Dhampir - Seelendieb
Beachtung.
»Leider wissen wir nichts über Chesnas Zustand, als man sie fand«, sagte er.
Leesils Blick glitt zwischen den beiden Leichen hin und her, und er schüttelte andeutungsweise den Kopf. Ihm war etwas aufgefallen.
Magiere trat näher. »Was ist?«
»Bei Au’shiyn deuten keine anderen Druckstellen auf einen Kampf hin, und die Art der Wunde und das viele Blut lassen vermuten, dass es dem Täter nicht um Nahrung ging. Er starb schnell, noch bevor er sich verteidigen konnte.«
»Es gibt keine Verbindung?«, fragte Schetnick skeptisch.
»Ich bin mir nicht sicher«, sagte Leesil. »Hier stimmt was nicht.«
»Wir wissen bereits, dass wir es mit zwei verschiedenen Tätern zu tun haben«, sagte Magiere.
»Mit drei«, verbesserte Leesil. »Vielleicht.«
Magiere sah sich noch einmal die Leichen an, ohne zu erkennen, wie er zu einem derartigen Schluss gelangen konnte.
»Warum drei?«, fragte sie.
Leesil wirkte sehr nachdenklich.
»Diese beiden Personen wurden nicht auf die gleiche Weise umgebracht.« Er sprach leise, fast wie zu sich selbst. »Chesnas Kleid war zerrissen, als hätte sie jeman d … vergewaltigen wollen. Aber warum ist Au’shiyns Hemd zerrissen? Die junge Frau hatte Zeit, Widerstand zu leisten, und der Täter trank ihr Blut. Au’shiyn hingegen starb schnell, aber er diente seinem Mörder nicht als Nahrung.«
Mit zwei Fingern zog er einen Fetzen von Au’shiyns Hemd beiseite.
»Sieh dir die Brust an. Keine Wunden. Es klebt Blut an der Haut, aber nicht sehr viel: Der Mörder hat ihm das Hemd zerrissen, als er schon tot war.«
Lanjow rührte sich nicht von der Stelle, aber Schetnick kam näher. Magiere sah sich die Einzelheiten an, auf die Leesil zeigte, obwohl ihr übel wurde. Sie erkannte, was er beschrieben hatte, doch die Bedeutung blieb ihr verborgen.
»Jemand wollte eine Verbindung zwischen Chesnas Tod und dem von Au’shiyn schaffen«, erklärte Leesil. »Aber handelt es sich um den gleichen Mörder?«
»Vielleicht war es die Frau, der du aus dem ›Eschenwald‹ gefolgt bist«, spekulierte Schetnick.
Magiere musterte Leesil und begann zu verstehen.
»Nein«, antwortete sie dem Hauptmann. »Untote sind sehr stark, aber die Frau hätte Au’shiyn nicht so schnell töten können, ohne dass er Gelegenheit gehabt hätte, sich zur Wehr zu setzen.«
»Und die Druckmale am Hals sind zu groß für ihre Hände«, fügte Leesil hinzu.
»Außerdem bezweifle ich, ob sie ihre Opfer mit brutaler Gewalt überwältigt«, sagte Magiere.
Leesil hob den Blick zu ihr und deutete dann auf Au’shiyns Leiche. »Willst du es noch einmal versuchen?«
Für einen Moment wusste sie nicht, was er meinte. Dann begriff sie, dass es ihm um eine weitere Vision ging, und von einem Augenblick zum anderen fühlte sie sich elend.
»Ich bin hier«, sagte Leesil leise. »Ich weiche nicht von deiner Seite.«
Magiere rang noch immer mit Übelkeit, als sie Au’shiyns kalte, steife Hand berührte. Sie schloss die Augen und wartete darauf, dass sich die Perspektive ihrer Wahrnehmung plötzlich verschob.
Nichts geschah. Magiere merkte, dass sie den Atem angehalten hatte, und sie ließ ihn mit einem leisen Zischen entweichen.
Sie berührte auch die Frau und versuchte es noch einmal, mit dem gleichen Ergebnis.
»Vielleicht ist es der Ort des Todes«, vermutete Leesil.
Als Magiere sich umdrehte, holte er ein Stilett aus dem Ärmel, schnitt einen blutbesudelten Streifen von Au’shiyns Hemd und ging dann zur Küchentür. Auf der Veranda schnüffelte Chap erneut an den dunklen Flecken auf den Treppenstufen. Lanjow und Schetnick waren ihnen nach draußen gefolgt, aber Leesil bedeutete ihnen beiden, drinnen zu bleiben. Er drückte Magiere den blutigen Stofffetzen in die Hand und schloss ihre Finger darum.
»Vielleicht sind sowohl der Ort als auch das Objekt nötig«, sagte er.
Magiere nickte und trat die Stufen hinunter auf den Weg.
Dort schloss Magiere die Augen und fühlte, wie sie zur Seite des Hauses ging. Sie hob die Lider.
Das erste Licht des Morgengrauens war verschwunden und dem kalten Schwarz der Nacht gewichen.
Eine Kutsche hielt an, und Magiere beobachtete, wie Lord Au’shiyn ausstieg. Abgesehen von der visuellen Wahrnehmung und den Gerüchen der Nacht gab es noch etwas anderes. Sie fühlte Groll. Irgendetwas entsprach nicht ihren Wünschen, und deshalb ärgerte sie sich.
Sie trat aus dem Schatten und folgte Au’shiyn, als er zum Vordereingang des Hauses ging, spürte dabei, wie sich ihre Finger in
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