Dhampir - Seelendieb
Vorderbeins kratzte er an dem Gitter, und ein tiefes Grollen kam aus seiner Kehle. Leesil sah, dass seine Beine zitterten, und er hörte schweres Atmen.
Magiere trat nach dem Gitter. »Er ist in die Kanalisation geflüchtet.«
Leesil beobachtete, wie das matte Glühen ihres Topas-Amuletts verblasste und schließlich verschwand. Er ging neben Chap in die Hocke, und Magiere folgte seinem Beispiel. Sie sah auf das Gitter hinab, richtete den Blick dann auf Chap.
»Wir haben keine Laterne oder Fackel, und Chap ist fix und fertig«, sagte Magiere.
Leesil spähte durchs Abwassergitter. Magiere hatte recht, aber vor dem inneren Auge sah er noch immer den von Flammen umgebenen Hund. Er legte Chap die Hand auf den Rücken und spürte das Zittern der Erschöpfung darunter.
Als er nach dem Gitter greifen wollte, fühlte er Magieres Hand auf der Schulter.
»Nicht auf diese Weise«, sagte sie. »Wir bleiben beim Plan. Wir suchen das Versteck und greifen am Tag an, wenn wir ausgeruht und gut vorbereitet sind.«
»Er kann nicht weit gekommen sein«, gab Leesil zu bedenken.
»Wir finden ihn und die anderen«, beharrte Magiere. »Vielleicht dauert es eine Weile, aber wir finden sie. Sie können die Stadt nicht verlasse n – das hoffe ich wenigstens. Immerhin lässt Schetnick bei Sonnenuntergang alle Tore schließen.«
Leesil atmete tief durch und nickte. Chap knurrte noch immer und starrte durchs Gitter in die Kanalisation.
»Ich weiß, dass du mich verstehst«, wandte sich Magiere an den Hund. »Hör also auf mit dem Theater.«
Chap wurde still und warf ihr einen finsteren Blick zu.
Früher, als Leesil Chap nur für einen Hund gehalten hatte, wäre er vielleicht bereit gewesen, seinen »Gesichtsausdruck« für komisch zu halten. Doch jetzt lief es ihm kalt über den Rücken.
Bewegung auf der Straße weckte seine Aufmerksamkeit. Mit einer fließenden Bewegung stand Leesil auf und hielt seine Waffe bereit.
Vàtz trat auf sie zu, mit schussbereiter Armbrust und entschlossener Miene.
»Gehen wir nach unten?«, fragte er.
Magiere sah ihn groß an. »Ich habe dir gesagt, dass du bei den Weisen bleiben sollst!«
»Ich verstecke mich nicht hinter ihren grauen Umhängen.«
In Magieres Augen blitzte es, und sie wollte den Jungen packen, aber Leesil schob Vàtz über die Straße, in die Richtung, aus der sie alle gekommen waren.
»Kehren wir zurück«, sagte er. »Reden wir später darüber.«
»Was?«, platzte es aus Vàtz heraus. »Ich dachte, ihr beide woll t … «
»Bewegung!«, befahl Leesil.
Der Junge gehorchte widerstrebend, und Magiere folgte ihm. Leesil drehte den Kopf, um Chap zu rufen.
Der Hund war nicht mehr da.
Feuer in der Nacht. Ein Heulen in der Luft.
Sgäile beobachtete das ferne Glühen zwischen den nächtlichen Silhouetten der Dächer, und als er sich konzentrierte, hörte er das Geräusch eiliger Schritte und undeutliche Stimmen. Er sprang erneut, landete auf einem Dach mit zwei Schornsteinen und sah den Widerschein des Feuers am Wehrwall. Sgäile ließ seinen Blick über die fernen Bereiche des Wehrgangs streichen und bemerkte einige Wächter, die ihre Runde ruhig fortsetzte n – sie schienen das schwächer werdende Feuer nicht zu sehen. Vielleicht war es dem Wehrwall zu nahe, als dass man es aus der Ferne erkennen konnte.
Was dort brannte, war nur ein alter, aufgegebener Schuppen, dessen Reste bereits in sich zusammensackten. Einzelne Funken stiegen auf und verschwanden, bevor sie die höchste Stelle des Wehrwalls erreichten. Das Glühen versetzte Sgäile in die Lage, mehr Einzelheiten zu sehen, und inzwischen hörte er keine Schritte oder Stimmen mehr. Vorsichtig näherte er sich dem Rand des Daches und sah nach unten.
Auf der rechten Seite ging ein Junge, mit einer Armbrust über der linken Schulter. Ihm folgte eine hochgewachsene Frau mit langem, schwarzem Haar und weitem Hemd. Bis auf das Schwert in ihrer Hand fiel Sgäile kaum etwas an ihr auf.
Aus den Augenwinkeln sah er etwas Helles und drehte den Kopf. Neben einem Abwassergitter in der Straße stand eine Gestalt mit langem, weißblondem Haar in einer weißen, ärmellosen Weste, die an der Taille zusammengebunden war. Sie hielt eine sonderbare Klinge in der Hand.
Die Gestalt drehte sich langsam und blickte sich aufmerksam um, und daraufhin sah Sgäile ihr Gesicht.
Ein Mann, die Haut braun wie seine eigene. Aber mit dem Gesicht stimmte etwas nicht. Die Augen waren nicht so schräg und groß wie die seinen, die Brauen nicht ganz so
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