Dhana - Im Reich der Götter
Numair. »Seid
vorsichtig«, riet er ihnen eindringlich. »Die Göttlichen Reiche sind
gefährlich. Vielleicht hat Königin Barzha Recht und ich werde sentimental, aber
es würde mir wirklich Leid tun, sollte einem von euch beiden etwas zustoßen.«
Er stieß sich von der Stange ab und flog davon, wobei er Wogen von Gestank
verbreitete.
Gefährliche Reise
Zum Kuckuck mit der Sentimentalität«, brummte der
Dachs. »Mir wäre es lieber, er würde nicht so stinken.« »Und wenn ausgerechnet
ein Dachs so was sagt, will das schon was heißen«, stichelte Königsklaue.
»Ich werde mit ihnen gehen«, erklärte Breitfuß. Alle
starrten ihn an. »Ich kann sie natürlich nicht tragen, aber ich kann ihr Führer
und Beschützer sein. Zu dritt sollten wir es doch wohl schaffen.« »Zu viert«,
sagte der Dachs zu ihm. »Ich komme auch mit. Ich habe nicht so viel Zeit darauf
verwendet, auf dieses junge Ding da aufzupassen, um jetzt damit aufzuhören.«
»Gott Weiryn, wollt Ihr und Sarra mit uns kommen?«, fragte Numair.
Dhanas Mutter lächelte sehnsüchtig. »Als neue Göttin
bin ich für ein Jahrhundert an Weiryns Land gebunden.« »Genau wie ich, da ich
darum ersucht habe, dass sie hier bleiben darf«, fügte Weiryn hinzu. »Aber wenn
euch der Dachs und Breitfuß begleiten, wird das ausreichen.« »Wenn wir heute
abreisen, sollte ich lieber ein bisschen auf Vorrat schlafen«, bemerkte der
Entenmaulwurf und verschwand.
»Ich werde morgen früh zu euch stoßen«, versprach der
Dachs. »Ich muss noch einige Dinge regeln, ehe ich gehe.« Auch er verschwand.
»Ma, Pa«, sagte das Mädchen nachdenklich, »gibt es
hier Pferde, die wir eintauschen oder kaufen könnten? Wir kämen schneller
voran.«
»Nein, Liebes«, antwortete Sarra. »Jedes Pferd in den
Göttlichen Reichen gehört sich selbst. Sie dienen niemandem.« Sie stand auf.
»Ich packe jetzt am besten deine Sachen . . . nein, Dhana, ich brauche keine
Hilfe. Du wärst mir nur im Weg.« »Außerdem«, fügte Weiryn hinzu und stand
ebenfalls auf, »möchte ich, dass ihr beide mit mir kommt.« Er führte Dhana und
Numair ins Haus.
»Wie ist es damit, Pferde zu erschaffen?«, fragte
Numair. »Könntet Ihr...«
»Nein«, unterbrach ihn Weiryn sofort. »Jedes Wesen,
das in den Göttlichen Reichen erschaffen wird, gehört sich selbst und dient
niemand anderem. Du könntest von Glück sagen, wenn solch ein Pferd dich nur
abwerfen würde. Es könnte sein, dass es dich auf einen Ritt mitnimmt, der nach
dem Zeitbegriff der Sterblichen ein Jahrhundert dauert.« Er öffnete eine Tür im
Wohnzimmer, von der Dhana hätte schwören können, dass sie am Tag zuvor noch
nicht da gewesen war.
Sie führte in ein kleines, dunkles Zimmer, das mehr
einem Schuppen als einem Zimmer glich. Hier sah sie zu ihrer Überraschung und
Freude Werkzeuge eines Holzschnitzers, Behälter mit Federn, Schachteln mit
Pfeilspitzen, Bogenholz, zusammengerollte Sehnen und fertige Bogen. Weiryn
ließ seine langen, gebräunten Finger über die fertigen Waffen gleiten, prüfte,
wie sie sich anfühlten, legte diesen oder jenen beiseite. »Das sind meine
Geschenke für jene, denen ich gewogen bin.« Er wählte einen ebenholzfarbenen
Bogen mit blassen Kerben an beiden Enden. »Und wenn ich meiner Tochter nicht
gewogen bin, wem dann?« Er legte den Bogen quer über seine Handflächen und bot
ihn Dhana mit ausgestreckten Händen dar. Zuerst fühlte er sich federleicht an,
doch er wurde immer schwerer, bis er genau das richtige Gewicht erreicht
hatte, das sie von einem Bogen erwartete. Weiryn reichte ihr eine Sehne. Sie
legte die Schlinge über die untere Kerbe und hielt dieses Ende mit ihrem Fuß
fest. Dann zog sie das obere Bogenende herunter und ließ blitzschnell die
Bogenschlinge in die Kerbe gleiten. »Er ist wunderbar, Pa«, bedankte sie sich
bei ihrem Vater. Der Gott reichte ihr einen Köcher voller Pfeile. »Ich hätte
dir schon lange einen ordentlichen Bogen geben sollen«, sagte er zu ihr und
wickelte zusätzliche Sehnen in ein Stück Ölpapier. Das Päckchen reichte er
Dhana und ging dann zu den Holzstäben, die in einer Ecke standen. »Hier,
Magier.« Weiryn suchte einen zwei Meter langen, knorrigen Holzstab aus. Schon
wollte er ihn Numair reichen, da zog er die Stirn kraus. »Einen Augenblick.«
Er sah Numair an und bedeckte dann die Spitze des Stabes mit einer Hand. Weißes
Feuer schoss aus seiner Handfläche. Als er sie zurückzog, saß ein faustgroßer
Kristallknauf, eingebettet im Holz, an der Spitze
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