Diablo III: Sturm des Lichts (German Edition)
war. Jene, die vor ihm aus dem Leben schieden, waren keine Brüder, sondern Fremde, so wie er ihnen ein Fremder war. Ihnen allen.
Doch das bedeutete nicht, dass er seine Pflicht vernachlässigen oder die Dunkelheit ignorieren durfte, die er um sich sah. Imperius hatte seine Entscheidung getroffen: Für ihn waren die Menschen niedere Wesen, denen es nie gelingen würde, sich über ihre primitiven Instinkte zu erheben. Sie waren schwach und gefährlich, und daher mussten sie zerstört werden. Er würde nicht eher ruhen, bevor der Angiris-Rat und die gesamten Himmel seine Meinung teilten und die Auslöschung Sanktuarios beschlossen. Plötzlich begriff er: Wenn er, Tyrael, sich Imperius nicht entgegenstellte, wäre dies ein weit schwereres Verbrechen als ein Verstoß gegen den Beschluss des Rates.
„Bei den Ivgorod-Mönchen gibt es ein Sprichwort“, fuhr Mikulov fort. „Ohne Anfang gibt es kein Ende. Irgendwo müssen wir beginnen, und dieser Ort“ – Er deutete auf die leeren Hallen ringsum – „ist dafür nicht besser oder schlechter als ein anderer. Ich spüre, dass noch immer ein Konflikt in Euch waltet, und vielleicht gibt es Gründe dafür. Doch das Objekt, das Ihr bei Euch tragt, ist nicht die Lösung. Ihr habt uns bis hierher geführt. Jetzt können wir nicht mehr zurück.“
Tyrael öffnete den Mund zu einer Entgegnung, doch kein Wort kam über seine Lippen. Er wusste nicht, was er sagen sollte, und so standen er und Mikulov lange stumm einander gegenüber und musterten sich. Eine wortlose Frage schien in dem ruhigen, geduldigen Blick des Mönchs zu liegen.
Wie werdet Ihr Euch entscheiden?
„Dieser Ort ist ja das reinste Dreckloch“, sagte Shanar, um das Schweigen zu brechen, „man sollte das Zimmermädchen vierteilen lassen!“
Ihr Versuch, die Stimmung mit Humor aufzulockern, entlockte lediglich Jacob ein Prusten, die anderen Horadrim hüllten sich weiter in Schweigen. Thomas setzte sich vor einer Wand auf den Boden und vergrub das Gesicht in den Händen, Gynvir stapfte rastlos auf und ab, stets in gewisser Entfernung zu Zayl, und der Totenbeschwörer schwenkte noch immer die Fackel hin und her. Selbst Humbart war ungewöhnlich schweigsam.
„Diese Stadt wurde vor langer Zeit aufgegeben“, sagte Cullen. Sein rundliches Antlitz war blass, und seine Schultern hingen herab; die Energie, die ihm vorhin noch solche Kraft verliehen hatte, schien von der Dunkelheit ringsherum aus seinem Leib gesaugt worden zu sein. „Hier gibt es nichts mehr für uns. Was sollen wir jetzt tun?“
„Es war eine lange Reise“, sagte Tyrael. Er holte Atem, legte sich Worte zurecht, Worte, die nun gesagt werden mussten. „Doch dies war nie unser Ziel.“ Er trat an Lorath und dem Mönch vorbei in die Mitte des kleinen Kreises und winkte Cullen zu. „Bitte fasse noch einmal für uns zusammen, was wir über diese Katakomben wissen!“
Die Lider des Gelehrten flatterten, und er schluckte heftig. „In den alten Schriften steht nicht viel über diese Stadt“, begann er zögerlich, doch dann blickte er sich um, und der alte Eifer kehrte zurück in seine Stimme. „Den Legenden zufolge war die vergessene Stadt der Nephalem ein Ort des Friedens und der Geborgenheit, weil sie hier durch mächtige Magie oder eine Art Energiefeld geschützt waren. Erschaffen wurde sie von einem Nephalem, der sich Daedessa, der Erbauer, nannte. Korsikks Tagebuch scheint außerdem zu bestätigen, dass Rakkis während seiner Nachforschungen auf die gleichen Geschichten stieß und dass er sie für glaubwürdig hielt. Daher wollte Rakkis auch hier bestattet werden. Er suchte nach der Energie und dem Schutz, den die Katakomben seiner Meinung nach gewähren können.“
Tyrael nickte. „Ich kann euch sicher sagen, dass die Engel zu keinem Zeitpunkt von diesem Ort wussten. Nicht in all den Jahren, die er nun schon existiert. Und es scheint, dass die Brennenden Höllen ihn auch nie entdeckt haben. Das muss doch etwas zu bedeuten haben!“
„Ich vermute, dass die Energie, die diese Stadt schützt, mit der Schöpfung von Sanktuario selbst in Zusammenhang steht“, meinte Cullen, „und mit dem Zusammenspiel der physischen und überirdischen Ebene. Dennoch scheint die Zerstörung des Weltensteins den Schutzschirm nicht geschwächt zu haben. Es könnte sogar sein, dass dieser Ort auf einer eigenen Ebene existiert. Dass wir vorhin also nicht nur durch eine Wand getreten sind, sondern durch eine Grenze zwischen zwei Welten.“
„Und du glaubst, dass
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