, wo er gewesen ist, scheinst du genausoviel zu wissen wie ich.« Tak streckte die Hand aus, zog den Stuhl zum Schreibtisch und setzte sich. Er wollte die Flasche auf den Tisch stellen, hielt jedoch für einen letzten Schluck inne. »Du kannst dich an alle diese Dinge richtig erinnern?«
    Kid nickte in seinen Schoß. »Ich habe nur danach den Faden  
    verloren. Ich meine, mir ist das schon mal passiert - dachte, es wäre Donnerstag, und es war Freitag.«
    »Wir haben nur gedacht, du hättest uns verlassen und wärest ein totaler Skorpion geworden. Mir war das egal. Mit Sicherheit siehst du danach auch aus. Du hast dein Licht und alles.«
    Kid blickte auf die Linsenkugel über seinem Bauch. »Es geht nicht. Ich brauche eine neue Batterie.«
    »Eine Sekunde.« Tak öffnete eine Schublade. »Hier.« Er warf etwas.
    Kid fing es mit beiden Händen auf: Ein Bündel Blitze auf Rot und Blau. »Dreh dich doch mal an.«
    »Danke.« Er wollte weiterreden und steckte die Batterie in die Tasche, bemerkte, daß der Stoff unten so ausgefranst war, daß er mit den Fingern die Haut fühlen konnte. »Tak, glaubst du wirklich, du hast die Stadt im Griff?«
    »Ich?«
    »Du hast gesagt, daß alles sich nach diesen Regeln verhält -« Tak lachte und fuhr sich mit dem Handrücken über den Mund.
    »Nein, ich nicht. Ich verstehe davon überhaupt nichts. Ich bin nur ein verdammter Ingenieur. Ich nehme einen Stecker. Ich stecke ihn in eine Steckdose, und es funktioniert. Ich nehme einen anderen, und es geht nicht. Ich gehe in ein Bürogebäude, und ein Fahrstuhl geht, aber das Licht brennt nur im obersten Stock. Das ist unmöglich, nach allem, was ich gelernt habe. Ich gehe eine Straße entlang, und die Häuser brennen. Ich gehe am nächsten Tag wieder daher, und sie brennen immer noch. Zwei Wochen später gehe ich durch die gleiche Straße, und es sieht so aus, als habe es überhaupt nicht gebrannt. Vielleicht läuft die Zeit hier einfach zurück. Oder parallel. Aber auch das ist unmöglich. Ich gehe auf meine Plünderungstrips in die Lagerhäuser oder in die Geschäfte, und manchmal komme ich hinein und manchmal nicht, und manchmal habe ich Schwierigkeiten und manchmal nicht. Manchmal nehme ich meine Einkaufstasche und gehe in einen Laden und räume ein Regal voll Konserven leer, und dann komme ich in den gleichen Laden zurück, eine Woche später - zumindest denke ich, es ist der gleiche Laden -, und das Regal ist genauso voll wie beim ersten Mal. Und auch das ist eigentlich unmöglich.«
    »Manchmal wird es da drüben hell«, sagte Kid. »Manchmal dort.«
    »Wer hat dir das erzählt?«
    »Du. Als ich zum ersten Mal hier war.«
    »Oh.« Tak hob die Flasche. »Oh, yeah. Das stimmt. Du hast für manche Dinge ein ganz schön gutes Gedächtnis.«
    »Ich kann mich an vieles erinnern. Einiges so genau, daß . . . daß es fast weh tut. All dieser Nebel, dieser Rauch - manchmal wird es schärfer und klarer als das, was du vor dir siehst. Und der Rest« - er sah wieder hoch und bemerkte Loufers Unbehagen - »ist einfach nicht vorhanden.« Kid lachte, worauf Loufer härter auf dem kaute, was hinten in seinem Mund war.
    »Warum bleibst du in Bellona, Tak?«
    »Ich glaube, dein Freund Ernest Newboy geht morgen. Ich weiß nicht. Und du?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Ich meine, wenn man bedenkt, was du schon hinter dir hast, ist Bellona vielleicht nicht der beste Ort für dich.« Tak

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