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Dhana - Im Reich der Götter

Dhana - Im Reich der Götter

Titel: Dhana - Im Reich der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamora Pierce
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Schritte, dann
blieb sie stehen. Falls sie entkam, dann ... würde er ihre Mutter finden. Dhana
war so daran gewöhnt, andere vor Unsterblichen zu schützen, dass sie jetzt nur
noch eines denken konnte: Wenn der Taurus sie nicht erwischen konnte, würde er
sich auf ihre Mutter stürzen.
    Wieder brüllte der Taurus. Dhana fuhr herum. Sie
musste einfach etwas unternehmen! Im nächsten Augenblick würde er sich auf sie
stürzen. Mit zitternden Händen ließ sie alles fallen. Wenn sie nur einen Bogen
hätte! Oder wenigstens die Schleuder, die sie früher benutzt hatte ...
    Die Handtücher lagen wie zwei saubere, weiße Streifen
quer über den zu Boden gefallenen Kleidern.
    Sie schnappte sich beide, schlang sich das eine um die
Schulter und behielt das andere in der Hand. Zu ihrer Linken wuchsen die
Brombeersträucher bis dicht an den Rand des Teiches. Selbst wenn sie dort
Munition gesehen hätte, es wäre unmöglich gewesen, an sie heranzukommen. Sie
musste sich nach rechts wenden und um den offenen Ufersaum herumgehen. Während
sie rasch um die Steine herumlief, bei denen sie vorher ihre Sachen gelassen
hatte, sah sie forschend zu Boden. In einem Geröllhaufen sah sie fünf Steine in
der Größe von Hühnereiern.
    Der Taurus stöhnte. Es war ein Laut, der ihr die Kehle
zuschnürte. Er hatte zwei Drittel des Weges zwischen ihnen zurückgelegt. Dhana
packte den ersten Stein. Etwas ungeschickt - es war lange her, seit sie eine
Schleuder benützt hatte - faltete sie das Handtuch zu einer Schlinge und legte
den Stein in die Beuge. Tuch und Stein fühlten sich nicht gut an, als sie
begann ihre behelfsmäßige Waffe herumzuwirbeln. Ihr Körper wehrte sich gegen
die weit ausholenden, kräftigen Bewegungen, die eine Schleuder erforderten.
    Als Dhana den besten Augenblick für gekommen hielt,
als das Gewicht des Steins und die Schnelligkeit ihres Armes im richtigen
Verhältnis zu sein schienen, ließ sie ein Ende der Schlinge los. Der Stein
schoss am Kopf des Unsterblichen vorbei, hüpfte über die Wasseroberfläche und
versank.
    Der Taurus blickte dem versinkenden Geschoss nach.
Entsetzt konnte Dhana sehen, dass er Grund unter den Füßen hatte. Das Wasser reichte
ihm nur noch bis zur Brust.
    Als ich klein war, wäre ich überglücklich gewesen,
hätte ich einen Stein zum Hüpfen gebracht, dachte sie und nahm einen neuen
Stein vom Boden auf. Sie ordnete die Schlinge der Schleuder, ohne dabei den
Taurus aus den Augen zu lassen. Er schenkte ihrem ersten Geschoss keine weitere
Aufmerksamkeit mehr, sondern watete durchs seichte Wasser, Speichel lief ihm
aus dem Mund, während er Dhana anstarrte.
    »Göttin, hilf mir«, flüsterte sie. Diesmal schleuderte
sie die Schlinge höher und mit kräftigerem Schwung. Die Bewegung fühlte sich
besser an. Sie ließ los.
    Der Stein traf den Taurus an der Schulter und
verursachte eine klaffende Wunde. Er brüllte vor Schmerz und Wut, silbernes
Blut rann ihm über die Brust. Wie wild schaufelte er Teichwasser auf und
bespritzte damit seine Wunde, seine platte Nase troff.
    Dhana sammelte zwei weitere Steine auf - mehr konnte
sie mit einer Hand nicht halten - und wich zurück, um den Haufen flacher
Felsbrocken zwischen sich und den Unsterblichen zu bringen. Es war schwer, die
Schlinge mit nur einer Hand zu ordnen. Noch immer weiter zurückweichend, nahm
sie sich dennoch Zeit es ordentlich zu machen. Schlampige Arbeit würde jetzt
ihren sicheren Tod bedeuten. Als der Taurus sich ihr näherte, belud sie die
Schlinge mit einem Stein und ließ die Schlinge kreisen. Sie holte weit aus und
spürte genau, wann sie loslassen musste. Jetzt!
    Ihr Stein traf den Taurus am Hals. Sein Brüllen endete
als abgewürgtes Krächzen. Das Wasser spritzte hoch auf, als er auf die Knie
fiel und sich den Nacken rieb. Schweißüberströmt formte Dhana erneut eine
Schlinge und legte den nächsten Stein hinein.
    Der Taurus kam schwankend hoch, keuchend und
schnaubend.
    Er taumelte vorwärts, die flachen Zähne gefletscht.
    »Nein!«, schrie Dhana mit bebenden Lippen. Sie wollte
kein Tier töten, das schließlich genauso wenig gegen seine Natur handeln konnte
wie sie. »Gib auf, bitte!«
    Er brüllte auf und taumelte weiter, der Boden
erzitterte unter seinem Gewicht. Als er ungefähr fünf Meter von ihr entfernt
war, ließ sie ihr letztes Geschoss mit aller Kraft los. Es bohrte sich zwischen
den Augen in den Schädel. Der Taurus rang nach Luft, schlug blindlings um sich
und stürzte in den Schlamm. Ein Zucken ging durch

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