Diablo III: Sturm des Lichts (German Edition)
er wohl nie den verborgenen Schlüsselschlitz und das geheime Portal ins Innere Heiligtum der Nephalem. Denn genau dafür hielt der Gelehrte das Höhlensystem inzwischen: für eine Zuflucht, mehr ein Bollwerk als eine Stadt – ein Ort, der ebenso vor der Außenwelt abgeschirmt war wie einst Sanktuario durch den Weltenstein vor den Himmeln und Höllen verborgen war. Doch jener Schutz war nicht von Dauer gewesen. Die Dämonen hatten schließlich einen Weg in die Welt der Sterblichen gefunden, und die Unschuld Sanktuarios war befleckt worden. Würde diesen Ort irgendwann das gleiche Schicksal ereilen, nachdem sie den Stein hierher gebracht hatten?
Ein schwermütiger Ruf hallte über die trüben Wasser des Sumpfes, ein schauriger Laut wie das Stöhnen der Toten. Vielleicht ein Vogel , dachte Cullen, oder ein anderes Tier . Doch in gewisser Weise spiegelte der schwermütige Ton die Stimmung der Horadrim, als sie sich am Rande des Moors entlang aufmachten gen Westmark.
So erschöpft sie auch waren – viel Schlaf würde heute vermutlich keiner von ihnen finden. Cullen jedenfalls hatte jetzt schon Furcht vor den Träumen, die ihn heimsuchen mochten.
vierundzwanzig
Die Ruhe vor dem Sturm
Lorath führte sie zurück zum Schnappenden Hund , und Cullens Befürchtungen zum Trotz schliefen sie alle tief und fest bis zum Ende des Tages. Als sie erwachten, war die überschwängliche Siegesfeier der Ritter unten in der Taverne bereits in vollem Gange. Die Krieger waren so euphorisch und betrunken, dass sie die Horadrim lautstark in ihrer Mitte willkommen hießen; längst hatte sich herumgesprochen, welche Rolle die Gefährten bei der Stürmung der Kathedrale gespielt hatten, und die Männer wollten mehr über sie erfahren. Doch es gab auch solche unter ihnen, die wenig für Zauberwirker und dunkle Künste übrig hatten, und diese Ritter bedachten Zayl mit abfälligen Blicken und gemurmelten Bemerkungen.
Dennoch, und trotz aller ihrer Sorgen, ließen die Abenteurer sich einladen zu Speis und Trank – alle, bis auf den Totenbeschwörer, der seltsam abwesend wirkte.
Es war die Nähe der Phantome, die die ihn beschäftigte, wie er Mikulov an einem Tisch nahe der Tür gestand, wo sie weit genug vom Lärm der Feiernden entfernt waren, um ungestört zu reden. Zayl sprach von einer Störung des Gleichgewichts, von der Rastlosigkeit der Toten, die er nun so deutlich hören konnte wie das Stimmengewirr der Tavernengäste im Hintergrund.
Kurz darauf ging Zayl nach draußen, um sich auf der Straße umzusehen, und kurz erwog Mikulov, ihn zu begleiten. Doch der Mönch war gerade mit anderen Problemen beschäftigt. Jacob und Shanar hatten sich an einen Ecktisch zurückgezogen und die Köpfe zusammengesteckt, ihre Unterhaltung war leise und vertraulich; Gynvir stand abseits von ihnen und hatte das Gesicht verzerrt, als leide sie einen körperlichen Schmerz. Mikulov hatte wenig Erfahrung mit Angelegenheiten des Herzens, doch so, wie die Barbarin immer wieder zu ihren Freunden blickte, schien es, als hege sie starke Gefühle für Jacob, die sie quälten wie brennende Klingen. Unter anderen Umständen hätte Mikulov sich nicht damit befasst, schließlich ging es ihn nichts an. Doch Spannungen zwischen den Gefährten konnten ihre Mission gefährden. Nachdem er die drei eine Weile beobachtet hatte, beschloss er, Tyrael über das Gesehene zu informieren. Doch als der Mönch sich nach dem Erzengel umblickte, war dieser verschwunden.
Unbemerkt schlüpfte Tyrael durch die Tür des Schnappenden Hundes , fort von Laternenschein und Stimmengewirr, hinaus in die dunklen Gassen der Stadt.
Er hatte lange genug gewartet. Jetzt war es Zeit, den Kelch um Rat zu befragen. Was machte es schon, dass die anderen wertvolle Stunden in der Taverne verschwendeten, statt sich auf die Stürmung der Himmel vorzubereiten? Die Verantwortung für die Mission lag bei ihm, und er brauchte Erkenntnisse, die er nur in Chalad’ars Tiefen gewinnen konnte. Er musste wissen, ob Shanar für ihren Part bereit war – und ob ihre List eine Chance auf Erfolg hatte.
Jeder Muskel in seinem Leib hatte geschmerzt, als er an diesem Abend erwacht war, jeder Schritt und jeder Atemzug fühlten sich an, als gösse man flüssiges Metall in seine Glieder und Lungen. Seine Haut prickelte und seine Finger juckten – er verzehrte sich nach dem Kelch. Wenn er in Chalad’ars Tiefen tauchte, fühlte er sich wieder wie ein Engel. Doch zugleich erinnerte er sich daran, welche Gefühle das
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