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Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R Delany
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doch nur in einen Laden hineinzugehen und sich eins zu holen. Wie ich. Ständig kommen diese Typen in den Park und holen ihnen das Essen weg. Und manche von denen haben Gewehre. Aber auf ein Dach raufklettern und einen Scheißnigger abknallen?« Seine Hand, die lose im Schoß lag, drehte sich um. »Jesus Christus, so was würde ich nicht tun! Aber ich laufe durch den Park, Mann, und ich höre, was sie reden, ich meine, ich höre, daß sie reden; und dann drehen sie sich um und sind stumm. Frank will nichts mehr mit mir zu tun haben. Ich meine, er sagt hallo oder so, wenn ich ihn anrede, dreht sich dann aber um und tut etwas anderes. Aber fünf Mal - fünf Mal - bin ich rübergegangen, um herauszufinden, was zum Teufel eigentlich los war, und er geht weg, sobald er mich sieht. Als ob sie vor mir Angst hätten; aber ich kriege dabei Angst. Ich habe Angst, zurückzugehen. Shit, ich glaube nicht mal, daß Frank denkt, ich hätte es getan. Er will nur nicht, daß die anderen meinen, er hätte noch etwas mit mir zu tun. Ich weiß es einfach nicht. Eine Zeitlang, nachdem ich ihn kurz kennengelernt hatte, dachte ich, Frank sei wie Tak. Ich weiß, daß er auf Mädchen steht. Aber er schreibt Gedichte und so . . . also, wenn er mich leiden mochte, habe ich gedacht, das gehört einfach dazu. Weil ich verdammt noch mal keinen anderen Grund wußte. Er ist cleverer als ich, älter als ich und hat so alles, was er will. Als das alles anfing, dachte ich, er ist vielleicht so gemein, weil ich nie was mit ihm gemacht habe, so wie mit Tak. Ziemlich albern, huh? Aber hier kommen einem Ideen! Ich sagte: Alles, was du willst - Alles . . .! Wenn er doch nur schwul gewesen wäre. Ich wollte, er hätte mich leiden können. Weil da, nachdem das mit Tak war und so, obwohl ich das nicht bin, hätte ich doch wenigstens gewußt, was man da so macht. Verstehst du?« Er sah mich an, schüttelte den Kopf und sah zur Flasche. »Verstehst du, was ich meine?« Er nahm die Hand vom Schoß und legte sie in die Pfütze.
    »Erzähl weiter«, sagte ich. »Du machst es dir einfach, aber mach weiter.«
    Ein paarmal zuckte sein Kinn, aber er sagte nichts. »Warum kommst du nicht mal uns besuchen?« fragte ich. »Wenn du hungrig bist, komm zum Nest. Tak wird dich hinbringen, wenn du ihn bittest. Überreste von Flower-Power in diesem Dreckloch waren auch nicht mein Bier.« Ich dachte über ihn und die Warenhausleute nach, sagte aber nichts.
    »Ja, aber ihr . . .« Jack schwankte ein wenig zur Seite. (Dachte: Seine Hände kleben jetzt auf dem Holz, aber er will nicht, daß man merkt, wenn er sie loszureißen versucht.) »Ihr Typen . . . ich weiß nicht. Da sind doch nur Nigger, oder? Nach dem, was ich gemacht habe - was sie von mir behaupten, was wird da wohl eine Bande mieser Nigger machen, wenn ich vorbeikomme? Ihr spielt mir ein bißchen zu hoch . . . Leute auf der Straße ausrauben. Und Leute umbringen.« Seine entzündeten Lider blinzelten. »Ich meine das nicht persönlich. Du bist ein netter Typ. Und du bist ihr Boß, huh? Das habe ich gehört. Mit solchem Zeug will ich nichts zu tun haben. Ich hab' nichts dagegen, aber . . .« Er runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. »Die Leute reden. Und die Leute reden. Sie reden und
    machen etwas aus dir, was du gar nicht bist.
     
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    Ich glaube, in meiner gesamten Highschool- und Collegezeit habe ich nicht ein einziges Mal >wem< und >wen< verwechselt Außer in komischer Übertreibung habe ich >wem< glaube ich noch nie ausgesprochen
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    Und nach einer Weile weißt du schon fast nicht mehr, was du getan hast und was nicht. Die Leute reden darüber, was ich an dem Tag gemacht habe, als dieses komische Licht am Himmel war, und dieser Nigger, der hinter dem weißen Mädchen her war, was in der Zeitung stand, und die Farbigen ihren Aufstand machten und in Jackson die Uhrzeiger abbrachen; sie sagen, weil ich auf das Dach kletterte und den Nigger abknallte, bin ich für den Aufstand und alles andere verantwortlich. Einfach, weil ich einen verdammten Nigger abgeknallt habe . . .« Seine Lippen, braungerändert, öffneten sich, schlossen sich, öffneten sich wieder: »Ich hatte ein Gewehr. Ich habe nicht geschossen . . .« Er sprach langsam. »Ich habe diesen Schwarzen nicht erschossen. Ich meine, ich habe ihn sogar drei- oder viermal getroffen. Genau hier. Zusammen mit Tak. Ist ein netter Mann. Ich habe ihn erschossen . . .? Ich habe nicht geschossen.« Plötzlich kaute er an den ausgerissenen Mundwinkeln.

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