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Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)

Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)

Titel: Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb J. C. Hendee
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zurückzuweichen.
    Wynn streifte einen Mantel ab und legte ihn aufs Bett, zusammen mit einem Stab, das eine Ende von Leder umhüllt. Sie wollte auch den zweiten Mantel ablegen, doch ihre Finger verharrten an den Schnüren.
    Sie sah Chane an und schauderte.
    »Oh«, hauchte sie. »O nein … «
    Offenbar sah er noch übler aus, als er vermutet hatte.
    »Es geht vorbei«, krächzte Chane und zuckte zusammen. Er hatte sich inzwischen an den Klang seiner veränderten Stimme gewöhnt, aber wenn er mit Wynn sprach, verabscheute er sie noch mehr als sonst.
    »Ich hätte dich nicht bitten sollen, zu mir zu kommen«, brachte er hervor.
    Die Majay-hì schnüffelte plötzlich, starrte ihn an und zeigte ihre Zähne.
    »Hör auf«, sagte Wynn und hielt ihr die Hand vor die Schnauze.
    Sie richtete den Blick wieder auf Chane, öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Vielleicht hatte sie eine Frage stellen wollen und es sich dann anders überlegt.
    Die junge Weise deutete aufs Bett. »Setz dich.«
    Chane trat näher, und diesmal knurrte der Wolfshund. Wynn verzog das Gesicht, als sie ihn deutlicher sah, und ein Hauch von Furcht huschte durch ihre Züge, als ihr Blick kurz zwischen Chane und dem Tier an ihrer Seite wechselte. Chane sank auf die Bettkante und hasste sich für die Erleichterung, die er angesichts von Wynns Präsenz empfand.
    Wynn schnappte nach Luft. »Dein Rücken! Ist das gestern Abend passiert?«
    Chane verstand nach einem Moment. Sie hatte ihn nie ohne Hemd gesehen – sein Rücken war voller weißer Narben.
    »Nein, die Narben sind alt«, sagte er. »Sie stammen von … Sie sind alt.«
    Dies war wohl kaum der geeignete Zeitpunkt, von seinem Leben vor dem Tod zu erzählen, oder von seinem Vater. Er deutete auf den Stab, der hinter ihm auf dem Bett lag.
    »Hast du den gestern Abend dabeigehabt?«
    Wynn blieb zu lange still. Als Chane schließlich den Kopf hob, mied sie seinen Blick und griff in die Taschen ihres Gewands.
    »Ohne Magiere oder Chap muss ich mich selbst verteidigen können«, sagte sie.
    Es war also derselbe Stab. Unter dem Leder verbarg sich der Kristall, dessen Licht verbrennen konnte.
    »Woher hast du ihn?«
    »Die Alchimisten unserer Gilde stellen bestimmte Dinge her, zum Beispiel Kaltlampen-Kristalle«, antwortete Wynn und sprach betont sachlich. Offenbar lag ihr nichts an diesem Thema. »Ich muss noch lernen, richtig damit umzugehen«, fügte sie hinzu.
    Chane hielt sich für intelligent, aber nur mäßig begabt, soweit es das Beschwören betraf. Einen Kristall zu erschaffen oder auch nur zu entwerfen, der Licht erzeugte, das wie Sonnenschein verbrannte …
    Wynn erstaunte ihn immer wieder. Er konnte sich kaum vorstellen, was für die Erschaffung des Kristalls nötig gewesen war. Das galt auch für die meisten von Welstiels Gegenständen.
    Wynn holte ein kleines Glas hervor. »Eine Heilsalbe«, erklärte sie.
    »Sie wird nicht helfen, nicht mir.«
    »Du leidest«, sagte Wynn und sank auf die Knie. »Dies wird den Schmerz lindern.«
    Chane blieb still, weil er befürchtete, dass sie einfach verschwand. Es grenzte an ein Wunder, dass sie da war und sich um ihn kümmerte. Allerdings fühlte sich nur der Schmerz real an. Alles andere schien Teil jener Fantasien zu sein, denen er sich während des vergangenen Jahrs hingegeben hatte und die jetzt zu einer Wahnvorstellung geworden waren.
    Ihr hellbraunes Haar hing offen, und eine lange Strähne klebte am linken Mundwinkel. Im Kerzenschein verströmten ihre braunen Augen Wärme, als sie nach seiner rechten Hand griff. Ihr Blick ging kurz zu seiner nackten Brust, und er bedauerte, nicht das Hemd übergezogen zu haben. Für einen Moment verharrten Wynns Finger über seiner Hand.
    »Dies könnte wehtun«, sagte sie. »Ich wollte dich nicht verletzen. Ich habe nur versucht, das … Etwas zu verscheuchen, kurz bevor Domin il’Sänke eintraf.«
    Behutsam strich Wynn Salbe auf Chanes rechte Hand. Die Berührungen brachten noch mehr Schmerz, aber er ließ sich nichts anmerken.
    »Il’Sänke«, wiederholte er. »Der Mann, der dich weggetragen hat?«
    »Ja, und … «
    »Und er ist ein Magier.«
    Wynn sah auf. »Ja.«
    »Vielleicht derjenige, der den Kristall geschaffen hat.«
    Wynn runzelte die Stirn. »Abgesehen von dir und Schatten ist er der Einzige, der glaubt, dass wir es mit einem Untoten zu tun haben.«
    Der so sehr Chap ähnelnde Wolf hinter Wynn schnüffelte und legte die Ohren an.
    Sein wahres Wesen blieb dem Tier verborgen, solange er den Ring trug.

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