Dhampir - Seelendieb
verblüfft an, und der Hauptmann fuhr fort:
»Wenn diese Wesen entwischen, nehmen sie sich eine andere Stadt oder irgendwelche Dörfer vor, und dann gibt es noch mehr Tote.« Er richtete einen ernsten Blick auf Magiere. »Aber wir gehen nicht auf deine Weise vor.«
»Wie dann?«, fragte Magiere.
Schetnick sah kurz zu Lanjow und schien von Einmischungen der Politik die Nase voll zu haben.
»Diese Geschöpfe sind nur des Nachts aktiv, nicht wahr?«
Magiere nickte. »Wir haben nie davon gehört, dass sie auch tagsüber unterwegs sind.«
»Dann können sie ihr Versteck also nur in der Nacht verlassen«, sagte Schetnick. »Die Geschäfte gehen tagsüber weiter und werden eingestellt, wenn es dunkel wird. Ich verdoppele die Wachen, sowohl tagsüber als auch für die Nacht, aber nach Sonnenuntergang machen wir die Stadt dicht.«
»Die Kanalisation«, warf Leesil ein. »Lass die Abflusskanäle in der Bucht schließen und die ganze Zeit bewachen.«
Schetnick schüttelte den Kopf. »Besser wär’s, wenn meine Männer die Kanalisation durchsuchen und die Geschöpfe aufstöbern.«
»Wenn du die Hälfte deiner Wächter verlieren wills t … «, erwiderte Magiere. »Du weißt nicht, womit du es zu tun hast, und wir haben keine Zeit, es dir in allen Einzelheiten zu erklären. Also halt dich besser heraus. Weis deine Männer nur an, an den Abflusskanälen in der Bucht die Gitter zu schließen.«
Lanjow strich sich mit den Händen übers Gesicht. Schetnick nickte widerstrebend.
»Bring uns zum Rathaus«, fügte Magiere ruhiger hinzu. »Wir brauchen die Liste.«
Der Hauptmann zögerte. »Wir müssen noch über den ›Eschenwald‹ reden.«
Magiere nickte Lanjow zu. »Der Stadtrat kann für den Schaden aufkommen.«
Schetnick sah zur Veranda hoch, und Lanjow nickte wortlos. Daraufhin drehte sich der Hauptmann um und ging mit zielstrebigen Schritten zum Wagen.
Magiere wollte ihm folgen, verlor aber das Gleichgewicht, und Leesil stützte sie. Diese Vision war intensiver gewesen als die letzte.
»Mir scheint, diesmal sind wir die Dorfbewohner«, sagte Leesil leise, als er Magiere über den Weg half.
»Wie bitte?«, fragte sie.
»Au’shiyns Leich e … das Töten, ohne Blut zu trinken«, antwortete er und sah dann, dass ihr diese Worte nicht genügten. »Diesmal macht man uns etwas vor. Jemand treibt hier ein Spiel.«
Die Kutsche rollte zum nächsten Haus auf der Liste, und Magiere hielt ihre Gefühle unter Kontrolle. Immer wieder stiegen Bilder von Au’shiyns Tod und der kleinen Samtmütze der jungen Frau in ihr hoch. Zwei weitere Morde, und sie wussten noch immer nicht, wo sie nach den Untoten in dieser Stadt suchen sollten.
Leesil glaubte, dass das Blut der Frau getrunken worden war, aber vielleicht irrte er sich in Hinsicht auf den dritten Edlen Toten. In ihren Visionen hatte Magiere beide Male den gleichen Mann gesehen, und was die junge Frau betra f … Vielleicht hatte Saphir sie umgebracht.
»Ich hätte mich im ›Eschenwald‹ nicht von meinem Schwert trennen sollen«, sagte sie zu Leesil, und Bitterkeit erklang in ihrer Stimme. »Damit hätte ich sie köpfen können.«
Er sah sie an.
»Schon gut. Die Vergangenheit lässt sich nicht ändern. Das ist nur in der Gegenwart und Zukunft möglich.«
Seine Worte nahmen die Last der Schuld von Magiere. »Versuchst du, zu einem Weisen zu werden?«
»Es stimmt.« Er zuckte mit den Schultern. »Wir können nie ändern, was bereits geschehen ist, so sehr wir uns das auch wünschen.«
Magiere zeigte es nicht, aber sie fühlte sich ein wenig besser. Leesil hatte recht, und es war sinnlos, sich Vorwürfe zu machen.
»Ich wünsche mir etwas, gegen das ich kämpfen kann«, sagte Magiere.
Leesil lächelte. »Ich wirke wohl ansteckend.«
»Klar«, murmelte Magiere. »Flöhe, Faulheit, Laste r … «
»Ich habe keine Flöhe.«
Er öffnete die Tür der Kutsche, stieg aus und holte die von Saphir und Chesnas Tochter stammenden Stofffetzen hervor.
»Sie sind beide lavendelblau«, stellte er fest. »Das ist mir bisher gar nicht aufgefallen.«
»Es bedeutet nichts weiter.« Magiere sah kurz darauf hinab. »Abgesehen davon, dass sie sich beide teure Kleidung leisten konnten beziehungsweise können.«
Sie hatten eine Liste mit den Namen und Adressen von Belas Stadträten, waren aber noch nicht bereit, an die Türen jener hohen Herren zu klopfen. Stattdessen galten ihre Hoffnungen Chap. Er war Miiskas Untoten zum Lagerhaus gefolgt, und vielleicht gelang es ihm auch hier,
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