Dhampir - Seelendieb
ledernen Handschuhen bewegten. Am unteren Rand des Blickfelds wogte der Mantel, den sie trug, und im Mund spürte Magiere spitze Eckzähne. Es war nicht das gleiche Gefühl wie der vertraute Schmerz ihrer eigenen Zähne.
»Einen Moment, wenn Ihr gestatte t … «, sagte sie, als sie näher trat.
Diesmal hörte Magiere die Worte, aber bevor sie sich auf die tiefe Stimme konzentrieren konnte, drehte sich Au’shiyn um. Erst zeigte sein Gesicht Ärger und dann Erkennen.
»Oh, guten Abend. Was bringt Euch so spät hierher?«
Magieres rechte Hand schoss nach vorn und packte Au’shiyn am Nacken, und sie spürte, wie ihr Daumen auf die Luftröhre drückte. Ihre Zähne rissen die linke Seite des Halses auf, und warmes Blut lief ihr über den Mund. Aber es war wie bei Chesna: Sie trank nicht.
Au’shiyn konnte nicht mehr atmen und starb. Magiere schüttelte ihn, woraufhin Blut vom Hals auf seine Kleidung strömte. Sie zerriss ihm das Hemd un d …
»Schluss damit!«
Starke Hände ergriffen ihre Arme, und sie drehte sich. Au’shiyns Wahrnehmungen wichen von ihr, als sie gegen etwas Hartes gestoßen wurde. Arme schlangen sich um sie, und Magiere versuchte, sich zu befreien.
»Es reicht!«
Die Arme drückten nicht mehr ganz so fest zu, und Licht kroch in die Dunkelheit.
Magiere saß auf der Veranda, mit dem Rücken an Leesils Brust. Sie keuchte plötzlich, als sie sich daran erinnerte, wie Au’shiyn zu atmen versucht hatte.
»Leesil?«
»Pscht«, machte er. »Es ist vorbei.«
Schetnick stand auf dem Weg und beobachtete sie argwöhnisch. Magiere wandte sich von ihm ab und stützte den Kopf ans Geländer der kurzen Treppe.
»Es ist alles in Ordnung«, sagte Leesil hinter ihr. »Sie hat sich gleich erholt.« Dann flüsterte er ihr ins Ohr: »War es das gleiche Geschöpf?«
Magiere entspannte sich beim Klang seiner vertrauten Stimme. »J a … ich glaube schon.«
Sie atmete tief durch, steckte unbemerkt von Lanjow und Schetnick die Finger in den Mund und vergewisserte sich, dass ihre Zähne normal waren. Dann löste sie sich aus Leesils Armen, stand auf und drehte sich zu Lanjow um. Er schien verlegen zu sein, und vielleicht auch voller Abscheu.
»Es ist der gleiche Mörder, Lanjow«, sagte sie. »Wie ein Adliger gekleidet, mit schwarzen Handschuhen. Und es ist keine Maskerade.«
Sie zögerte kurz und kämpfte gegen das Schwindelgefühl an.
»Er bewegt sich und spricht wie einer von euch, und du bist die einzige Verbindung, die ich erkennen kann. Warum sollte einem Adligen daran gelegen sein, Au’shiyn oder deine Tochter zu töten? Nenn mir alle Möglichkeiten, die dir in den Sinn kommen, so absurd sie auch erscheinen mögen.«
Der Vorsitzende des Stadtrats wirkte vollkommen verwirrt. »Ich kenne keinen Grund. Au’shiyn war recht eigensinnig, aber alle respektierten ihn.«
»Bist du ganz sicher?«, wandte sich Schetnick an Magiere.
»Natürlich ist sie das«, erwiderte Leesil scharf. »Wir brauchen Namen und Adressen aller Stadträte.« Er sah Lanjow an. »Das gilt auch für alle Personen, die über die Bank mit dir zusammenarbeiten und deine Tochter kannten.«
Schmerz huschte durch Lanjows Gesicht und weckte erneut Mitleid in Magiere, aber weitaus stärker war ihr Ärger über seine arrogante Halsstarrigkeit.
»Hauptmann Schetnick bringt euch zum Rathaus«, entgegnete Lanjow leise. »Der Sekretär wird dir die benötigten Informationen geben.«
»Das genügt nicht«, sagte Leesil und wandte sich an Schetnick. »Über die Stadt muss der Ausnahmezustand verhängt werden.«
Schetnick schnitt eine finstere Miene und stemmte die Hände in die Hüften, aber Lanjow sprach als Erster.
»Auf keinen Fall! Dies ist der wichtigste Hafen des Königreichs. Tausende, nein, Zehntausende hier und anderswo sind darauf angewiesen, dass der Handel in Bela weiterläuft.«
Es schwebten noch immer Bilder von der Vision durch Magieres Gedanken, und deshalb fiel es ihr schwer, dem Gespräch zu folgen. Sie sah Leesil an, konzentrierte sich auf Lanjows Worte und verstand.
»Wir können nicht zulassen, dass diese Geschöpfe entkommen«, sagte sie. »Was passiert mit dem Handel der Stadt, wenn weitere Leichen gefunden werden? Welcher Kapitän läuft dann noch diesen Hafen an? Und es gäbe kaum mehr Bauern oder Händler, die bereit wären, hierher zum Markt zu kommen.«
»Willst du uns alle einschließen?«, fragte Lanjow erschrocken. »Das ist unmöglich!«
»Nein, das ist es nicht«, widersprach Schetnick.
Lanjow sah ihn
Weitere Kostenlose Bücher